Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

472 Personen im Juni Bremen registriert weniger Flüchtlinge

Ist das schon eine Trendwende? In Bremen werden aktuell – wie in Hamburg – weniger Flüchtlinge registriert. Die Sozialbehörde bewertet die Entwicklung noch zurückhaltend.
19.07.2024, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Bremen registriert weniger Flüchtlinge
Von Jürgen Theiner

Die Zahl der Flüchtlinge, die neu in Bremen ankommen, geht offenbar zurück. Wie stabil dieser Trend ist, wird sich zwar erst im zweiten Halbjahr erweisen, doch aktuell registriert die Sozialbehörde deutlich weniger Zugänge als vor einem Jahr. Trafen im Juni 2023 noch insgesamt 661 Schutzsuchende in Bremen und Bremerhaven ein, so waren es im vergangenen Monat 472.

Das Minus verteilt sich vor allem auf die Herkunftsländer Syrien, Afghanistan und die Ukraine, während die Zugänge vom Westbalkan nahezu stabil blieben. Letzteres gilt auch für die sonstigen Herkunftsländer. Hinter diesem Sammelbegriff verbergen sich vor allem die Türkei, Somalia, der Iran sowie diverse nord- und westafrikanische Staaten. Sie machen ungefähr zwei Fünftel des Gesamtaufkommens aus.

Ressort spricht von "Wellenbewegung"

Eine echte Trendwende mag man in der Sozialbehörde noch nicht konstatieren. Sprecherin Nina Willborn weißt darauf hin, dass in der Statistik der vergangenen Jahre zumeist eine "Wellenbewegung" zu erkennen war, die ihren Scheitelpunkt in den Monaten August, September und Oktober erreichte. In diesen Monaten erreichten oft mehr als doppelt so viele Asylbewerber die Hansestadt wie etwa im Februar, März und April. Im September 2023 musste Bremen binnen vier Wochen gut 1100 Neuankömmlinge einquartieren, was die Grenzen des Machbaren im Grunde überschritt: Das Ergebnis waren eilig aus dem Boden gestampfte Massenunterkünfte wie auf dem Gelände des Klinikums Mitte.

Bremen ist mit dem Rückgang der Flüchtlingszahlen nicht allein. In Hamburg zeigt sich ein ähnliches Bild. Dort sank die Zahl der registrierten Neuankömmlinge im ersten Halbjahr – gemessen am Vorjahreszeitraum – um 28 Prozent. Dort begehrten zwischen Januar und Juni 8269 Menschen Aufnahme. In Bremen waren es 2747. Etwa die Hälfte von ihnen verbleibt in Bremen, der Rest wird in andere Bundesländer weitergeleitet.

Grenzkontrollen als Grund?

Über die Gründe für die Entwicklung lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt lediglich Mutmaßungen anstellen. "Verstärkte Grenzkontrollen des Bundes können natürlich dazu beigetragen haben", so Willborn. Tatsächlich hatte die Bundesregierung die Überwachung des Grenzverkehrs mit Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz im Oktober 2023 intensiviert. Zuletzt wurden die Zügel während der Fußball-Europameisterschaft nochmals straffer gezogen. Auch an den Übergängen zu Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Dänemark gab es nun Kontrollen. Etwa 7700 Personen wurden in diesem Zeitraum an der Einreise gehindert. In mehr als zwei Dritteln der Fälle geschah dies, weil ein früherer Asylantrag der Betroffenen bereits abschlägig beschieden worden war.

Haben die vergleichsweise geringen Zugangszahlen aus dem Frühjahr auch schon zu einer Entspannung in den Aufnahmesystemen von Land und Stadt Bremen geführt? Diese Frage beantwortet die Sozialbehörde mit einem klaren Nein. Nina Willborn: "Die Lage bleibt insgesamt angespannt, vor allem im kommunalen Bereich gibt es nach wie vor zu wenig Plätze."

Dieser Hinweis bezieht sich auf die Zweiteilung des bremischen Aufnahmesystems. Wer als Flüchtling nach Bremen kommt, wird zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht und dort registriert. Die Zentrale Erstaufnahme befindet sich in der früheren Vulkan-Verwaltungszentrale in Vegesack. Weitere Standorte gibt es unter anderem in der Überseestadt.

Volle Übergangswohnheime

Nach kurzem Aufenthalt sollen die Asylbewerber dann eigentlich in Übergangswohnheime wechseln, die von der Stadt Bremen betrieben werden. Doch genau an dieser Stelle hakt es schon seit Längerem. Die Übergangswohnheime sind voll, weil die Bewohner wegen der allgemeinen Wohnraumknappheit lange brauchen, um sich schließlich ganz aus dem staatlichen System zu lösen und auf dem freien Markt eine Bleibe zu finden. Deshalb verbleiben viele Flüchtlinge zunächst auch deutlich länger in den Erstaufnahmeeinrichtungen.

Im Februar beschloss der Senat, die Leichtbauhallen in der Überseestadt noch bis mindestens 2026 zu betreiben. Sie stehen auf einem Gelände an der Birkenfelsstraße. Dieses Provisorium sollte eigentlich zur Jahresmitte 2024 wieder verschwinden, doch bis auf Weiteres kann nicht darauf verzichtet werden.

Lesen Sie auch

Knapp 400.000 Euro Monatsmiete zahlt Bremen allein für die Leichtbauhallen in der Überseestadt – wie die Unterbringung von Flüchtlingen überhaupt eine große finanzielle Belastung für den Sozialhaushalt von Stadt und Land darstellt und in den vergangenen Jahren stark zu dessen überproportionalem Wachstum beigetragen hat.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)