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Verbraucherschutzbericht Viele Verstöße und Mängel in Bremer Imbissen

Der Verbraucherschutzbericht 2020 listet zahlreiche Verstöße im Umgang mit Lebensmitteln auf, obwohl wegen Corona weniger kontrolliert wurde als im Vorjahr. Er nennt auch eine Ursache für die Mängel.
09.04.2022, 05:00 Uhr
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Viele Verstöße und Mängel in Bremer Imbissen
Von Joerg Helge Wagner

Wenn Bremens Lebensmittelkontrolleure zu Besuch kommen, stellen sie sehr oft auch Verstöße und Mängel fest. 1793 Restaurants, Kantinen, Imbissstände wurden 2020 kontrolliert und bei 69 Prozent dieser Betriebe gab es auch Beanstandungen. Kaum besser sah es bei den Einzelhändlern aus: 50,5 Prozent der 925 untersuchten Geschäfte hatten Mängel. Bei den "Herstellern auf Einzelhandelsstufe" waren es etwas mehr als 59 Prozent. Die Auswertung für 2021 läuft noch beim Gesundheitsressort.

In den allermeisten Fällen geht es um Verstöße gegen Hygienevorschriften, weit seltener sind unkorrekte Kennzeichnung oder eine nicht vorschriftsmäßige Zusammensetzung von Lebensmitteln. Da werden Fische lose in Tiefkühltruhen aufbewahrt oder Gemüse und Fleisch auf derselben Waage ohne Zwischenreinigung abgewogen. Der Verbraucherschutzbericht 2020 beklagt etwa "das Aufstecken von Hähnchen in nicht geeigneten, z.B. in verschimmelten Räumen" und schildert drastische weitere Beispiele.

So musste ein "inhabergeführter Lebensmitteleinzelhandel" von Juli bis Dezember 2020 insgesamt acht mal aufgesucht werden, bis Hygienemängel so weit abgestellt waren, dass ein eingeschränkter Betrieb weiter möglich war. Im Fleischtresen wurden zu hohe Temperaturen für Innereien und Geflügel gemessen, im Spülbereich wurde das Schmutzwasser einfach in einen Eimer abgeleitet, Wände und  Fußboden waren stark verunreinigt. Einige Baumängel wurden auch noch festgestellt.

Die Kontrolleure entdeckten bei einem weiteren Besuch "graue, schmierige Rindfleischabschnitte" und ein vakuumiertes Rinderfilet, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum vor einem Dreivierteljahr abgelaufen war - alles sollte noch zu Hackfleisch verarbeitet werden. Ein neuer, angeblich fachkundiger Mitarbeiter konnte einen übersetzten Gewerbeschein aus Kabul vorweisen, der aber ein Logo der "Gewerkschaft für Damenfriseure" trug. Das Drama endete mit einem Bußgeldverfahren und schließlich einer teilweisen Wiedereröffnung der Fleischabteilung - ohne Erlaubnis, Hackfleisch herzustellen.

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Dies sei "kein Einzelfall in der Überwachung", vermerkt der Bericht. Er schildert eine Bäckerei, die flächendeckend von Mäusekot und -urin verunreinigt war. Man stellte einen "Anfraß von verschiedenen verpackten Lebensmitteln" fest und notierte, dass keinerlei Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen "verhinderten, dass durch Hinterlassenschaften von Mäusen nachteilig beeinflusste Lebensmittel den Verbraucher erreichten." Hier endete das Verfahren nach einem halben Jahr mit einem Bußgeld von 15.000 Euro und Geschäftsaufgabe.

Schneller und billiger ging es bei einem Imbiss-Betreiber, der im August bei fast 20 Grad Außentemperatur Grillhähnchen, Zaziki und Pommes frites in einem Auto ohne Kühlvorrichtung transportierte. "Begünstigende Umstände für das Wachstum mikrobieller Keime", rügten die Kontrolleure. Die Lebensmittel wurden im Beisein der Polizei vernichtet, ein Bußgeld kam obendrauf.

Der amtliche Bericht warnt, dass das Problem seit Jahren größer wird: In vielen, vor allem kleineren Unternehmen fehle "das Verständnis für die Behandlung von Lebensmitteln sowie die fachliche Kompetenz". Das gelte überwiegend für Betriebe "mit nicht konventionellen Lebensmitteln bzw. Lebensmitteln überwiegend aus Drittländern außerhalb der Europäischen Union". Professionelle Schädlingsbekämpfung etwa müsse hier oft erst auferlegt werden. Wo ausgebildete Mitarbeiter ihr Fachwissen engagiert anwenden, gebe es selten Beanstandungen: in Großküchen von Gemeinschaftseinrichtungen, etablierten Hotels und Restaurants.

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"Das Problem ist, dass aufgrund der Gewerbefreiheit jede Person ohne eine fachliche Eignung ein Lebensmittelunternehmen gründen kann", schreiben die Autoren und sind sich bewusst, dass hier Grundrechte berührt sind. Zwar werde die Gewerbefreiheit eingeschränkt durch staatliche Konzessionen, die etwa für Gaststätten mit Alkoholausschank erforderlich sind. Für Fleischereien, Bäckereien oder Imbisslokale ohne Alkoholausschank reiche jedoch eine Gewerbeanmeldung, Qualifikationen müssten nicht nachgewiesen werden.

Angesichts des erhöhten Kontrollbedarfs beklagen die staatlichen Überwacher auf ihrer Seite einen "akuten Fachkräftemangel" und "unzureichende Möglichkeiten, sich fachlich weiter zu qualifizieren". Positiv erwähnen die Autoren des Berichts, dass 2020 die behördenübergreifenden Kontrollen, etwa mit der Gewerbeaufsicht oder dem Ordnungsamt, "ein Erfolg waren". Dies sollte ausgebaut werden.

Wer bei Hygiene nicht nur an Küchen, sondern auch an Sanitäranlagen denkt, muss auf staatlichen Verbraucherschutz indes weitgehend verzichten. "Standardkontrollen gibt es nur in Gemeinschaftseinrichtungen wie Krankenhäusern, Kitas und Schulen", sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Bremer Gesundheitsbehörde. Für die Gastronomie oder auch Veranstalter gelte dies nicht.

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