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Erste Bilanz nach drei Jahren Housing First Bremen: 33 Obdachlose finden dauerhaft Wohnung

Bremens Projekt Housing First hilft Obdachlosen in eine eigene Wohnung. Doch fehlende Ressourcen bremsen den Erfolg, denn es könnten wohl mehr sein. Das Nadelöhr ist allerdings nicht mangelnder Wohnraum.
26.09.2024, 05:00 Uhr
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Housing First Bremen: 33 Obdachlose finden dauerhaft Wohnung
Von Timo Thalmann

Mindestens 33 Menschen haben in Bremen aufgrund des Projektes Housing First mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dauerhaft den Sprung aus der Obdachlosigkeit in eine eigene Wohnung geschafft. Bei weiteren sieben ist das nicht gelungen, aber das lag kaum an Housing First. Vier davon sind seit dem Start des Projekts im Jahr 2021 verstorben, eine Person musste eine Haftstrafe antreten, ein Teilnehmer schied aus dem Projekt aus, weil er auf eigene Faust eine Wohnung fand. Nur in einem Fall kam es zur Zwangsräumung der Wohnung. So ist es dem Evaluationsbericht von Housing First zu entnehmen, der drei Jahre nach Projektstart an diesem Donnerstag in der Sozialdeputation ein Thema ist.

Für wen ist Housing First gedacht?

Housing First ist ein Programm für Obdachlose mit sehr komplexen Problemlagen, die zumeist schon längere Zeit auf der Straße leben und die Quartiere und Anlaufstellen der Wohnungslosenhilfe meiden. Auch von den anderen Hilfsangeboten machen sie keinen Gebrauch. Die Betroffenen haben vielfach Sucht- oder psychische Erkrankungen, waren häufiger im Gefängnis – vielfach wegen unbezahlter Geldstrafen – oder sind wegen ungenügend behandelter chronischer Erkrankungen nicht selten in schlechter körperlicher Verfassung. Die bürokratischen Hürden, um eine Wohnung ohne Hilfe zu mieten, erscheinen ihnen oft unüberwindbar.

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Was unterscheidet Housing First von anderen Hilfen für Wohnungslose?

Die eigene Wohnung steht hier nicht am Ende, sondern am Anfang der Unterstützung. Der Betroffene muss nicht erst in Einrichtungen oder Sonderwohnformen für Obdachlose seine "Wohnfähigkeit" nachweisen, sondern es genügt sein Wille, nach einem Einzug mit pädagogischen Betreuern und Sozialarbeitern zu kooperieren. Dahinter steckt die Annahme, dass ein sicheres Dach über dem Kopf Kräfte freisetzt, um alle übrigen Probleme anzugehen. Dabei gilt das Prinzip einer strikten Trennung von Wohnung und Unterstützung. Wer im Laufe der Zeit wohnbegleitende Hilfen ablehnt, muss nicht um seine Wohnung fürchten – und umgekehrt führen Wohnungsverlust und Wohnungswechsel nicht zum sofortigen Abbruch der Hilfe.

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Sind 33 Wohnungslose weniger nach drei Jahren Projektlaufzeit ein Erfolg?

Aus Sicht der Betroffenen mit Sicherheit. Aus Sicht der beiden Trägervereine des Projekts, Wohnungshilfe Bremen und Hoppenbank, hätte man gern mehr Wohnungslosen geholfen. Im ursprünglichen Konzept war mal von 30 Probanden pro Jahr die Rede. Das wären mehr als doppelt so viele, wie bislang tatsächlich betreut werden konnten. Als Nadelöhr erwies sich vor allem der hohe Bedarf an Betreuung nach erfolgreicher Wohnungsvermittlung. Den hatte vor allem das Sozialressort als Geldgeber des Vorhabens niedriger eingeschätzt. Hinzu kam viel personeller Wechsel bei der eigens von den beiden Vereinen gegründeten gemeinnützigen Unternehmergesellschaft Housing First. Der Grund: Als befristetes Projekt konnten keine unbefristeten Arbeitsverträge vergeben werden, sodass Pädagogen und Sozialarbeiter im Projektverlauf immer wieder auf dauerhafte Arbeitsplätze anderswo gewechselt sind. Das hat die kontinuierliche Begleitung der Wohnungslosen erheblich erschwert. Genügend Wohnraum für das Projekt zu finden erwies sich dagegen als die kleinere Herausforderung.

Wie geht es weiter mit Housing First?

Wie Housing First von einem befristeten Projekt zu einem regelhaft finanzierten Angebot der sozialen Hilfe werden kann, ist aktuell ungeklärt. Bis Ende des Jahres 2024 wird dazu ein Gutachten erwartet, das das Land Berlin in Auftrag gegeben hat. Bundesweit existieren rund 50 ähnliche Projekte, die derzeit allesamt befristet laufen.

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