Der Schutz der Platanen am Neustädter Deich stand am Dienstag im Mittelpunkt eines Verfahrens am Staatsgerichtshof der Stadt Bremen. Genauer gesagt ging es im Justizzentrum am Wall um die Frage, ob ein Volksbegehren über einen Gesetzentwurf zum Erhalt der Platanen zulässig ist. Urheber der Gesetzvorlage ist die Bürgerinitiative "Platanen am Deich". Dem Senat zufolge erfüllt das Volksbegehren nicht die gesetzlichen Voraussetzungen. Das Gericht solle dies feststellen. Der Prozessauftakt interessierte viele Zuschauer, darunter auch Vertreter der Bürgerinitiative (BI).
Deren Ziel ist es, die Bürger über einen Gesetzentwurf zum Erhalt der 136 Platanen im Abschnitt des Weserdeichs zwischen der Beck’s-Brauerei und dem Rotes Kreuz Krankenhaus abstimmen zu lassen. Nach dem Gesetzentwurf wäre es bis auf wenige Ausnahmen verboten, die Platanen oder Teile von ihnen zu entfernen oder sie zu beschädigen. Die Bürgerinitiative hat auch einen Vorschlag vorgelegt, wie die Platanen erhalten werden können, während gleichzeitig der Deichschutz verbessert werden soll. Demnach soll eine Spundwand hinter der Baumallee den Deich verstärken. Die BI hatte dafür eigens Gutachten erstellt.
Urteil wird im März erwartet
Der Senat begründet seine Position unter anderem damit, dass der Erhalt der Platanen dem Hochwasserschutz entgegenstünde. Die Bäume störten bereits jetzt den Deichschutz. Dieser sei als staatliche Schutzpflicht fürs Leben stärker zu gewichten als der Schutz der Platanen. Zudem seien formale Kriterien im Gesetzentwurf der Bürgerinitiative nicht erfüllt: So fehle etwa ein Finanzierungsvorschlag.
Ein zentraler Kritikpunkt des Senats: Es könnte sein, dass der Gesetzentwurf der Bürgerinitiative im Widerspruch zu Bundesrecht steht. Gemäß § 4, Abs. 1, Nr. 6 des Bundesnaturschutzgesetzes gehe der gewidmete Zweck einer Fläche vor – Naturschutz sei dem untergeordnet, sagte der Vorsitzende Richter. Heißt in diesem Fall: Deichschutz habe hier absoluten Vorrang, weil die Fläche in erster Linie dem Hochwasserschutz diene.
Die Vertrauensperson der Bürgerinitiative führte an, dass § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes ein Verbot der Beschädigung von Landschaft vorschreibe. Ihm zufolge sei es nicht eindeutig, ob § 4 oder § 29 Gesetz hier Vorrang habe. "Das Problem ist, die Allee steht nicht irgendwo, sondern auf einer Hochwasserschutzanlage", so der Richter. Damit trete der Hochwasserschutz erst in den Hintergrund, wenn man die Fläche für diesen Zweck entwidmen würde.
Die BI verwies auf Beispiele aus anderen Bundesländern, bei denen Hochwasserschutz und Naturschutz keine Gegensätze darstellten. So gebe es in Trier am Moseldeich seit 2006 eine Rechtsverordnung, nach der der Baumbestand auf einer Hochwasserschutzanlage als geschützter Landschaftsbestandteil gelte. "Mich hat gewundert, dass das Naturschutzgesetz als Argument gegen den Erhalt der Platanen herangezogen wird", sagte Manuel Salzenberg, der die Verhandlung als Mitglied der Bürgerinitiative verfolgte.
Bis zum Urteil müssen sich alle Beteiligten noch gedulden: Am 11. März um 10 Uhr soll über die Zulassung des Volksbegehrens entschieden werden.