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Schlappe für Maike Schaefer Bremer Grüne beschädigen ihre Spitzenkandidatin

Die Bremer Grünen machen sich selbst das Leben schwer: Bei der Aufstellung der Bürgerschaftsliste wird Spitzenkandidatin Maike Schaefer abgestraft. Sie geht nun geschwächt in den Wahlkampf.
04.12.2022, 19:27 Uhr
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Bremer Grüne beschädigen ihre Spitzenkandidatin
Von Jürgen Theiner

Umweltsenatorin Maike Schaefer zieht als Spitzenkandidatin der Grünen in den Bürgerschaftswahlkampf, aber tut das mit einem Handicap. Denn bei der parteiinternen Abstimmung über Listenplatz eins wurde Schaefer am Sonnabend ein Ergebnis zuteil, das an ein Misstrauensvotum grenzt: Nur 129 der 177 Stimmberechtigten konnten sich zu einem Ja durchringen, 34 Mitglieder stimmten mit Nein, 14 weitere enthielten sich.

Ganz überraschend kam das nicht. Schon bei einem Sonderparteitag im September, bei dem die Spitzenkandidatur einziges Thema war, hatte die 51-Jährige ein ähnliches maues Ergebnis einfahren. Vielleicht hat sie nach diesem Denkzettel gehofft, bei der eigentlichen Listenaufstellung besser abzuschneiden – doch weit gefehlt.

Es gibt bei den Grünen einen harten Kern von Schaefer-Kritikern, die sowohl mit der Leistungsbilanz als auch mit dem Auftreten der Senatorin unzufrieden sind. Diese Gegnerschaft hat sich am Wochenende erneut manifestiert.

Maike Schaefer startet ohne den nötigen Rückenwind

73 Prozent Zustimmung, das ist alles andere als der Rückenwind, den eine Spitzenkandidatin braucht. Und ein solches Ergebnis hat es bei den Grünen auch in anderen Bundesländern in jüngerer Zeit nicht gegeben. Niedersachsens Listenführerin Julia Willie Hamburg wurde vom Landesparteitag mit 91,9 Prozent ins Rennen geschickt; Bettina Jarasch erhielt von den Berliner Grünen für die Wahl zum Abgeordnetenhaus ein Vertrauensvotum von 92,5 Prozent; Monika Heinold (Schleswig-Holstein) bekam bei der Nominierungsversammlung gar 96 Prozent Ja-Stimmen.

In Bremen dagegen kann sich mehr als ein Viertel der Basis nicht mit der Spitzenkandidatin anfreunden. Mehr noch: Alle weiteren Bewerber bis Platz sieben, die sich wie Schaefer keiner Kampfabstimmung stellen mussten, erreichten am Sonnabend teils deutlich höhere Zustimmungswerte als die Listenführerin.

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In den kommenden Monaten werden die Grünen dem Wahlvolk immer wieder erklären müssen, warum man bei der Bürgerschaftswahl am 14. Mai 2023 sein Kreuzchen bei Maike Schaefer machen soll, wenn dies sogar einem beachtlichen Teil der eigenen Basis schwerfällt.

Grüne gehen mit schwerer Hypothek in Bürgerschaftswahl

Klug ist eine solche Beschädigung der Spitzenkandidatin sicherlich nicht. Das für Schaefer deprimierende Abstimmungsergebnis lag während der gesamten Veranstaltung wie ein dunkler Schatten über dem Tagungsort. In manchen der kleinen Grüppchen, die im Foyer des Vegesacker Bürgerhauses beisammenstanden, wurde denn auch schon darüber gesprochen, ob für die Bremer Grünen nicht bereits die Zeit nach Schaefer begonnen habe. Und in der Tat bringt die Landespartei ja nach wie vor politische Talente hervor, denen man auf mittlere Sicht große Aufgaben zutrauen kann.

Leute wie Solveig Eschen, die gerade vom Grünen-Urgestein Robert Bücking das Kernthema Bau und Stadtentwicklung übernommen hat. Oder Philipp Bruck, der in der Enquete-Kommission Klimaschutz der Bürgerschaft die grüne Handschrift zur Geltung gebracht hat. Oder Emanuel Herold, der sich als wissenschaftlicher Fraktionsmitarbeiter auf Platz zehn der Liste bewarb und nach einer beeindruckenden Bewerbungsrede bekanntere Konkurrenten wie den Bildungspolitiker Christopher Hupe und die queerpolitische Sprecherin Kai Wargalla aus dem Feld schlug.

Um die fernere Zukunft muss den Grünen also nicht bang sein. Um die nähere schon. Denn wohl noch nie sind sie mit einer schwereren Hypothek in eine Bürgerschaftswahl gegangen als dieses Mal.

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32 Kandidaten auf der Grünen-Liste

Bei einer Mitgliederversammlung in Vegesack haben die Grünen am Sonnabend ihre Bürgerschaftskandidatenliste für den Wahlbereich Bremen beschlossen. Die Bremerhavener Grünen haben ihre Bewerber bereits aufgestellt.

Hinter Spitzenkandidatin Maike Schaefer kandidieren auf den ersten sieben Plätzen Fraktionschef Björn Fecker, Sozialsenatorin Anja Stahmann, der klimapolitische Sprecher Philipp Bruck, die beiden Nachwuchskräfte Franziska Tell und Bithja Menzel und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Henrike Müller. Auf diesen Plätzen gab es jeweils keine Gegenkandidaten.

Ab Platz acht mussten sich die Bewerber teilweise gegen Konkurrenz durchsetzen. Insgesamt umfasst die Liste 32 Bewerber. Als noch aussichtsreich gelten die Plätze bis etwa Rang 15. Gewählt wurden Ralph Saxe (8), Sahhanim Görgü-Philipp (9), Emanuel Herold (10), Solveig Eschen (11), Christopher Hupe (12), Maike-Sophie Mittelstädt (13), Kai Wargalla (14) und Ilona Osterkamp-Weber (15).

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