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Im Auftrag des Landes Bremen Käferspürhund Otto kontrolliert Holzimporte auf Schädlinge

Auf der Fahndungsliste stehen der Asiatische Laubholzbockkäfer und der Citrusbockkäfer - die eingeschleppten Schädlinge können Laubwälder vernichten. In Bremen ist ihnen Käferspürhund Otto auf der Spur.
01.12.2023, 05:00 Uhr
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Käferspürhund Otto kontrolliert Holzimporte auf Schädlinge
Von Sabine Doll
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Es gibt fast nichts, was Hunde nicht riechen können. Dazu gehören auch Drogen oder Sprengstoff und sogar Anzeichen für Erkrankungen wie Diabetes, Krebs oder Covid. Labrador-Retriever Otto ist Spezialist auf einem weiteren Gebiet: Er kann winzigste Spuren des Asiatischen Laubholzbockkäfers und des Citrusbockkäfers erschnüffeln. Dies macht den sechsjährigen Rüden zu einem potenziellen Retter der Wälder.

Seit Juni vergangenen Jahres ist Otto als "dienstlich geführter Privathund" – so der Behördenjargon – für die Pflanzengesundheitskontrolle im Land Bremen im Schnüffel-Einsatz. Otto ist ausgebildeter und zertifizierter Käferspürhund. Sein Auftrag: Verpackungs- und Stauholz, das über die Häfen ankommt, auf Spuren der Käfer oder Larven abzusuchen.

Um welche Holzlieferungen konkret geht es?

"Viele Güter werden für den Transport auf Paletten gestellt, in Kisten verpackt oder mit Stauholz gegen Verrutschen im Container gesichert", erklärt Kirstin Haunhorst, Leiterin des Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienstes (LMTVet), zu dem Pflanzenschutzdienst gehört. "Für diese Verpackungen wird minderwertiges Holz verwendet, das vor der Ausfuhr nicht immer so gegen Schädlinge behandelt oder kontrolliert wird wie vorgesehen. Ganz oben auf der Fahndungsliste stehen der Asiatische Laubholzbockkäfer und der Citrusbockkäfer. Sie können ganze Laubwälder vernichten.

Was macht die Käfer so gefährlich?

"Die ursprünglich aus Asien stammenden Käfer haben hier keine natürlichen Feinde, und die Winter in Europa können sie problemlos überleben", erklärt Haunhorst. Als Risikoländer gelten laut der Amtsleiterin China, Taiwan, Korea, Libanon, Kanada und die USA. Beide Käferarten befallen nach ihren Worten gesunde Laubbäume, insbesondere Ahorn, Kastanie, Birke, Esche, Pappel, Weide oder Linde. Laubbäume, die in Deutschland häufig vorkommen: in Wäldern, Parks, auf Friedhöfen, an Straßen oder in Gärten.

Welche Schäden richten die Käfer und Larven an?

Die Käfer legen ihre Eier in die Rinde ab, aus ihnen schlüpfen Larven, die sich in ihrer Entwicklungsphase immer tiefer in Äste und Stamm fressen. Die fertigen Käfer schlüpfen schließlich durch ein Ausbohrloch. Laut Experten können mehr als 20 Larven in einem Baum fressen. Die Folge: Äste können herunterbrechen, der Baum kann absterben. Die Bäume seien zudem durch andere Krankheiten, etwa durch Pilze, gefährdet. "Die Schäden sind immens", betont Haunhorst.

Was geschieht bei einem Befall?

"Weil es keine anderen Maßnahmen gibt, müssen befallene Bäume gefällt und sofort vor Ort vernichtet werden – und nicht nur diese. Dafür gibt es EU-Vorgaben", so die Amtsleiterin. Auch sämtliche Laubgehölze in einer Befallszone mit einem Radius von 100 Metern fallen der Säge zum Opfer. Bremen sei davon bislang verschont geblieben. In anderen Bundesländern wie Bayern sei dies bereits der Fall gewesen.

Wie wird Otto eingesetzt?

Der Labrador-Retriever ergänzt das Team der Pflanzengesundheitsinspektoren in Bremerhaven – dort, wo die Lieferungen im Hafen ankommen. Während die Kontrolleure mit bloßem Auge nach Bohrlöchern, Larven sowie Käfern suchen oder spezielle Fallen aufstellen, setzt Otto seine Nase ein. "Otto kann winzigste Spuren und jedes Stadium der Schädlinge erschnüffeln. Eier, Larven, Käfer sowie Speichelrückstände an Spänen. Außerdem müssen die Paletten nicht entladen werden, er wird zwischendurch geführt. Das ist wesentlich effektiver", erklärt Haunhorst.

Trotz Spaß und Freude an seinem Behörden-Job hat auch Otto seine Grenzen: Maximal drei Tage in der Woche und zweimal am Tag sind Patrouillen möglich. Zwischen den etwa 30-minütigen Schnüffelkontrollen muss eine längere Erholungspause liegen. "Die Einsätze sind anstrengend, mit dem Sprint eines Läufers vergleichbar", beschreibt die Amtsleiterin. Um einen Fund anzuzeigen, würde Otto plötzlich in seiner Bewegung verharren. Im echten Einsatz ist das noch nicht passiert, dafür aber regelmäßig im Training.

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Wie wird der Käferspürhund für die Einsätze trainiert?

"Wir haben Referenzmaterial aus einer Käferzucht für das Training bekommen", berichtet Ottos Halterin Astrid Freers. "Das ist spezielles Befallsmaterial, das zwar keine Insekten oder Insektenstadien mehr enthält, aber den spezifischen Geruch aufweist." Dies seien etwa Nagespäne, Holz mit Bohr- und Fraßgängen, Aststücke mit Eier-Ablagestellen sowie spezielle Filter mit reinem Larvengeruch. Diese werden laut Freers etwa an Bäumen, in Holzstapeln, Schnittguthaufen und Verpackungsholz versteckt. "Jeder Fund wird mit ganz viel Hurra bestätigt. Dadurch bleibt die Motivation hoch und Otto kann dann auch Frustrationen aushalten, wenn er im echten Einsatz nichts findet."

Wird auch abseits des Hafens kontrolliert?

Das Bremer Amt führt eine Risikowarenliste: Dazu zählen laut Haunhorst vor allem Steine, Fliesen und Metallteile, die meist in minderwertigen Hölzern verpackt seien. "Neben den Umschlagsbetrieben im Hafen werden Baumärkte, Steinhändler, aber auch Baumschulen, Gartencenter und ihre Umgebung kontrolliert."

Zur Sache

Invasive Arten als Gefahr

"Das ist ein veritables Problem", sagt Bürgerpark-Direktor Tim Großmann. "Wir haben große Sorge, dass eines Tages der Asiatische Laubholzbockkäfer den Park erreicht. Die Folgen wären dramatisch." Laut Großmann geht aber nicht nur von den Käfern eine Gefahr für Wälder und Ökosysteme aus. "Durch den globalen Handel und dazu noch den Klimawandel mit milden Wintern etablieren sich immer mehr invasive Arten bei uns", so Großmann. Dazu gehöre etwa der Eichenprozessionsspinner, der eine Bedrohung für die Eichenbestände sei. Oder auch die aus Asien stammende Kirschessigfliege, die seit Jahren schwere Schäden im Obst- und Weinbau anrichte. "Eine Gefahr für Bäume sind auch Pilze, Viren und Bakterien, die sich über den Handel ausbreiten. Das Problem ist akut, von der Politik wurde es bisher aber noch nicht richtig aufgegriffen", so Großmann.

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