Die Stadt Bremen will entschlossener gegen Farbvandalismus im öffentlichen Raum und auf privaten Flächen vorgehen. Der Senat wird heute voraussichtlich ein entsprechendes Aktionsprogramm beschließen, das dem WESER-KURIER vorliegt. Es sieht unter anderem einen härteren Kurs gegenüber der Sprayer-Szene, eine schnellere Beseitigung von Schmierereien und ein Budget zur Unterstützung von Privatleuten vor, die illegale Graffitis beseitigen lassen.
Angestoßen wurde das Thema vor gut zwei Jahren von einem Ehepaar aus der Neustadt, das sich über die zunehmende Verunstaltung des Straßenbildes durch Farbschmierereien ärgerte. Die Eheleute starteten eine Petition an die Bürgerschaft und erhielten dafür viel Unterstützung. Im September 2021 forderte das Stadtparlament den Senat auf, ein Konzept gegen illegale Graffitis zu entwickeln.
Einen symbolischen Start für Teile dieser Strategie gab es im vergangenen Jahr bereits in Vegesack. Dort ließ die Innenbehörde Mitte Oktober eine beschmierte Spundwand am Hafen durch eine Fachfirma reinigen. „Von dieser Aktion soll das Signal ausgehen: Wir nehmen das nicht mehr hin“, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) bei dem Termin. Damals kündigte er auch das Konzept an, das nun vorliegt:
Konsequentere Strafverfolgung
Farbschmierereien sind Sachbeschädigungen und damit Straftaten. Die Polizei soll durch verstärkte Anstrengungen die Aufklärungsquote bei illegalen Graffiti erhöhen. Gegenwärtig liegt sie in der Stadt bei zehn bis 20 Prozent – offenbar zu wenig, um abschreckend zu wirken. Wie und mit welchem personellen Ressourceneinsatz die Polizei zu besseren Ergebnissen kommen soll, darüber sagt das Senatspapier nichts. Unterstrichen wird die Absicht, Täter auch zivilrechtlich entschiedener zur Verantwortung zu ziehen, also Schadenersatz einzutreiben.
Projekte mit jugendlichen Tätern
In den vergangenen fünf Jahren ermittelte die Polizei jeweils gut 100 Verursacher von Farbschmierereien. Bei gut einem Drittel handelte es sich um Jugendliche oder Heranwachsende. Im Senatskonzept wird nun das Ziel ausgegeben, dass bei diesem Personenkreis „gezielt gegen illegalen Farbvandalismus ausgerichtete erzieherische Maßnahmen verhängt werden können“. Dabei soll es auch darum gehen, dass die Verursacher die entstandenen Schäden beheben.
Freiburger Modell
Die Stadt Freiburg im Breisgau praktiziert seit einiger Zeit ein Modell, mit dem Immobilieneigentümer motiviert werden sollen, verunstaltete Fassaden reinigen oder streichen zu lassen. Wer die Tat angezeigt und einen Innungsbetrieb mit der Beseitigung der Schmierereien beauftragt hat, erhält eine „Nachstreichgarantie“: Falls es innerhalb eines halben Jahres erneut zu Farbvandalismus kommt, übernimmt die Kommune bis zu zweimal die Kosten für die Beseitigung. Dem will Bremen nacheifern. Aus Kostengründen allerdings zunächst weiterhin nur in Vegesack, dem Ort des Pilotprojektes.
Zuzahlung zu Versicherungen
In einigen Wohngebäude-Versicherungstarifen sind Vandalismusschäden mitversichert, meist allerdings mit einer Selbstbeteiligung der Betroffenen. Damit Versicherte im Schadensfall wegen des Selbstbehalts nicht darauf verzichten, die Versicherung in Anspruch zu nehmen, könnten in solchen Fällen bis zu 200 Euro pro Haushalt von der Stadt zugeschossen werden.
Selbstverpflichtung des Senats
Beschmierte Gebäude und Anlagen im Eigentum Bremens sollen künftig möglichst schnell in den ursprünglichen Zustand versetzt werden. Was für die Gesamtstadt als Ziel ausgegeben wird, soll in der Altstadt und der Bahnhofsvorstadt verpflichtend gelten. Diese Ortsteile seien touristisch geprägt und damit eine Visitenkarte für die Hansestadt. Zugleich sind sie derzeit am meisten von Farbvandalismus betroffen, aber auch von Verschmutzung durch Aufkleber. Hiergegen soll ebenfalls vorgegangen werden.
Für die genannten Projekte plant der Senat für 2023 und das nächste Jahr 330.000 beziehungsweise 370.000 Euro ein. Ein Anfang wäre damit gemacht. In anderen Städten habe sich gezeigt, dass die rasche Beseitigung von Farbschmierereien nachhaltig wirkt. Davon ist auch Vegesacks Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt überzeugt, in dessen Stadtteil bereits erste Bemühungen in dieser Richtung laufen. Die früher so schmuddelige Spundwand am Hafen sei nach der Beseitigung der Graffiti immer noch in einem guten Zustand. Es lohne sich, gegen die Verwahrlosung des Stadtbildes vorzugehen. Dornstedt: „Wenn sich das verstetigt, wäre das gut.“