Sie wollte etwas verändern – das muss man Maike Schaefer zugutehalten, wie ja den Grünen insgesamt. Sie sind die Partei, die nicht nur den Status quo verwalten will, so wie es die Merkel-CDU 16 Jahre lang getan hat. Die Grünen haben den Ehrgeiz, wirklich Politik zu betreiben. Also die Gesellschaft zu gestalten, wo andere Parteien nur auf Sicht fahren und bei den Bürgern möglichst wenig anecken wollen.
Diesen Gestaltungsanspruch hatte auch die scheidende Bau-, Verkehrs- und Umweltsenatorin Maike Schaefer. Nach nur vier Jahren ist alles vorbei. Dass Schaefer und ihre Partei vor einem Scherbenhaufen stehen, ist erklärungsbedürftig. Denn am gleichen Abend, an dem über die Grünen in Bremen ein Desaster hereinbrach, feierten sie andernorts Erfolge. Bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein legten sie zu und stiegen in der Großstadt Kiel sogar zur stärksten Kraft auf.
Auf der Suche nach den Gründen für diesen scharfen Kontrast landet man leider recht schnell bei der Person Maike Schaefer. Bei ihrem Auftreten, den handwerklichen Fehlern, der Leistungsbilanz.
Letztere enthält einerseits Vorzeigbares. Schaefer leitete in Bremen den Kohleausstieg bei der Stromerzeugung ein und wirkte auf bundespolitischer Ebene am 49-Euro-Ticket mit. Auch das von Rot-Grün-Rot entwickelte, 2,5 Milliarden Euro schwere Klimaschutzpaket trägt in Teilen ihre Handschrift. Diese Erfolge wurden jedoch komplett überdeckt von missratenen Projekten wie dem Verkehrsversuch in der Martinistraße. Er wurde von viel Marketing-Firlefanz begleitet, aber in der Stadtgesellschaft als Rohrkrepierer wahrgenommenen. Von den drei Fahrradbrücken, die schon in der vorangegangenen Legislaturperiode angekündigt wurden, ist bis heute nichts zu sehen. Der Umbau des Walls zu einer partiellen Fahrrad-Premiumroute ist bis heute umstritten und kann nicht aufwiegen, dass sich das vorhandene Fahrradnetz teilweise in einem miserablen Zustand befindet.
Parteibasis hätte mehr Vorzeigbares erwartet
Viele an der Parteibasis und in der grünen Wählerschaft hätten von Schaefer mehr Vorzeigbares erwartet, gerade im Bereich der Verkehrswende. Doch an dieser Front gab es auch viel Widerstand. So torpedierte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) Schaefers Versuche, den Parkraum in den innenstadtnahen Wohnstraßen drastisch zu reduzieren. Auch in den Quartieren artikulierte sich Widerstand. Den einen gingen die Pläne der Verkehrssenatorin zu weit, den anderen nicht weit genug.
In diesem Spannungsfeld hätte es einer Person bedurft, die über ein ausgleichendes Naturell verfügt, über eine positive, integrative Ausstrahlung. Doch damit konnte Maike Schaefer nicht dienen. Bei Widerspruch oder abweichendem fachlichen Rat wurde sie schnell unwirsch, witterte gar Verrat. In ihrem dienstlichen Umfeld bekamen das einige zu spüren, sodass auch auf der Führungsetage der Umweltbehörde eine beständige Fluktuation zu verzeichnen war. Am Ende stand die Senatorin auf verlorenem Posten – in der Öffentlichkeit angefeindet, in Partei, Fraktion und eigener Behörde mit schwindendem Rückhalt. Schaefers Rückzug war deshalb konsequent, auch um die persönliche Integrität nicht zu gefährden. Er kam gerade noch rechtzeitig. Den anschwellenden Sturm in der Partei hätte die einstige Hoffnungsträgerin nicht überstanden.
Mit Schaefers Abgang kann es indes nicht sein Bewenden haben. Die gesamte Parteiführung braucht eine Runderneuerung. Denn die Personalie Schaefer mag zwar zuletzt ein großes Problem gewesen sein. Sie kann aber allein nicht erklären, warum die Bremer Grünen seit vielen Jahren ihr Potenzial nicht annähernd ausschöpfen. In einer eher links tickenden Großstadt, in der das grüne Milieu kulturell prägend geworden ist, müsste für die Partei entschieden mehr drin sein als die mageren zwölf Prozent, die es am 14. Mai geworden sind. Die Grünen müssten bei Wahlen in Bremen normalerweise mit Aussicht auf Erfolg nach dem Rathaus greifen können. Sie und nicht die CDU sind die eigentliche Bedrohung der Vormachtstellung der SPD. Aber nicht in ihrer gegenwärtigen Verfassung.