Angela Lorenz steht in regelmäßigem Austausch mit dem Amt für Straßen und Verkehr (ASV). Seit 2022 bittet sie um Hilfe, das Thema ist wohl bekannt: Vor Lorenz' Haustür stehen Autos auf dem Gehweg. Das aufgesetzte Parken ist in der engen Wohnstraße in der Bremer Neustadt üblich. Vom Gartenzaun bis zum Autoreifen verbleibt an guten Tagen ein Meter, an schlechten Tagen sind es 80 Zentimeter.
Lorenz ärgert sich nicht aus Prinzip darüber, sondern hat faktisch ein Problem: Sie ist selbstständig in der Baumpflege – und muss nach eigener Aussage regelmäßig mit dem Lastenrad, einer Leiter und anderem Werkzeug aus ihrem Vorgarten auf den Gehweg ausscheren. Ein großer Aufwand sei das angesichts der Enge, riskant für sie und die Fahrzeuge außerdem – ihr einziger Arbeitsunfall, eine aus der Hand gerutschte Leiter, sei beim Beladen passiert. Lorenz sorgt sich um ihre Versicherung. All das hat sie dem ASV geschildert, die Korrespondenz liegt dem WESER-KURIER vor.
Besuch von der Polizei
Geändert hat sich an der Situation bis Ende März dieses Jahres nichts. Dann wurde Lorenz selbst aktiv – sie zog nicht vor Gericht, sondern wählte eine handfestere Variante. Zwei Poller, rot-weiß, etwa einen Meter hoch und 1,20 Meter auseinanderstehend auf dem Bordstein vor ihrer Haustür im Boden verschraubt. Selbstjustiz im ruhenden Verkehr sozusagen. "Dann ging auf einmal alles ganz schnell", berichtet Lorenz. Vor Ort und per Mail habe das ASV sie aufgefordert, die Poller zu entfernen. Vergangene Woche dann, so schildert es Lorenz, sei ein Polizist mit der gleichen Aufforderung vorbeigekommen.
Das ASV erklärt auf Nachfrage, dass die Polizei versucht habe, Kontakt mit Angela Lorenz aufzunehmen – die Kontaktaufnahme sei aber nicht erfolgreich gewesen. In der Sache stellt das ASV klar, was auch Lorenz durchaus bewusst ist: Selbstständig und ohne Genehmigung Poller aufzustellen, ist nicht rechtskonform. Lorenz argumentiert andererseits, dass es ebenso illegal sei, ohne Anordnung auf dem Gehweg zu parken.
Die Poller sind wieder weg – vorläufig
Nach rund drei Wochen ist der Verkehrsversuch in Eigenregie wieder beendet. Nachdem ein Poller laut Lorenz offenbar angefahren wurde, habe sie sich entschieden, die rot-weißen Pfosten abzuräumen – "vorübergehend", betont Lorenz jedoch. Sie hat sich nach eigener Aussage an den ADFC gewandt, denkt zudem über rechtliche Schritte nach. Auch im Koordinierungsausschuss des Beirats, so habe es ihr der Fachausschuss Mobilität mitgeteilt, soll das Thema demnächst einen Platz bekommen.
Es geht dabei nicht um die relativ unstrittige Frage, ob Lorenz selbst hätte handeln dürfen, sondern um das Verhalten der Behörde. Lorenz hatte in den vergangenen Jahren mehrfach um Vorschläge gebeten und ihrerseits solche unterbreitet – unter anderem die Lösung mit den Pollern. "Poller zu setzen, um illegal aufgesetztes Parken zu unterbinden, lehnen wir prinzipiell ab", erklärt ASV-Sprecherin Andrea Voth. Die vielen Wünsche ließen sich nicht erfüllen, eine Gleichbehandlung könne entsprechend nicht gesichert werden. Auch die Kosten für die Installation und Erhaltung wären laut Voth zu hoch. Zudem seien Poller "der Barrierefreiheit auf Fußwegen nicht dienlich".
Voth verweist im Fall Lorenz auf die Zuständigkeiten: Das ASV sei für Beschilderungen verantwortlich. Missachtung von Regeln fielen in den Bereich von Polizei beziehungsweise Ordnungsamt. Ein wirksames Bestreben des ASV, die Regeln durch Schilder zu verdeutlichen, sieht Lorenz allerdings nicht. Beschwerden bei der Polizei hätten ebenfalls nicht gefruchtet.
Stufen-Konzept der Verkehrsbehörde
Lorenz' Problem berührt die Grundsatzfrage: Wann, wo und mit welchen Mitteln muss die Behörde gegen das illegale aufgesetzte Parken vorgehen? Voth verweist auf das vielfach diskutierte Stufen-Konzept, das die Verkehrsbehörde im Januar vorgestellt hat. Schlecht für Lorenz: Ihre Wohnstraße ist nach ASV-Angaben für die vierte und letzte Umsetzungsstufe vorgesehen – die zeitlich noch nicht terminiert ist. Es könnten also Jahre vergehen, bis Besserung eintritt.
In einem Punkt räumt das ASV Versäumnisse ein: Lorenz hat über die Jahre hinweg nicht nur Vorschläge unterbreitet, sondern auch im Wortsinne Anträge gestellt. Ausgang dieser Bemühungen ist offenbar die Mail einer Sachbearbeiterin, die auf Lorenz' erste Anfrage im Februar 2022 antwortete: "Sollten Sie einen Vorschlag zu einer verkehrsrechtlichen Anordnung haben, die das Parken dort unterbinden würde, könnten Sie auf diesem Wege einen formlosen Antrag stellen." Diese Aufforderung, so Voth, "ist nicht korrekt und hätte so nicht kommuniziert werden dürfen". Das ASV fordere Bürger und Bürgerinnen nicht zu solchen Vorschlägen auf.