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Vorstoß der Bildungssenatorin Bremer Kitas: Hilfskräfte sollen mehr Verantwortung übernehmen

Damit Bremer Kitas mehr Plätze anbieten können, sollen künftig Hilfskräfte und Quereinsteiger eine noch größere Rolle bei der Betreuung von Kindern übernehmen. Die Bildungssenatorin plant eine Gesetzesänderung.
05.11.2024, 15:08 Uhr
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Bremer Kitas: Hilfskräfte sollen mehr Verantwortung übernehmen
Von Jürgen Theiner

Unterstützungskräfte mit Grundqualifikationen und Quereinsteiger sollen in Bremer Kindertagesstätten eine noch größere Rolle übernehmen. Das ist der Wille von Bildungssenatorin Sascha Aulepp. Die SPD-Politikerin reagiert mit dem Vorstoß auf die weiter steigende Nachfrage nach Kita-Plätzen. Motto: Besser eine Betreuung auf qualitativ abgesenktem Niveau als gar keine. Aulepps Behörde hat einen entsprechenden Vorschlag für eine Änderung des Bremischen Tageseinrichtungs- und Kindertagespflegegesetzes (BremKTG) bereits ausgearbeitet. Er soll nun zunächst innerhalb der rot-grün-roten Koalition diskutiert werden. Die Linken kündigen bereits Widerstand an.

Konkret schwebt Aulepp vor, für die Kita-Gruppen nur noch einen "unantastbaren Förderkern" von vier Stunden täglich vorzuschreiben, der von pädagogisch voll ausgebildeten Erzieherinnen erbracht werden muss. Der Rest soll künftig auch von sozialpädagogischen Assistentinnen (SPA) beziehungsweise Kinderpflegerinnnen geleistet werden können, die pädagogisch nicht so hoch qualifiziert sind. Auch Quereinsteiger aus anderen Berufen, die noch über keinerlei einschlägige Ausbildung verfügen, könnten dann ergänzend zum Einsatz kommen.

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Mit ihren Plänen unternimmt die Bildungssenatorin einen weiteren Schritt in Richtung einer qualitativen Absenkung von Betreuungsstandards. Nicht freiwillig, wie sie betont, sondern notgedrungen. Es fehle nun einmal an voll ausgebildetem pädagogischen Personal. Solange das so sei und immer mehr Kinder in die Tageseinrichtungen drängten, müssten Abstriche hingenommen werden, wenn man nicht vielen Familien eine Absage erteilen wolle. Aulepp weist darauf hin, dass die Stadt Bremen seit 2021 rund 2400 zusätzliche Kita-Plätze eingerichtet hat. Die Fachkräftegewinnung konnte mit dieser Entwicklung indes nicht Schritt halten.

Laut Aulepp wird durch die jetzt angestrebten Änderungen des BremKTG ohnehin nur rechtlich nachvollzogen, was in vielen Kitas bereits gängige Praxis ist – dass nämlich ein Teil der Erziehungsarbeit von Assistenzkräften geleistet wird, die mehr oder minder selbstständig agieren. Zu diesen Unterstützungskräften zählen in wachsender Zahl auch freiberuflich tätige Tagesmütter und -väter. Nun sollen auch Quereinsteiger hinzukommen, die bisher noch gar keine beruflichen Erfahrungen mit Kinderbetreuung haben, aber über Fähigkeiten verfügen, die beim frühkindlichen Lernen von Nutzen sein können. Aulepp denkt beispielsweise an Musiker oder Gärtner.

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Den Linken geht Aulepps Vorstoß entschieden zu weit. "Ich kann das nicht mittragen, und es ärgert mich auch", sagt die Bildungspolitikerin der Linken-Fraktion in der Bürgerschaft, Miriam Strunge. Angesichts der stark gestiegenen Nachfrage nach Kita-Plätzen müsse man zwar über eine zeitlich begrenzte Absenkung von Betreuungsstandards reden. "Aber mit Augenmaß", unterstreicht Strunge. Es könne nicht sein, dass künftig auch Menschen in Kitas tätig sind, "die keine andere Qualifikation haben als ein polizeiliches Führungszeugnis", sagt Strunge mit Blick auf die Quereinsteiger. Es habe zuletzt durch die Einstellung von Tagesmüttern und -vätern bereits eine gravierende Absenkung von Standards gegeben. Diese Hilfskräfte müssten lediglich eine Schulung von 168 Stunden durchlaufen. Gar keine Grundqualifikation zu haben und trotzdem in der frühkindlichen Bildung tätig zu sein – das gehe einfach nicht.

Aulepp hält dagegen. "Wenn wir jetzt nicht neue Wege der Beschäftigung in unseren Kitas zulassen und dadurch mehr Menschen für die Erziehungsberufe begeistern und ihnen eine Qualifizierungperspektive bieten, dann werden wir auch in fünf Jahren noch nicht genügend Personal haben, um die Qualität zu erreichen, die wir dringend brauchen", sagt die Senatorin. Schwer vorstellbar also, dass die Koalition an diesem Punkt sehr bald zu einem Kompromiss findet.

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