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Straßenverkehr Mehr Tempo 30: Bremen will neue rechtliche Möglichkeiten nutzen

Mit Flickenteppichen aus Tempo-30-Abschnitten soll in Bremen Schluss sein. Möglich macht dies eine neue Rechtslage. Grünen-Politiker Ralph Saxe sieht auch die Chance, den Sielwall wieder nachts zu sperren.
09.07.2024, 15:38 Uhr
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Mehr Tempo 30: Bremen will neue rechtliche Möglichkeiten nutzen
Von Björn Struß
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Abbremsen, beschleunigen, abbremsen und wieder beschleunigen. Dieses Hin und Her ist für viele Autofahrer auf dem Osterdeich seit Jahren ein Ärgernis. Auf zwei Abschnitten – vor einem Altenheim und in der Nähe von drei Kindergärten – gilt Tempo 30. Ansonsten darf der Verkehr mit bis zu 50 Stundenkilometern rollen. So will es die Straßenverkehrsordnung (STVO) – bis jetzt. Nach einer Entscheidung des Bundesrats haben Kommunen bald deutlich mehr Freiheiten, den Straßenverkehr zu gestalten. Das Bremer Verkehrsressort will die neuen Möglichkeiten nutzen, um Tempo-30-Flickenteppiche zu beseitigen. Grünen-Politiker Ralph Saxe geht noch einen Schritt weiter: Er sieht eine neue rechtliche Grundlage, um die Sperrung der Sielwallkreuzung zu reaktivieren.

Was ändert sich in der STVO?

Für Kommunen ist es deutlich leichter, Tempo 30 einzuführen. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind nun auch an Fußgängerüberwegen, Spielplätzen, hochfrequentierten Schulwegen und Zebrastreifen möglich. Wenn die Entfernung zwischen zwei Tempo-30-Abschnitten 500 Meter oder weniger beträgt, ist zudem ein Lückenschluss möglich. Die Gesetzesänderung soll insgesamt zu mehr Flexibilität führen. Bisher mussten Entscheidungen entweder mit der Sicherheit oder dem leicht fließenden Verkehr begründet werden. Nun ist es ebenso möglich, Aspekte des Umweltschutzes, der Gesundheit oder der städtebaulichen Entwicklung zu nennen, wenn diese nicht im Konflikt zur Verkehrssicherheit stehen.

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Wie beurteilt das Verkehrsressort die neuen Möglichkeiten?

„Auch Bremen hat in einer gemeinsamen Kampagne mit über 1000 Städten und Gemeinden jahrelang mehr Flexibilität bei der Anordnung von Tempo 30 gefordert“, sagt René Möller, Sprecher von Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD). Bremen wolle die neuen Möglichkeiten nutzen, um Tempo-30-Flickenteppiche – wie auf dem Osterdeich – zu beseitigen. Nach der Entscheidung des Bundesrats seien die entsprechenden Verwaltungsvorschriften allerdings noch nicht geändert. Möller weiter: „Wenn diese vorliegen, wird das Verkehrsressort gemeinsam mit dem zuständigen Amt für Straßen und Verkehr (ASV) ein weiteres Vorgehen für Bremen prüfen.“ Der Sprecher verweist allerdings auch darauf, dass Straßenabschnitte mit hoher Bedeutung gesondert betrachtet werden müssten. Gleiches gelte für Abschnitte mit erheblichen Auswirkungen auf den ÖPNV.

Wie reagiert die Politik?

Neben den Grünen begrüßt auch die Bremer CDU die Reform der STVO. „Wir müssen Tempo-30-Zonen neu denken“, sagt der verkehrspolitische Sprecher Michael Jonitz. Es brauche nachvollziehbare Kriterien, die sich nicht an ideologischen Vorstellungen orientierten. Auch Jonitz macht sich dafür stark, Flickenteppiche zu beseitigen, zum Beispiel auf dem Osterdeich. „Hier wäre ein örtlich durchgängiges Tempolimit von 30 angebracht – verbunden mit einer zeitlichen Begrenzung, wie vor Kindergärten und Schulen von etwa 6 Uhr bis 18 Uhr“, sagt der CDU-Politiker. Eine solche zeitliche Begrenzung lehnt Grünen-Politiker Saxe ab: „Warum das denn? Der Lärm ist nachts doch umso schlimmer, wenn die Menschen schlafen wollen.“

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Grundlegende Kritik äußert die FDP. „Ein flächendeckendes Tempo-30-Limit ist unnötig“, meint der liberale Bürgerschaftsabgeordnete Fynn Voigt. „Besonders in einer Stadt wie Bremen, die auf einen reibungslosen Wirtschaftsverkehr angewiesen ist, sind solche Beschränkungen fahrlässig.“ Die Pläne der CDU, Tempo 30 auszuweiten, beurteilt er als Versuch, Autofahrer zu gängeln. Voigt weiter: „Es ist inakzeptabel, wie die CDU hier wieder als Steigbügelhalter grüner Politik fungiert, deren Ziel es ist, das Autofahren maximal unattraktiv zu machen.“

Was bedeutet die neue Rechtslage für die Sielwallkreuzung?

Bis Anfang April war die Sielwallkreuzung an Wochenenden und an Feiertagen nachts gesperrt. Die Regelung hatte knapp drei Jahre zuvor Senatorin Maike Schaefer (Grüne) eingeführt, um das Viertel für sogenannte Autoposer unattraktiv zu machen. Unter Nachfolgerin Özlem Ünsal (SPD) vertrat das Verkehrsressort im April die Ansicht, dass die Sperrung rechtswidrig ist.

„Die Begründung war, dass die Sperrung die Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete Saxe (Grüne). Nach den Kriterien der bisherigen STVO habe es für die Maßnahme keine zulässige Begründung gegeben. Mit der neuen Rechtslage sieht dies laut Saxe anders aus. „Es lässt sich zum Beispiel argumentieren, dass der nächtliche Lärm ein Problem für die Gesundheit ist“, sagt der Verkehrspolitiker. Auch die städtebauliche Entwicklung – nämlich das Viertel vor Autoposern zu bewahren – sei ein neuer Aspekt, mit dem sich die Sperrung begründen ließe.

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