Für die Beamtenpensionen ehemaliger Lehrkräfte muss die Stadt Bremen immer mehr Geld in die Hand nehmen. Innerhalb von zehn Jahren sind die Versorgungsbezüge um knapp 50 Prozent gestiegen: Summierten sich die Pensionen 2011 auf 131 Millionen Euro, so waren es 2021 knapp 195 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler fordert eine Kehrtwende: Wenn man schon am Beamtenstatus von Lehrerinnen und Lehrer nicht rütteln wolle, müssten zumindest Rücklagen für jede neu eingestellte Lehrkraft gebildet werden, sagt Bernhard Zentgraf, Vorsitzender des Steuerzahlerbundes Niedersachsen und Bremen. Denn: „Diese finanziellen Lasten blenden wir aus. Man belügt sich selbst und schiebt die Kosten auf die nächste Generation.“
Nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler gehört der Beamtenstatus grundsätzlich auf den Prüfstand. In vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung werde sehr viel Personal ohne zwingenden Grund verbeamtet, so der Präsident der Bundesorganisation, Reiner Holznagel. Das gelte insbesondere für den Schul- und Lehrbetrieb.
Scharfe Kritik erntet Holznagel von der Bildungsgewerkschaft GEW. „Diese Idee ist ein Schlag ins Gesicht für alle verbeamteten Lehrkräfte“, sagt Landesvorstandssprecherin Elke Suhr. Holznagel habe offensichtlich „keine Ahnung von der Arbeitsrealität von Lehrkräften“. In Zeiten des Fachkräftemangels sei eine solche Forderung unverständlich. „Wenn nur noch angestellt und nicht mehr verbeamtet würde, würden noch weniger Menschen als Lehrkräfte arbeiten.“
Die meisten Lehrerinnen und Lehrer in Bremen arbeiten im Beamtenstatus. Von 6000 Pädagogen sind laut Bildungsressort 5400 verbeamtet, ein Anteil von 90 Prozent. Damit stellen die Lehrkräfte die mit Abstand größte Gruppe innerhalb der Bremer Beamtenschaft. Insgesamt gibt es in der Stadt 7000 Beamtinnen und Beamte.
Versorgungsbezüge erhalten nach Angabe der Finanzbehörde fast ebenso viele, nämlich 6800 Personen. Für diese Pensionäre zahlte die Stadt im vergangenen Jahr mehr als 253 Millionen Euro. Da Lehrer das Gros der Versorgungsberechtigten ausmachen, stiegen die gesamten Pensionslasten im vergangenen Jahrzehnt in einem ähnlichen Umfang. Vor zehn Jahren lagen die Ausgaben bei 186 Millionen Euro, 2017 bei 229 Millionen.
Den Beamtenstatus an sich stellen seine Kritiker nicht grundsätzlich infrage. „Natürlich brauchen wir Beamte in wirklich hoheitlichen Bereichen“, sagt Zentgraf – gemeint sind Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug und Finanzverwaltung. Es sei aber fraglich, ob auch der Schulbetrieb darunter fallen müsse.
Der Philologenverband als Teil des Beamtenbundes hat dazu eine klare Meinung. „Letztlich ist jede Notengebung ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen und deshalb eigentlich eine hoheitliche Aufgabe“, sagt Hermann Pribbernow, Vorsitzender des Bremer Philologenverbands. Mit anderen Worten: Der Beamtenstatus für Lehrkräfte ist gerechtfertigt. Pribbernow verkennt nicht, dass die Haushalte unter den Pensionsausgaben zunehmend ächzen. Vom städtischen Haushalt in Höhe von 3,5 Milliarden Euro machen die Pensionen inzwischen 7,2 Prozent aus. Und die Kurve zeigt nach oben, wie auch Pribbernow zugibt. Denn in fünf bis sechs Jahren werde die Generation der Babyboomer in den Ruhestand treten. „Dann werden die Pensionslasten noch schneller steigen“, sagt Pribbernow.
In der jüngeren Vergangenheit war die Verbeamtung von Lehrern nicht selbstverständlich. Der Bremer Senat stoppte diese Praxis 1981, danach wurden Lehrkräfte nur noch als Angestellte beschäftigt. Als sich 20 Jahre später abzeichnete, dass es in absehbarer Zeit zu wenig Pädagogen geben würde, machte Bremen die Reform rückgängig. Seither werde wieder durchgängig verbeamtet, ist aus der Bildungsbehörde zu hören.
Mit der Verbeamtung reagierte Bremen schon damals auf den Wettbewerb unter den Ländern. Wer künftigen Lehrern nur ein Angestelltenverhältnis in Aussicht stellte, hatte schlechte Chancen, Pädagogen an sich zu binden. Daran habe sich bis heute nichts geändert. „Wir müssen selbstverständlich darauf achten, unter welchen Bedingungen Lehrkräfte in anderen Bundesländern eingestellt werden“, sagt Maike Wiedwald, Sprecherin des Bildungsressorts.
Diesen Aspekt stellt Zentgraf nicht in Abrede. „Die Verbeamtung spielt für junge Leute eine große Rolle, Bremen allein kann nicht einfach ausscheren und damit Schluss machen.“ Deshalb sieht Zentgraf auch nur einen Ausweg. „Die Länder müssen sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen.“ Ein frommer Wunsch, wie Zentgraf vermutet. Endlich Rücklagen zu bilden, sei dagegen eine umsetzbare Option seriöser Haushaltspolitik für die Zukunft. Das werde man nicht für alle Aktiven auf einmal machen können. „Aber zumindest für alle neuen Beamten.“