Sollte im kommenden Winter im schlimmsten Fall die Gasversorgung stocken oder nicht für alle privaten Wohnungen ausreichen, plant Bremen unter anderem die Einrichtung öffentlicher Wärmestuben. Dafür soll der Gebäudebestand auf seine Möglichkeiten abgeklopft werden, etwa unter dem Gesichtspunkt, wie Turnhallen oder Schulen konkret beheizt werden. „Falls im kommenden Winter Wärmeinseln erforderlich sind, bieten die sich natürlich in Gebäuden an, die nicht mit Gas beheizt werden – sondern etwa mit Fernwärme aus der Müllverbrennungsanlage“, so Senatssprecher Christian Dohle. Unter diesem Aspekt soll Immobilien Bremen (IB) umgehend eine Bestandsaufnahme vorlegen. Als landeseigener Betrieb verwaltet IB den Immobilienbestand von Bremen.
Der Städte- und Gemeindebund hatte angesichts drohender Gasknappheit und hoher Energiepreise die Einrichtung solcher Wärmeräume ins Spiel gebracht. „Da niemand genau sagen kann, wie dramatisch die Entwicklung sein wird, sollte auch überlegt werden, Wärmeinseln oder Wärmeräume vorzusehen, wo sich insbesondere ältere Menschen auch bei einem sehr kalten Winter aufhalten können“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Bild“-Zeitung.
Beispiele konkreter Notfall-Planungen gibt es bereits, wie etwa in Heidelberg. Wie das Nachrichten-Portal „Heidelberg24“ meldet, hat die Stadt von August 2022 bis April 2023 fünf mobile Heizzentralen gemietet. Diese Anlagen können in einem Gasnotfall mithilfe von Öl größere Objekte wie Turnhallen beheizen. Die Stadt will damit Vorkehrungen insbesondere für Personengruppen wie etwa bedürftige Senioren treffen. Im Landkreis Ludwigsburg sollen frierende Menschen ebenfalls Unterschlupf in Wärmehallen finden können. Der Kreis als untere Katastrophenschutzbehörde prüft ähnlich wie jetzt Bremen, welche Gebäude für eine Belegung infrage kommen. Laut SWR ist geplant, für den Ernstfall Kapazitäten für 5000 Menschen zu schaffen, rund ein Prozent der Bevölkerung.
Bremer Fünf-Punkte-Plan zur Energiekrise
In Bremen sind die aktuellen Überlegungen zu den Wärmeräumen Teil eines Fünf-Punkte-Plans, den in einer Sondersitzung am Montag die Bremer Staatsräte aus allen Senatsressorts vorbereitet haben. An diesem Dienstag soll der Senat entsprechende Beschlüsse fassen. Mit dem Plan will sich Bremen auf alle Eventualitäten vorbereiten. „Die Szenarien reichen von wirtschaftlichen und sozialen Problemen, weil die Energiepreise durch die Decke gehen, bis zur Versorgung der Bevölkerung im Winter, falls im schlimmsten Fall nicht mehr genügend Gas in den Netzen verfügbar ist“, sagt Dohle.
Vor allem auf Immobilien Bremen werden neue Aufgaben zukommen. Zum Notfallvorsorgeplan gehört unter anderem auch, die Gasversorgung möglichst lange sicherzustellen, etwa durch frühzeitige Einsparungen beim Verbrauch. Herauszufinden, welche Maßnahmen kurzfristig in den Gebäuden, Hallen und Schulen des Landes umsetzbar sind, ist ein Teil der Aufgabe.
In Bremen sind alle Senatsressorts aufgefordert, denkbare Maßnahmen und Prioritäten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich zu identifizieren, etwa welche kritische Infrastruktur zwingend zu versorgen ist. Als Beispiel nennt Bernd Schneider, Sprecher des Sozialressorts, die Pflegeeinrichtungen. Sie könnten nicht wie gewöhnliche Wohnungen behandelt werden, sondern sollten auch bei gedrosselter Gaszufuhr Priorität genießen. „Die Bewohner können eben nicht ein paar zusätzliche Kleidungsstücke anziehen oder sich mehr bewegen, wenn die Temperatur sinkt.“ Allerdings sind damit auch technische Fragen hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeiten im örtlichen Gasverteilnetz verbunden.
Zum Fünf-Punkte-Plan gehören ebenfalls Hilfen für Unternehmen, die ihren Betrieb herunterfahren oder sogar einstellen müssen, sowie soziale Unterstützung, wenn einkommensschwache Haushalte die gestiegenen Energiepreise nicht mehr zahlen können. Bislang gibt es dafür einen von Bremen finanzierten Härtefall-Fonds. Allerdings geht es auch um die Frage, ob und wie sich der Bund an den Kosten solcher Hilfsprogramme beteiligt, ähnlich wie bei den Corona-Hilfen für Unternehmen.
Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) unterstützt ihre Parteikollegin Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke bei dem Vorschlag, ein Moratorium für Strom- und Gassperren zu beschließen, wenn die Rechnungen nicht bezahlt werden können. Zugleich fordert sie die finanzielle Beteiligung des Bundes an solchen Hilfen.