- Wie viele Grundschulen in Bremen bieten Ganztagsbetreuung an?
- Warum liegt Bremen bei den gebundenen Ganztagsschulen vorn?
- Kann Bremen den Rechtsanspruch ab dem Schuljahr 2026/27 erfüllen?
- Wie verlässlich sind die Ganztagsschulen in Bremen?
- Wie gut sind die Schulen baulich auf den Ganztag vorbereitet?
Es ist eine Herausforderung für das Bildungssystem: Alle Kinder, die am 1. August 2026 eingeschult werden, sollen bundesweit das Recht auf eine ganztägige Betreuung erhalten. Die zusätzlichen Bildungs- und Betreuungsangebote am Nachmittag sollen Eltern helfen, Familie und Beruf besser zu vereinbaren und Kindern gute Voraussetzungen zum Lernen schaffen. Der Rechtsanspruch wird schrittweise erweitert, bis alle Grundschulen im Schuljahr 2029/2030 im Ganztagsbetrieb sind. Aktuell ist unklar, ob Bremen den Zeitplan einhalten kann.
Wie viele Grundschulen in Bremen bieten Ganztagsbetreuung an?
52 von 84 Grundschulen in Bremen bieten laut Bildungsressort eine Ganztagsbetreuung an, 36 davon sind gebundene Ganztagsschulen. Das heißt, die Kinder besuchen mindestens 35 Stunden pro Woche die Schule. In diesem Bereich belegt Bremen mit 34 Prozent den bundesweiten Spitzenplatz, sagt Patricia Brandt, Sprecherin des Bildungsressorts. Sie verweist auf einen Bericht der Kultusministerkonferenz von 2022. Im offenen Ganztag steht es den Eltern frei, ihre Kinder anzumelden. Das trifft zurzeit auf 16 Bremer Schulen zu – 2022 waren es laut Bericht noch 24. Laut Brandt nutzen aktuell 14.331 von 21.315 Grundschülerinnen und Grundschülern ganztägige Angebote, darunter auch 460 Kinder in verlässlichen Grundschulen und 2210 Hortkinder. Das entspricht einem Anteil von rund 67 Prozent. Im Vergleich zu Ende 2023 hat sich wenig getan: Damals boten 50 von 82 Schulen eine Ganztagsbetreuung an und die Ganztagsquote lag bei 61 Prozent.
Warum liegt Bremen bei den gebundenen Ganztagsschulen vorn?
Laut Marco Hünecke, Sprecher des Zentralelternbeirats Bremen (ZEB), gibt es zwei Lager in der Elternschaft: Bildungsferne Familien und Doppelverdiener bevorzugten ein Ganztagsangebot, Eltern mit hohem Bildungsniveau seien weniger darauf angewiesen, "weil sie ihre Kinder nachmittags zum Fußball, Kickboxen oder zur Schach-AG schicken". In Großstädten lebten mehr bildungsferne Familien und Doppelverdiener als auf dem Land, sagt Achim Kaschub, Vorsitzender der Schulleitungsvereinigung Bremen. Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) sieht hier den Schwerpunkt: "Schulen in herausfordernden sozialen Lagen erhalten gezielt gebundene Ganztagsangebote – für mehr Chancengerechtigkeit."
Kann Bremen den Rechtsanspruch ab dem Schuljahr 2026/27 erfüllen?
„Bremen ist gut vorbereitet: Wir schaffen alle notwendigen Plätze und Strukturen, damit jedes Kind ab 2026 seinen gesetzlichen Anspruch auf ganztägige Betreuung wahrnehmen kann", sagt Aulepp. Laut Brandt besteht die Herausforderung in den Folgejahren bis 2029. "Für eine qualifizierte Planung ist es schon zu spät", sagt Marco Hünecke. "Wir müssten dieses Jahr schon einige Grundschulen auf den Weg bringen, ich schätze mindestens zehn bis 15", sagt er. "Für gebundene Ganztagsschulen braucht man festes und gut ausgebildetes Personal. Da ist Bremen noch nicht bereit", sagt Dagmar Reinkensmeier vom Vorstand des Personalrats Schulen und Lehrerin in der Grundschule am Halmerweg in Gröpelingen. "Selbst wenn wenige Eltern ihren Rechtsanspruch auf Ganztag anmelden, gibt es nicht ausreichend Fachkräfte", sagt Achim Kaschub. Laut dem Fachkräfte-Radar 2022 der Bertelsmann-Stiftung bestand in Bremen zwischen dem prognostizierten Bedarf und dem voraussichtlichen Angebot eine Lücke von 700 Personen.
Wie verlässlich sind die Ganztagsschulen in Bremen?
Mehrfach mussten Grundschulen ihren Ganztagsbetrieb zeitweise aussetzen, etwa in Gröpelingen und Lüssum. "Man kann also nicht sagen, dass der Betrieb verlässlich ist", sagt Reinkensmeier. Gründe sieht sie in einer zu dünnen Personaldecke. Wenn Angebote an Ganztagsschulen oft ausfielen, seien in erster Linie Kinder in sozial benachteiligten Stadtteilen die Leidtragenden. "Dann muss man sich vielleicht vom gebundenen Ganztag verabschieden. Dann wäre ein offenes Ganztagsangebot ehrlicher", sagt Reinkensmeier. Schulleiter Kaschub zufolge bedeutet Ganztag, Kinder nicht nur zu verwahren, sondern passend zu fördern. Gegen personelle Engpässe setzt das Bildungsressort unter anderem auf Kooperationspartner, wie etwa an der Grundschule Oderstraße, die mit dem SOS-Kinderdorf kooperiert. Man habe die Schulen 2024 um rund 736 Lehrkräfte aufgestockt, hinzu kämen 1066 Referendare seit August 2023 und 48 Quereinsteiger über "Back to School".
Wie gut sind die Schulen baulich auf den Ganztag vorbereitet?
Ganztagsschulen sollen ein gemeinsames Mittagessen anbieten. Laut Patricia Brandt verfügen bisher nicht alle Grundschulen über eine eigene Mensa. "Eine Mittagessenversorgung findet aber trotzdem statt", sagt sie. Wo bauliche Voraussetzungen fehlten, würden Räumlichkeiten von benachbarten Schulen genutzt. Schüler der Grundschule Carl-Schurz-Straße würden beispielsweise im Kippenberg-Gymnasium zu Mittag essen. In der Grundschule Oderstraße würden Schüler das Essen vom Caterer im Klassenraum zu sich nehmen. Von morgens bis nachmittags im Klassenraum zu sein, bedeute für viele Kinder Stress, sagt Reinkensmeier. Darum brauche es zusätzliche Räume für den Ganztag. "Im Hort gibt es Bewegungs- und Ruheräume, die fehlen an vielen Schulen", so Reinkensmeier. Zudem benötigten Lehrer für 35 Stunden Präsenz geeignete Arbeitsplätze in der Schule.