Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Glücksforschung Bremer unzufriedener als andere Großstädter

Die Unzufriedenheit der Bremerinnen und Bremer mit ihrer Stadt ist groß. Zu diesem Schluss kommen Forscher auf Basis einer aktuellen Umfrage. Eine andere Stadt im Norden führt das Ranking der Großstädte an.
07.06.2023, 08:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Bremer unzufriedener als andere Großstädter
Von Sara Sundermann
Inhaltsverzeichnis

Wie misst man Glück? Immer wieder erkunden Wissenschaftler, wie zufrieden Menschen mit ihrem Leben sind und wo die glücklichsten Menschen wohnen. Eine aktuelle Umfrage in zwölf deutschen Städten zeigt: In Bremen leben sie offenbar nicht. Die Stadt belegt bei diesem Glücksranking den drittletzten Platz. In den Bereichen Familie, Gesundheit, Arbeit und Einkommen sind die Bremer demnach unterdurchschnittlich zufrieden. Einzig ihre Wohnsituation beurteilen sie positiver. Noch unzufriedener als in Bremen stuften sich die Befragten nur in Leipzig und Dresden ein.

Die Hamburger sind nach diesen Daten die glücklichsten Großstädter Deutschlands. Die Hansestadt gefolgt von Frankfurt am Main und München führen das Ranking an. Das stellt ein Forscherteam der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg fest. Datenbasis der Forscher ist eine Befragung von 3000 Personen in zwölf Großstädten – davon 250 in Bremen. Die Befragten wurden so ausgewählt, dass sie verschiedene Altersgruppen und Stadtteile vertreten. Das Ranking ist eine Sonderstudie innerhalb des Glücksatlas.

Lesen Sie auch

Womit sind Bremerinnen und Bremer unzufrieden?

Die Befragten wurden zu verschiedenen Aspekten interviewt. Gefragt wurde unter anderem, wie zufrieden sie mit ihrem Einkommen, ihrer Familiensituation, ihrer Gesundheit und ihrer Wohnsituation sind. Mit Blick auf die Stadt wurde zum Beispiel nach einer Bewertung der Sicherheits-, Wirtschafts- und Verkehrssituation gefragt. Bremen schnitt dabei im Vergleich der Städte in allen Bereichen unterdurchschnittlich ab. Besonders unzufrieden sind die Bremer den Forschern zufolge mit dem Wirtschaftsstandort, der Sicherheitslage und dem Kulturangebot.

"Wir messen eigentlich kein Glück, wir messen Zufriedenheit", sagt Bernd Raffelhüschen, Professor für Finanzwissenschaften an der Universität Freiburg, der das Forschungsprojekt leitet. Und für die Zufriedenheit sei die Ausgangssituation in Bremen nicht besonders günstig. "Es gibt in Bremen enorm viele Langzeitarbeitslose, viele Arbeitslose, viele Menschen, die aus der Misere nicht rauskommen."

Was bewerten die Befragten positiv?

Bremen biete in einigen Bereichen eine gute Lebensqualität, es gebe viele Erholungsgebiete, und mit dem Fahrrad komme man in der Stadt zügig voran, stellt das Forscherteam mit Blick auf Daten zu den zwölf Städten fest. Doch das Urteil der Befragten falle auch hier oft negativ aus, so Raffelhüschen: "Objektiv hat Bremen zum Beispiel mit die größten Naherholungsgebiete, das wird aber subjektiv anders wahrgenommen."

Positiver bewerteten die Bremer ihre Wohnsituation: "Die Mietpreise sind in Bremen für eine Großstadt relativ günstig, hier ist der Anteil an Ein- und Zweifamilien-Häusern auch deutlich höher als in vielen anderen Städten – und viele wollen gerne in solchen Häusern wohnen", sagt Raffelhüschen.

Auch ihre Zuversicht lassen sich viele Bremer nicht nehmen: "Gemessen an den geringen Zufriedenheitswerten sind die Bremer in weiten Teilen der Bevölkerung noch optimistisch", stellen die Wissenschaftler fest. 41 Prozent der Befragten glauben, dass es ihnen in fünf Jahren besser gehen wird. Vier von zehn Bremer Befragten würden ihre Stadt einem Bekannten empfehlen.

Was macht Menschen glücklich?

Die größte Bedeutung hat bei der aktuellen Befragung laut den Freiburger Forschern, wie zufrieden die Befragten mit ihrem Einkommen sind und wie sie ihre Stadt als Wirtschaftsstandort bewerten. Auch das Zusammengehörigkeitsgefühl sei ein wichtiger Faktor.

"Das Glück wird schon seit der Antike erforscht, das gute Leben interessiert die Leute von Anfang an", sagt die Soziologin und Glücksforscherin Hilke Brockmann von der Bremer Constructor-University. Eine Forschung zum Wohlbefinden mit psychologischem Blick gebe es verstärkt seit den Siebzigern. Brockmann beschreibt: "Internationale Forschung zeigt, dass es verschiedene Achsen gibt, die man zum Glücklichsein braucht." Sie benennt drei Achsen: Materielle Sicherheit, soziale Beziehungen und das Gefühl der Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens. "Jeder hat vielleicht sein eigenes privates Glücksrezept, aber alles spielt sich auf diesen Achsen ab", sagt Brockmann.

Lesen Sie auch

Mit Blick auf die Bremer Werte in der aktuellen Befragung sagt Brockmann: "Mich wundert nicht, dass man mit Bremen ein bisschen unzufrieden ist - ich sehe persönlich auch viel Luft nach oben bei der Stadtentwicklung, beim Bau neuer Quartiere und bei den Einkaufsmöglichkeiten." Sie blickt aber auch auf die Sozialstruktur der Stadt: „Wo es viele Arbeitslose gibt, hat man viele frustrierte Menschen, viele geplatzte Träume. Und die Arbeitslosigkeit ist in Bremen höher als in vielen anderen Städten", sagt Brockmann. "Arbeitslosigkeit ist ein wahnsinnig negatives Erlebnis, einerseits materiell und andererseits wegen der sozialen Isolation - man wird rausgezogen und isoliert." Auch Gesundheit sei eine Grundvoraussetzung für ein glückliches Leben, betont Brockmann: "Wir haben in Bremen eine große soziale Spreizung." In den ärmeren Stadtteilen gebe es mehr Menschen, die krank sind.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)