Der Gasverbrauch ist in Deutschland 2023 erneut gesunken. Nach Angaben der Bundesnetzagentur beträgt der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr fünf Prozent. In Bremen stagniert der Verbrauch, liegt aber weiterhin deutlich unter dem Niveau früherer Jahre. Anzeichen dafür, dass es sich um einen langfristigen Trend handeln könnte, sind vorhanden. Andererseits wird das Verhalten der Verbraucher stark von äußeren Einflüssen geprägt. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Wie hat sich der Verbrauch in Bremen entwickelt?
Der Versorger SWB vergleicht den Verbrauch mit dem Mittelwert der Jahre 2018 bis 2021. Nachdem im Jahr 2022 ein Minus von 16,6 Prozent stand, sind es für das Jahr 2023 minus 15,8 Prozent. Heißt: Im vergangenen Jahr haben die Bremer und Bremerinnen minimal mehr Gas verbraucht als 2022. In Bremerhaven beträgt das Minus 10,5 Prozent (2022: 12,7 Prozent). Diese Werte beziehen sich auf Privathaushalte und Kleingewerbe. Besonders viel Gas wurde, verglichen mit den Quartalswerten der Jahre 2018 bis 2021, im dritten Quartal 2023 eingespart. In Bremen waren es 26,8 Prozent, in Bremerhaven 16,5 Prozent.
Wie sieht es in der Bremer Industrie aus?
Die Bremer Industrie hat im vergangenen Jahr ebenfalls deutlich weniger Gas verbraucht als in den Jahren 2018 bis 2021. Im Vergleich zu den Privatkunden fiel der Rückgang bei den SWB-Industriekunden mit 12,7 Prozent etwas geringer aus. Verglichen mit dem Jahr 2022 ist der Verbrauch auch im industriellen Sektor zuletzt wieder leicht gestiegen. Ausnahme ist Bremerhaven, wo SWB einen deutlichen Rückgang verzeichnet. Dies sei auf einen "Sondereffekt" zurückzuführen, erklärt Unternehmenssprecherin Angela Dittmer: Ein großer Kunde habe nicht durchgehend Erdgas abgenommen.
Wie sind die Zahlen einzuordnen?
Einerseits spricht vieles dafür, dass die Menschen ihren Verbrauch weiterhin gezielt einschränken. Die Appelle zum Energiesparen, die nach dem Wegfall russischer Gasimporte das Jahr 2022 geprägt haben, sind nicht verhallt. Die Bundesnetzagentur sieht keine Gasmangellage, mahnt aber weiterhin Sparsamkeit an. Viele Menschen achten zudem aus Kostengründen auf den Verbrauch. Andererseits betont SWB-Sprecherin Dittmer, dass die Vergleiche mit den Vorjahren "nur einen Anhaltspunkt zum wirklichen Verhalten darstellen". Der Erdgasverbrauch sei stark temperatur- und wetterabhängig. 2023 werde als "ausgesprochen warmes Jahr deklariert".
Was berichten andere Versorger?
Der Konzern EWE Netz, der hauptsächlich im Gebiet Ems-Weser-Elbe aktiv ist, verzeichnet beim Gasverbrauch im Vergleich zum Jahr 2022 einen Rückgang von acht Prozent. Haushaltskunden und kleine Gewerbe haben nach Angaben von EWE-Sprecher Dietmar Bücker stärker gespart als die industriellen Abnehmer. Auch Bücker nennt die vergleichsweise milde Witterung als einen Grund für die Einsparungen.
Wie geht es 2024 weiter?
In der aktuellen Kaltwetterphase steigt der Gasverbrauch. Deutschland greift nach Angaben der Bundesnetzagentur seine Reserven an. Die Speicher seien jedoch gut gefüllt. „Auch an den Gasmärkten sind die Teilnehmer entspannt: Die Preise sind in den vergangenen Tagen sogar leicht gefallen, kalte Phasen wie jetzt sind eingepreist“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, der "Rheinischen Post".
Welche Sorgen haben die Bremer Verbraucher?
Bei der Verbraucherzentrale Bremen sorgen die Energiekosten nach wie vor für großen Beratungsbedarf. "Die Lage spitzt sich gerade wieder zu, weil die Entlastungen wegfallen", sagt Inse Ewen. Die Enegieexpertin verweist darauf, dass die Mehrwertsteuer auf den Gaspreis demnächst wieder 19 statt sieben Prozent betragen werde. Auch die CO2-Umlage steige von 30 auf 45 Euro pro Tonne. "Alle Sparbemühungen behalten also weiterhin ihre Bedeutung", betont Ewen. Die Anfragen von Verbrauchern und Verbraucherinnen, die energetische Maßnahmen umsetzen wollen, seien ungebrochen. "Leider steigen auch die Anfragen von Menschen, die ihre Abrechnungen nicht mehr zahlen können", berichtet Ewen.
Was fordern Verbraucherschützer von der Politik?
Bereits zum Jahreswechsel hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) vor einer finanziellen Überlastung der Verbraucher gewarnt. Nach dem Wegfall der staatlichen Energiepreisbremsen müsse ein Musterhaushalt mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden 162 statt 110 Euro für den CO2-Preis zahlen. Die Menschen erwarteten zu Recht einen von der Koalition versprochenen Ausgleich über ein Klimageld, sagte VZBV-Chefin Ramona Pop.