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Wer folgt auf Meyer-Heder? Warum das Rennen bei der Bremer CDU offen ist

Heiko Strohmann, Jens Eckhoff, Wiebke Winter - mindestens diese drei kommen für den Vorsitz der Bremer CDU infrage. Zur Ausgangslage eine Analyse von Jürgen Theiner.
04.10.2023, 05:00 Uhr
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Warum das Rennen bei der Bremer CDU offen ist
Von Jürgen Theiner

Die nächsten Wochen versprechen spannend zu werden in der Bremer CDU. Es gilt, die Nachfolge von Carsten Meyer-Heder an der Spitze der Partei zu regeln – eine Aufgabe, die sich ohnehin gestellt hat, aber nun durch den plötzlichen Rücktritt des Landesvorsitzenden mit ganz anderer Dringlichkeit versehen ist.

Eigentlich glaubten die Führungskader, mit der Neuaufstellung der Parteispitze noch Zeit zu haben. Meyer-Heder hatte frühzeitig erklärt, sich im Mai 2024 nicht erneut für den Vorsitz zu bewerben. So wäre noch ein gutes halbes Jahr verblieben, um entweder im Konsens einen Kandidaten beziehungsweise eine Kandidatin auszugucken oder im Fall mehrerer Bewerbungen das weitere Verfahren zu regeln. Doch es sollte anders kommen. Am vergangenen Freitag ploppte ein Interview auf, in dem sich Meyer-Heder um Kopf und Kragen redete. Seine irritierenden Äußerungen zum Verhältnis CDU-AfD kosteten ihn innerhalb weniger Stunden das Amt.

Noch am gleichen Abend kam der Landesvorstand zu einer kurzfristig anberaumten Video-Schalte zusammen. Dabei stellten mehrere Teilnehmer eine Aussage infrage, die Fraktionschef Frank Imhoff und Landesvize Jens Eckhoff kurz zuvor gegenüber dem WESER-KURIER getroffen hatten. Beide waren der Ansicht, am ursprünglichen Fahrplan einer Neuwahl im Mai müsse nichts geändert werden. Es gebe schließlich vier Meyer-Heder-Stellvertreter, die den Landesverband einstweilen im Kollektiv führen könnten. Doch im Vorstand meldeten sich nun mehrere Akteure zu Wort, die das anders sahen. Die Bremer CDU könne sich keine längere Vakanz an der Spitze leisten, so die Kritiker. Ihre Forderung: ein außerordentlicher Landesparteitag mit Neuwahl noch im Herbst. Man verblieb letztlich so, dass diese Frage auf einer weiteren Vorstandssitzung am 9. Oktober entschieden wird. Sollte es mehrere Interessenten für die Meyer-Heder-Nachfolge geben, gilt eine Mitgliederbefragung im Vorfeld des Sonderparteitags als wahrscheinlich.

Wer kommt für den Vorsitz in Betracht? Wenige Stunden vor der Video-Schalte hatte der frühere Fraktionschef Heiko Strohmann bereits seine Ambitionen öffentlich gemacht. In der Online-Ausgabe des WESER-KURIER erklärte er, sich "der Verantwortung nicht entziehen zu wollen". Damit liegt bereits eine sehr ernst zu nehmende Bewerbung vor. Strohmann hat zwar aktuell keine herausgehobene Funktion mehr, doch er ist nach wie vor ein Schwergewicht in der Partei. Zudem gilt er noch aus seiner Zeit als Landesgeschäftsführer als ausgezeichnet vernetzt. Der Bürgerschaft gehört er bereits seit einem Vierteljahrhundert an.

Viele in der Partei rechnen mit mindestens einer weiteren Bewerbung, nämlich der des Kreisverbandsvorsitzenden Bremen-Stadt, Jens Eckhoff. Der Finanzexperte der Bürgerschaftsfraktion war schon fast alles, was man in der Landespolitik werden kann – Abgeordneter, Fraktionschef, Senator. In der zur Jahrtausendwende noch stockkonservativen Bremer CDU sprach er sich als einer der Ersten für eine Wandlung zur liberalen Großstadtpartei und eine Annäherung an die Grünen aus. Eckhoff hätte auch das Zeug zur Spitzenkandidatur bei zurückliegenden Bürgerschaftswahlen gehabt. Doch gut gepflegte Rivalitäten mit anderen Spitzenakteuren der Partei – insbesondere Strohmann – sorgten stets verlässlich dafür, dass er nicht zum Zuge kam.

Noch vor einem Jahr wäre bei einer Kampfkandidatur Strohmann gegen Eckhoff wohl klar gewesen, wer gewinnt: Strohmann. Denn ihn verbindet eine enge Beziehung mit anderen einflussreichen Parteigranden, vor allem mit Thomas Röwekamp und Frank Imhoff – der eine inzwischen Bundestagsabgeordneter, der andere Fraktionschef. Doch dieser Dreibund hat Risse bekommen. Nach der verlorenen Bürgerschaftswahl im Mai beanspruchte Imhoff den Fraktionsvorsitz. Ganz Parteisoldat, fügte sich Strohmann, obwohl er diese Funktion erst zwei Jahre zuvor übernommen hatte. Die Enttäuschung sitzt jedoch tief. Auch das Verhältnis Imhoff-Röwekamp war schon mal herzlicher, ließ Röwekamp doch durchblicken, dass Imhoff für ihn bei der Spitzenkandidatur 2023 nicht erste Wahl war.

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Es gibt also nicht mehr die monolithischen Blöcke in der Bremer CDU, die alte Frontstellung der Eckhoff-Leute gegen den Röwekamp/Strohmann/Imhoff-Flügel. Die Lage ist unübersichtlicher geworden. Dazu trägt auch der Umstand bei, dass sich in der Fraktion ein neuer Machtfaktor zu entfalten beginnt: Es sind die Jungen um Wiebke Winter, den aufgehenden Stern der Bremer Christdemokraten. Zu der informellen Gruppe gehören einige neue und nicht mehr ganz so neue Abgeordnete wie Theresa Gröninger, Hetav Tek, Simon Zeimke oder Martin Michalik. Diese Seilschaft verbindet ein ausgeprägter Pragmatismus und ein gesundes Desinteresse am alten innerparteilichen Lagerdenken. Machtinstinkt ist schon vorhanden. Als Frank Imhoff bei der Konstituierung der neuen Bürgerschaftsfraktion wider Erwarten Bettina Hornhues und nicht Wiebke Winter – seine Tandem-Partnerin aus Wahlkampfzeiten – als Fraktionsvize vorschlug, erteilten ihm die Jungen eine Lektion. Sie organisierten eine Mehrheit für Winter, die sich am Ende deutlich durchsetzte.

Winter wäre inzwischen eine weitere Option für den Landesvorsitz. Ob sie mit erst 27 Jahren schon nach diesem Amt greifen will, darüber ist sich die promovierte Juristin vielleicht selbst noch nicht im Klaren. Ein Ja wäre auch eine Weichenstellung für die Spitzenkandidatur bei der Bürgerschaftswahl 2027. Die Frage ist nur, ob sich ein Top-Talent wie Winter in der Bremer Landespolitik aufreiben will, wo es für Christdemokraten seit Jahrzehnten nicht viel zu ernten gibt. Im Bund winken größere Preise. Schon früh sehr erfolgreich zu sein, kann manchmal auch zum Problem werden.

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