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Sorge vor Infektsaison Kinderärzte warnen vor Grippe- und RSV-Welle in Bremen

Grippe, RSV und andere Atemwegsinfekte: Auch in diesem Winter droht laut Kinderärzten eine Infektwelle. Wann die Grippeimpfung empfohlen wird und warum ein Mittel gegen RSV-Infektionen kaum eingesetzt wird.
30.10.2023, 05:00 Uhr
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Kinderärzte warnen vor Grippe- und RSV-Welle in Bremen
Von Sabine Doll

In den nächsten Wochen werden mutmaßlich auch in Bremen und Niedersachsen viele Kinder an Erkältungen, Grippe und Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) erkranken, manche schwer. Im vergangenen Winter gerieten Kliniken und Praxen an die Grenzen.  Daten aus Australien weisen darauf hin, dass die Grippewelle vor allem Kinder trifft.

Was bedeutet das für die Influenzasaison in Deutschland?

Die meisten Infektionen in Australien gab es demnach bei der Altersgruppe der Fünf- bis Neunjährigen, gefolgt von den Null- bis Vierjährigen und an dritter Stelle den Zehn- bis 14-Jährigen. Auch der Anteil der Kinder, die im Krankenhaus und auf Intensivstationen behandelt werden mussten, war höher, berichtete die australische Zeitung "Guardian". "Es ist immer ein wenig Spekulation. Australien ist aber schon ein wichtiger Indikator, weshalb wir mit Sorge auf die gesamte Saison blicken. Insbesondere auch, was die Versorgungskapazitäten betrifft", sagt Stefan Trapp, Vorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Bremen.

Wie verläuft Grippe bei Kindern?

Kinder seien meist nur selten schwer betroffen, bei hohen Infektionszahlen gebe es anteilig aber auch mehr schwerere Verläufe. Hinzu komme das Risiko anderer Infekte. „Wir sehen gerade wieder vermehrt Coronainfektionen. Das ist an sich nicht schlimm, könnte aber bei Co-Infektionen mit der Grippe gefährlich werden“, sagte BVKJ-Bundessprecher Jakob Maske dem „Spiegel“. Auch bei anderen Erregern wie Adenoviren oder RSV könne es passieren, dass sich ­Kinder zeitgleich mit Grippe ansteckten und so schwer erkrankten, dass sie stationär behandelt werden müssten. Durch die Pandemie-Schutzmaßnahmen hätten Kinder fast drei Jahre lang keine Kontakte mit vielen Erregern gehabt, sodass es vermutlich zu einem Nachholeffekt gekommen sei, so Trapp. „Dieses Risiko besteht auch in diesem Winter.“

Sollten Kinder gegen Grippe geimpft werden?

Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) gibt es für Kinder mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf. Dazu zählen chronische Atemwegserkrankungen wie Asthma, Diabetes, andere Stoffwechsel- sowie Herz- und Kreislaufleiden und solche, die das Immunsystem schwächen. Die "Ärzte-Zeitung" zitiert aus einer Analyse, dass die Impfrate in diesen Gruppen vier Prozent betrage – eine Indikation liege bei etwa 40 Prozent der Kinder vor. Geimpft werden kann ab sechs Monaten. Kinder gelten laut Trapp als Motor des generellen Grippe-Infektionsgeschehens, obwohl sie meist nicht schwer erkrankten. Sie können Eltern oder chronisch erkrankte Großeltern anstecken, die ein erhöhtes Risiko haben. "Insofern kann das auch eine Indikation für die Impfung sein, die gut verträglich ist", so Trapp.

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Was hat es mit dem neuen Mittel zum Schutz vor RSV auf sich?

In den ersten drei Lebensjahren infiziert sich laut Studien fast jedes Kind mit RSV, bei den meisten mit einem milden Verlauf. Säuglingen und Kleinkindern könne RSV aber gefährlich werden. RSV-Infektionen sind der häufigste Grund, warum Kinder im ersten Lebensjahr ins Krankenhaus müssen. „Die feinen Verästelungen in den Atemwegen schwellen stark zu, werden durch Schleim blockiert, die Kinder bekommen nicht genug Sauerstoff“, erklärt Trapp. Frühgeborene, Kinder mit Lungenfehlbildungen oder angeborenem Herzfehler hätten ein erhöhtes Risiko. Der Wirkstoff Nirsevimab, der 2022 in der EU zugelassen und seit diesem September in Deutschland verfügbar ist, wird einmalig gespritzt, vor dem ersten Kontakt der Säuglinge mit dem Virus. Ein bereits seit Längerem verfügbares Mittel muss fünfmal gespritzt werden. Das neue Antikörper-Präparat senkt laut Studien das Erkrankungsrisiko auch für späte Frühgeborene und zum Termin geborene Kinder, dass sie ärztliche Hilfe benötigten, um etwa 70 Prozent. Daher sei es zum Schutz aller Kinder in ihrer ersten RSV-Saison zugelassen.

Warum wird es kaum eingesetzt?

„Noch ist nicht einmal klar geregelt, ob ­Nirsevimab bei Hochrisikokindern erstattet werden kann“, kritisierte Martin Wetzke von der Medizinischen Hochschule Hannover in der „Zeit“. In Spanien empfiehlt die Behörde die Prophylaxe allen Säuglingen, die vor der RSV-Saison im November sechs Monate und jünger sind. In Deutschland fehlt eine Empfehlung als Basis für die Erstattung seitens der gesetzlichen Kassen. „Einzelne Kassen übernehmen die Kosten für die Prophylaxe mit dem neuen Antikörper-Präparat bereits unabhängig davon“, sagt Stefan Trapp. Diese liegen bei etwa 1350 Euro.

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