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Corona-Prämie Kommen die Boni bei den Pflegekräften an?

"Fehler- und missbrauchsanfällig" – mit diesen Worten kritisiert der Bundesrechnungshof die Auszahlung der Corona-Prämien an Pflegekräfte im Jahr 2020. Warum es im Land Bremen offenbar besser lief.
05.10.2022, 05:00 Uhr
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Kommen die Boni bei den Pflegekräften an?
Von Björn Struß

Pflegekräfte kämpfen seit zweieinhalb Jahren gegen Corona, Altenheime und Krankenstationen trafen die Viruswellen am härtesten. Als Anerkennung für diese Belastung sollten die Beschäftigten im Jahr 2020 vom Staat einen Bonus von bis zu 1500 Euro erhalten. In diesem Jahr kommt eine weitere Sonderzahlung von bis zu 550 Euro hinzu. Kommt dieses Geld bei den Pflegekräften an? Der Bundesrechnungshof kritisiert das Zahlungs­verfahren aus dem Jahr 2020 als „fehler- und missbrauchsanfällig“, wie verschiedene Medien berichteten. In Bremen gibt es dafür bisher keine Anzeichen.

„Im Land Bremen haben 2020 fast alle Antragsberechtigten ihren Bonus erhalten“, sagt Andreas Möller von der Handelskrankenkasse (HKK). Er wickelte mit der HKK im Auftrag des Verbands der Ersatzkassen (VDEK) in Bremen für 45 Prozent der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen die Bonuszahlungen ab.

Zunächst mussten die Kliniken und Heime Anträge für ihre Beschäftigten bei der HKK einreichen. Diese zahlte das Geld von Bund und Land an die Einrichtungen aus. Die Arbeitgeber überwiesen die Prämien steuerfrei mit den Lohnabrechnungen an die Beschäftigten. 2020 verwaltete die HKK so im Bereich Altenpflege Steuergelder in einer Höhe von rund 1,6 Millionen Euro.

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„Bei uns haben sich nur wenige Einzelpersonen beschwert, die kein Geld erhalten hatten. Das konnten wir schnell bereinigen“, versichert Möller. Nicht auszuschließen sei, dass sich vereinzelt Geschäftsführungen oder Heimleitungen selbst als Verwaltungspersonal einstuften und Prämien erhielten. „Für sie war der Bonus nicht gedacht“, betont der HKK-Mitarbeiter. Zudem habe die Kasse an manchen Stellen auf die Geschäftsführungen vertrauen müssen. So gaben diese der HKK zum Beispiel an, wenn sie Prämien mit dem Lohn ausgezahlt hatten. Überprüfen konnte Möller dies aber nicht.

Ein Indiz dafür, dass in Bremen die meisten Pflegekräfte ihren Bonus erhalten haben, gibt auch die Gewerkschaft Verdi. Auf Bundesebene hatte diese im April 2021 Alarm geschlagen. Damals ergab eine Studie von Steuerberatern, dass mehr als 40 Prozent der Beschäftigten aus Pflegebetrieben ihre Prämie nicht erhalten hatten. Die Gewerkschaft ermutigte die Betroffenen, ihre Ansprüche beim Arbeitgeber geltend zu machen und ­sicherte juristische Unterstützung zu.

In Bremen und Niedersachsen haben sich seitdem laut Verdi-Sprecher Tobias Morchner nur wenige Pflegekräfte bei der Gewerkschaft gemeldet: „Eine große Beschwerdewelle gab es nicht.“ Dies ändere allerdings nichts daran, dass bundesweit zu viele Arbeitgeber den Corona-Bonus für ihre Beschäftigten gar nicht erst beantragt hätten.

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Sven Beyer, Landesvorsitzender des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (BPA), befürchtet, dass die Pflegebranche insgesamt einmal mehr in ein schlechtes Licht gerückt wird. „Das ist ein grundsätzliches Problem. Dadurch entscheiden sich manche jungen Menschen vielleicht gegen eine Ausbildung“, warnt er. Beyer ist auch Geschäftsführer der DKV-Residenz an der Contrescarpe: „Wir haben die Prämien natürlich in vollem Umfang ausgezahlt. Wann gibt es schon mal die Gelegenheit, steuerfrei Geld an die Beschäftigten weiterzureichen?“ Seine Einrichtung habe aus eigenen Mitteln auch einen Bonus an die Angestellten ausgezahlt, die eigentlich leer ausgegangen wären. „Das galt zum Beispiel für Kollegen an der Rezeption oder aus dem Servicebereich. Sie arbeiten in Bereichen, die nicht vom Sozialgesetzbuch abgedeckt sind“, erläutert Beyer.

Auch die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG) beteuert, dass die von ihr vertretenen Verbände in ­Bremen die Prämien ausgezahlt haben. Mitglied in der LAG sind etwa Awo, Caritas, Rotes Kreuz und Dia­konie. Geschäftsführerin Iris von Engeln sagt: „Unsere Verbände stehen voll und ganz hinter den Prämien für die Beschäftigten. Es ist wichtig, dass die Menschen eine Wertschätzung erfahren – nicht nur durch Klatschen.“

Zur Sache

Zweite Corona-Prämie

In diesem Jahr haben Bundestag und Bundesrat beschlossen, dass viele Beschäftigte der Pflegeheime und Kliniken einen weiteren Bonus erhalten sollen. Dieses Mal sind es bis zu 550 Euro, wofür der Bund eine Milliarde Euro zur Verfügung stellt. Die Abwicklung läuft ähnlich wie 2020. So sind bei der HKK bereits die Anträge eingegangen, im September hat sie das Geld an die Arbeitgeber ausgezahlt. Diese haben nun bis zum 31. Dezember Zeit, die Steuergelder mit den Lohnabrechnungen an die Arbeitnehmer weiterzureichen.

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