Der Bremer Senat hat sich am Dienstag auf einen Nachtragshaushalt verständigt, um neue Schulden in Höhe von drei Milliarden Euro aufnehmen zu können. Um zu unterstreichen, warum dies aus seiner Sicht nötig ist, zeigte Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) der Presse drei Bilder: der Rhein als Steinwüste ohne Wasser, eine von Flutmassen zerstörte Brücke im Ahrtal, ein überschwemmter Radweg am Osterdeich. Die Klimakrise hat Deutschland und Bremen erreicht. Die rot-grün-rote Landesregierung sieht darin eine Notlage, mit der sich erneut eine Ausnahme von der Schuldenbremse begründen lässt.
Zur Bewältigung der Pandemie hat Bremen zuletzt 1,2 Milliarden Euro mit Krediten finanziert. Für den Weg zur Klimaneutralität sollen nun bis zum Jahr 2027 weitere 2,5 Milliarden folgen. 500 Millionen sind für das Abfedern der kriegsbedingten Energiekrise eingeplant. "Es handelt sich um Kreditermächtigungen. Sie müssen nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen werden", betonte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Damit dies im rechtlichen Rahmen der Schuldenbremse möglich ist, muss die Bürgerschaft erneut eine Haushaltsnotlage ausrufen. Dies soll nach Willen der Regierungskoalition im März geschehen.
In der umstrittenen Frage, ob sich diese Notlage mit der Klimakrise begründen lässt, setzt Senator Strehl auf Verfassungsrechtler Joachim Wieland. Dieser legt im Februar ein Gutachten vor, ein Zwischenergebnis präsentierte Strehl schon jetzt. "Für das, was wir jetzt tun, gibt es kein Handbuch. Aber wir sind gut abgesichert. Das rechtswissenschaftliche Vorgutachten stützt unser Vorgehen", argumentierte der Grünen-Politiker.
Von einer "völlig wackeligen rechtlichen Grundlage" sprach hingegen CDU-Bürgerschaftsabgeordneter Jens Eckhoff. „Nur vier Wochen nach der Einstufung als Haushaltsnotlageland durch den Stabilitätsrat mutet Rot-Grün-Rot dem Steuerzahler neue Milliarden-Schulden zu", warnte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses. Dabei sei die Verschuldungspolitik gar nicht nötig. Die für dieses Jahr geplanten Investitionen in den Klimaschutz ließen sich auch aus dem laufenden Haushalt finanzieren.
Eckhoff verwies auf eine allgemeine Rücklage in Höhe von über 600 Millionen Euro und eine neue Steuerschätzung. Der Doppelhaushalt für 2022/23 basierte bisher auf Zahlen vom Mai 2021. Die Prognose aus dem Herbst 2022 fällt nun deutlich günstiger aus. Demnach kann der Stadtstaat für 2023 mit Steuermehreinnahmen in Höhe von rund 540 Millionen Euro rechnen. Laut Finanzressort ist diese Schätzung kriegsbedingt allerdings mit hohen Unsicherheiten verbunden.
Von den veranschlagten 2,5 Milliarden Euro will der Senat 235 Millionen in diesem Jahr ausgeben. Allein 102 Millionen sind für die energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden bestimmt. Weitere 85,6 Millionen sollen in die Mobilität fließen und zum Beispiel für klimafreundliche Busse ausgegeben werden. Für die Transformation der Wirtschaft sind 46 Millionen Euro veranschlagt. Dabei geht es insbesondere um eine emissionsfreie Stahlproduktion von Arcelor-Mittal.
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