Ob eine Tempo-30-Zone gegen Autoposer oder konsequentes behördliches Vorgehen gegen Farbvandalismus an Hauswänden – insgesamt 1023 Petitionen haben Bürger und Bürgerinnen in der letzten Wahlperiode im städtischen und staatlichen Petitionsausschuss eingereicht. Damit ist die Zahl der von Bürgern vorgebrachten Anliegen gegenüber den vorherigen beiden Wahlperioden deutlich angestiegen: In der 18. Wahlperiode waren 685, in der 19. Wahlperiode 729 Petitionen eingegangen. Das geht aus dem Jahresbericht des Petitionsausschusses hervor, mit dem sich am Donnerstag die Bürgerschaft beschäftigte.
Der Report umfasst den Zeitraum von Juni 2019 bis März 2023 und bezieht sich auf die Petitionsausschüsse des Landes und der Stadt Bremen. Besonders deutlich ist der Anstieg beim staatlichen Petitionsausschuss: Wo zuvor 311 beziehungsweise 296 Petitionen gezählt wurden, hat sich die Zahl mit nun 609 Petitionen in etwa verdoppelt. Im städtischen Gremium waren zuvor 374 beziehungsweise 433 Petitionen erfasst worden, zuletzt waren es 414 gewesen.
Der Bericht schildert auch Beispiele: Lange hat sich für die Betroffenen eine Beschwerde über die Gefährdung ihres Hauses beziehungsweise Wohngebiets durch die Landung tief fliegender Flugzeuge hingezogen. Verursacht durch die sogenannte Wirbelschleppe einer landenden Maschine vom Typ Beluga XL sei es 2018 zu "gefährlich umherfliegenden Dachziegeln und Dachschäden an den Häusern" gekommen. Erst 2021 erreichte den Petitionsausschuss ein Gutachten dazu. Auf Beschwerden sei "erst spät, nach Einreichung der Petition und nur unzureichend" reagiert worden. Die Petenten hätten die Schäden zunächst selbst beheben müssen. Inzwischen sei die Kostenübernahme für die Dachsanierung von der Senatorin für Wissenschaft und Häfen in die Haushaltsplanungen für 2022/23 eingebracht worden. Zudem habe die Flughafen Bremen GmbH eine ständig erreichbare Kontaktstelle zur Koordination von Wirbelschleppschäden eingerichtet. Über einen weiteren Fall hatte auch der WESER-KURIER berichtet: Nachdem Petenten sich hartnäckig gegen Fassadenschmierereien eingesetzt hatten, habe der Senat ein Konzept gegen Farbvandalismus erstellt.
Nicht immer bringen die Petitionsausschüsse die Anliegen zu einem positiven Abschluss. Im staatlichen Petitionsausschuss sei in den meisten Fällen, bei 228 Petitionen, keine Möglichkeit zur Abhilfe gefunden worden. 150 Petitionen wurden abgeschlossen, weil sie sich erledigt haben, darunter einige mit Corona-Bezug, die nach Abschluss der Maßnahmen gegenstandslos wurden. Weitere 128 Petitionen fielen unter die Kategorie "Sonstiges" oder es wurde von einer sachlichen Prüfung abgesehen und an Fraktionen, Gruppen und Einzelabgeordnete übermittelt, weil sie Gesetzesvorhaben betreffen. Ähnlich sei das Zahlenverhältnis beim städtischen Petitionsausschuss.
Durch den Petitionsausschuss könnten sich Bürger gegen Ungerechtigkeiten wehren, sagte Birgit Bergmann (FDP). Petitionen seien "ein Spiegelbild dessen, was sich in der Gesellschaft bewegt hat". Heikle und kontroverse Themen würden aber zum Teil untergehen oder sich im Dialog ewig hinziehen. Sowohl Bergmann als auch Kevin Lenkeit (SPD) begrüßten die Änderung, dass nun auch Petitionen per E-Mail eingereicht werden könnten. "Der Petitionsausschuss handelt bürgernah", so Olaf Zimmer (Linke). Jedoch sei die Liste der nicht-bearbeiteten Themen lang. Thomas Pörschke (Grüne) zufolge zeigt das Gremium, "wo Politik und Verwaltung wirken" – und wo diese versagten. Laut dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses Claas Rohmeyer (CDU) sei das Petitionsrecht "zulasten der Bürger beschnitten" worden. Die Petition gegen die Diskriminierung der Schulen in freier Trägerschaft sei bei der SPD nicht auf Zustimmung gestoßen. Er hoffe, "dass dieses dicke Brett weiter gebohrt wird".