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100 Euro mehr für Strom Das bedeuten die Pläne der Bundesregierung für Bremer Haushalte

Laut dem Paritätischen Bremen treffen die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt Familien und Geringverdiener. Doch es gibt auch Stimmen in Bremen, die die noch höhere CO2-Bepreisung durchaus begrüßen.
15.12.2023, 05:00 Uhr
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Das bedeuten die Pläne der Bundesregierung für Bremer Haushalte
Von Florian Schwiegershausen

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Bremen befürchtet durch die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt 2024 für den sozialen Bereich weitere Spaltungen in der Gesellschaft. „Das ist Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten“, sagte die Vorständin des Paritätischen Bremen, Birgitt Pfeiffer. Wenn die Stromkosten steigen, trifft das laut Pfeiffer vor allem Familien und Geringverdiener, da diese keinerlei Reserven haben: „Zusätzlich haben sie mit weiteren Preissteigerungen zu kämpfen, die Firmen und Dienstleister an die Verbraucher weitergeben.“ Außerdem sei der Betrag für Strom und Elektrogeräte beim Bürgergeld zu niedrig und sollte draufgezahlt werden. Das ursprünglich versprochene Klimageld hätte die Teuerungen besser abgefedert. Das war als sozialer Ausgleich für die steigenden Kosten gedacht. Dafür haben SPD, Grüne und FDP absehbar kein Geld. Pfeiffer kritisiert, dass man stattdessen am Dienstwagen-Privileg festhalte.

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Werden Bürgerinnen und Bürger von der Regierung nun geschröpft? Ein Loch von ungefähr 30 Milliarden Euro galt es zu stopfen. Einer der Ampel-Beschlüsse führt tatsächlich zu höheren Stromkosten für Privathaushalte und viele Firmen: Die sogenannten Netzentgelte in Höhe von 5,5 Milliarden Euro übernimmt der Staat doch nicht – das sind Ausgaben für den Ausbau der überregionalen Elektrizitätsleitungen, die die Verbraucher im Rahmen ihrer Stromrechnungen mitbezahlen. Laut der Vergleichsportale Verivox und Check 24 bedeutet das für Durchschnittshaushalte 100 Euro pro Jahr mehr für Strom. Das kann zehn Prozent der Rechnung ausmachen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer kommt in einzelnen Fällen auf bis zu 17 Prozent Steigerung der Strompreise zulasten von Unternehmen.

Heizen mit Gas wird teurer

Weiter will die Bundesregierung den Kohlendioxidpreis von jetzt 30 auf 45 Euro pro Tonne Gasausstoß erhöhen. Damit steigen die Preise an den Tankstellen, aber auch die Rechnungen der Firmen und Privathaushalte für Heizwärme. Für den Privathaushalt bedeutet das laut Check 24 bei der Gasrechnung etwa 60 Euro mehr pro Jahr. Außerdem läuft auch die Energiepreisbremse zum Jahresende aus, die angesichts sinkender Preise seltener zum Tragen kommt.

Stefan Dohler, Vorstandsvorsitzender des Oldenburger Energiekonzerns EWE, zu dem die Bremer SWB gehört, sieht die Erhöhung des CO2-Preises als „dringend notwendiges Signal, dass der Weg in Richtung klimaneutraler Energieträger und Technologien weiterhin ernsthaft beschritten wird.“ Für Ronald Rose, BMÖ-Geschäftsführer mit 35 Tankstellen, hat die höhere CO2-Bepreisung zwei Seiten: „Das kann einen Anreiz für mehr synthetische Kraftstoffe bedeuten.“ Da herkömmlicher Diesel hier höher besteuert wird als Klimadiesel 90, wird der preisliche Abstand niedriger werden. Rose sieht auf der anderen Seite: „Eine höhere CO2-Bepreisung wird auch die Inflation in die Höhe treiben.“

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Olaf Mittelmann, Geschäftsführer vom Landesverband Verkehrsgewerbe Bremen, sagt: „Von jeder Dieselpreiserhöhung bleibt etwas beim Fuhrunternehmer hängen.“ Zwar haben viele in ihren Kundenverträgen inzwischen eine Preisgleitklausel stehen, doch bei Leerfahrten zahlt den Preis der Unternehmer. Die Erhöhung der Lkw-Maut zum 1. Dezember habe vergleichsweise viel mehr ausgemacht.

Staat übernimmt Netzentgelte

Was 2024 an Entlastungen kommt: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) weist daraufhin, dass die Umlage für Ökostrom, die früher die Stromrechnungen aufblähte, inzwischen aus dem Bundeshaushalt finanziert werde. Einst machte dieses sogenannte Netzentgelt zehn bis 20 Prozent der Stromrechnung aus. Alle Privathaushalte und die meisten Betriebe profitieren von der Reduzierung. Gleichzeitig betont Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), dass die Regierung die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe um weitere drei Milliarden Euro verringern werde.

Entlastend für die Privathaushalte und viele Unternehmern macht sich auch die Senkung der Einkommensteuer bemerkbar, die die Ampelkoalition bereits 2022 beschlossen hatte. Lindners Finanzministerium beziffert die Begünstigung auf zusätzliche 15 Milliarden Euro pro Jahr ab 2024, was je nach Haushalt ein-, zwei- oder dreistellige Ersparnisse monatlich bedeutet. Konkret steigen die Grund- und Kinderfreibeträge. Außerdem greifen die jeweiligen Steuersätze erst bei höheren Verdiensten. Die komplette Wirkung aus Belastung und Entlastung für einzelne Haushalte ist wegen unterschiedlicher Fälle und Faktoren schwierig zu berechnen. Deutlich ist aber, dass die Regierung die Abgabenlast nicht ständig nur nach oben schraubt.

Einer neuen Umfrage der Bertelsmann-Stiftung zufolge sehen 55 Prozent der Bundesbürger durch die Energie- und die Verkehrswende den sozialen Zusammenhalt in Gefahr.

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