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Ärger in der Nachbarschaft Streit um Balkonkraftwerk: Darum soll ein Bremer seine Anlage abbauen

Der Bund will die Installation von Balkonkraftwerken erleichtern. Aktuell dürfen Vermieter oder Miteigentümer noch bestimmen, ob sie das gestatten. Ein Bremer Eigentümer soll seine Anlage sogar wieder abbauen.
27.10.2023, 05:00 Uhr
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Streit um Balkonkraftwerk: Darum soll ein Bremer seine Anlage abbauen
Von Timo Thalmann

Malte Jordan hat wohl zu früh angefangen mit der Realisierung der Balkonsolaranlage seiner Eigentumswohnung. Erst ab kommendem Jahr sollen diverse Gesetzesänderungen die Installation deutlich vereinfachen. In diesem Jahr können die drei Miteigentümer des Mehrparteienhauses im Bremer Viertel noch mitreden, ob eine solche Anlage möglich ist.

In Jordans Fall begann der Konflikt an dem Tag, als die Handwerker mit den Solarmodulen anrückten. "Ich hatte die übrigen Parteien lange vorher über die geplante Maßnahme informiert und eigentlich ihre Zustimmung eingeholt", sagt der 76-Jährige. Doch am Tag der Montage stellte sich ein Miteigentümer gegen das Projekt, woraufhin die beiden anderen ihre Zustimmung zurückzogen. Auf einer eilig anberaumten Versammlung wurde der Antrag auf Genehmigung der Anlage dann abgelehnt. Jordan ließ die Anlage trotzdem aufbauen. "Der Termin mit der Installationsfirma hatte monatelangen Vorlauf", erklärt er. Außerdem hatte er die Hoffnung, den Widerstand seiner Miteigentümer noch aufheben zu können. Das gelang ihm allerdings nicht. Inzwischen wurde ein Anwalt beauftragt, der ihn per Klage zwingen soll, die Module wieder abzubauen. Jordan will es nun darauf ankommen lassen, auch weil er weiß, dass die entsprechende Rechtslage gerade in Bewegung ist.

Welche Rechte hat eine Eigentümergemeinschaft derzeit, um über ein Balkonkraftwerk mitzubestimmen?

Das hängt laut dem Eigentümerverband Haus & Grund vor allem davon ab, ob bei einer Installation auf dem jeweiligen Sondereigentum das Gemeinschaftseigentum erheblich beeinträchtigt wird oder ob es sich um eine bauliche Veränderung handelt, die die Wohnanlage grundlegend umgestaltet. "Beides dürfte bei einer normalen Balkonsolaranlage wohl die Ausnahme sein", schätzt Ingmar Vergau, Geschäftsführer des Bremer Landesverbandes. Es komme aber auf den Einzelfall an. Der ist bei Jordan etwas komplizierter, denn eine große, dreistöckige Blauregenpflanze verhindert die Installation auf seinem Balkon. Daher steht die Anlage nun auf dem Dach darüber. "Meine Miteigentümer stehen auf dem Standpunkt, das dürfe ich gar nicht dafür nutzen", sagt Jordan. Da könnten sie nach aktueller Gesetzeslage recht haben: Wenn Gemeinschaftseigentum so umgebaut wird, dass sich die Fassade optisch verändert, müssen laut Haus & Grund tatsächlich alle Eigentümer mitspielen.

Welche rechtlichen Veränderungen sind geplant?

Neben einer Reihe technischer und bürokratischer Erleichterungen für Installation und Betrieb eines Balkonkraftwerks plant die Bundesregierung auch Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz. Ein aktueller Gesetzentwurf sieht vor, die Mini-Solaranlagen in den Katalog sogenannter privilegierter Maßnahmen aufzunehmen. Das sind Umbauten, gegen die Miteigentümer nichts machen können. Dazu gehört bislang alles, was für mehr Barrierefreiheit oder Einbruchsschutz sorgt, die Installation eines Glasfaseranschlusses mit entsprechenden Kabelverbindungen im Haus und der Einbau von Ladestationen für E-Autos. Die geplante Erweiterung um die Balkonkraftwerke käme Jordans Projekt entgegen, ist aber noch nicht im Bundestag beschlossen und dürfte nach aktueller Einschätzung des Justizministeriums frühestens ab 1. Januar 2024 gelten.

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Können Wohnungseigentümer Balkon-Solaranlagen dann ohne vorherige Absprache installieren?

Nein. Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss weiterhin jede bauliche Veränderung formal beschließen, sie kann die Solaranlage aber nicht mehr verweigern. Allerdings kann sie über das "Wie" der Anlage mitbestimmen und hat dabei auch einen gewissen Spielraum. Nicht zulässig sei es, durch überzogene Vorgaben die Installation faktisch zu verhindern, erläutert das Bundesjustizministerium die Gesetzesänderung.

Welchen Anspruch haben Mieter jetzt und künftig, eine Solaranlage auf ihrem Balkon zu installieren?

Grundsätzlich benötigen sie die Erlaubnis des Vermieters, die dieser derzeit verweigern kann, wenn sich dadurch das Gesamtbild des Gebäudes verändert. Balkonsolaranlagen werden in dieser Hinsicht ähnlich behandelt wie Satellitenschüsseln. Ein grundsätzliches "Nein" ist aber nicht mehr möglich. Gerichte haben Balkon-Solaranlagen inzwischen als bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache definiert, die ein Vermieter nicht einfach grundlos verbieten könne. Parallel zur Veränderung des Wohnungseigentümergesetzes will das Justizministerium auch das Mietrecht anpassen. Für Mieter sollen Balkonkraftwerke künftig ebenfalls zum Katalog der privilegierten baulichen Veränderungen zählen. Damit gibt es dann Anspruch auf die Erlaubnis durch den Vermieter.

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