Bürgermeister Andreas Bovenschulte hat als Spitzenkandidat der SPD bei der Bürgerschaftswahl mehr Personenstimmen geholt als die Grünen insgesamt. Während ihn 12,9 Prozent der Wähler direkt wählten, erhielten die Grünen als Partei 11,9 Prozent der Stimmen.
2023 bekam die Spitzenkandidatin der Grünen, Maike Schaefer, 0,7 Prozent der Stimmen, 2019 waren es noch 1,6 Prozent gewesen. Die höchste Wahlbeteiligung insgesamt gab es im Blockland: 84 Prozent. Die wenigsten gingen in Gröpelingen an die Wahlurne. Dort waren es 42,5 Prozent. Diese und andere Besonderheiten des vorläufigen Wahlergebnisses erläuterte Landeswahlleiter Andreas Cors am Freitag bei einer Pressekonferenz.
460.754 Wahlberechtigte gab es bei der Bürgerschaftswahl insgesamt. 262.788 Wähler beteiligten sich und 255.010 Stimmzettel wurden als gültig gewertet. Insgesamt ergab die Auszählung 1.261.901 gültige Stimmen. Maximal fünf Stimmen konnte jeder Wähler vergeben und diese auf Listen beziehungsweise darin enthaltene Bewerber verteilen, mit anderen Worten: panaschieren oder kumulieren. Auch wenn die vielen Wähler, die bei Bovenschulte direkt ihr Kreuz gemacht haben, etwas anderes suggerieren: "Bei fast allen Parteien entfielen die Stimmen stärker zugunsten der Liste", sagt Evelyn Irrsack, Leiterin der Geschäftsstelle der Wahlleiter. 553.228 Personenstimmen stehen demnach 708.637 Listenstimmen gegenüber.
Die Wahlbeteiligung war laut Cors mit 56,8 Prozent um 7,3 Prozent geringer als bei der vorherigen Bürgerschaftswahl. 2019 war sie wieder auf 64,1 Prozent angestiegen, nachdem es im Jahr 2015 zu einer historisch schlechten Wahlbeteiligung von 50,2 Prozent gekommen war. Betrachtet man Bremen und Bremerhaven getrennt, lag die Wahlbeteiligung in Bremen bei 59,9 Prozent.
Cors zufolge fällt die geringe Wahlbeteiligung in der Seestadt auf: Dort hätten 44 Prozent ihr demokratisches Recht genutzt – und damit 8,6 Prozent weniger als 2019. Das geringste Interesse hätten die Wähler im Stadtteil Leherheide mit einer Wahlbeteiligung von 41 Prozent signalisiert – die Einwohner von Surheide sind mit 59,2 Prozent Spitzenreiter unter den Bremerhavener Wählern.
Weniger Briefwähler als erwartet
Während die Grünen und Die Linke in allen Stadtteilen und die CDU in fast allen Stadtteilen Prozentpunkte verloren, verzeichneten die Bürger in Wut (BiW) überall Zugewinne – besonders auffällig in Weddewarden mit 36,4 Prozent, was einem Plus von 19,9 Prozent entspricht. Das ländlich geprägte Quartier ist mit 410 Wahlberechtigten und 198 Wählerinnen und Wählern der kleinste Wahlbezirk der Seestadt.
Laut Cors ist die Wahlbeteiligung in Bremerhaven traditionell geringer als in Bremen. Doch warum fiel sie jetzt dermaßen gering aus? Cors mutmaßte, dass die "Veränderung der Parteienlandschaft" eine Rolle gespielt haben könnte. Die AfD war aufgrund von zwei eingereichten Wahllisten nicht zugelassen worden. Laut Cors könnten diese Wähler zu BiW gewandert oder gar keine Stimme abgegeben haben.
Angesichts des hohen Aufkommens an Briefwählern bei der von Corona geprägten Bundestagswahl 2021 hätten die Wahlleiter für die Bürgerschaftswahl 120.000 Briefwähler erwartet, es sei aber bei 105.800 Briefwählern geblieben. Zum Vergleich: 2021 hatten 46,1 Prozent der Wähler ihre Stimmen per Brief abgegeben, 2023 waren es noch 40,4 Prozent, davon 29,2 Prozent in Bremerhaven und 42,1 Prozent in Bremen. Die wenigsten Briefwähler gab es mit einem Anteil von 34 Prozent in Gröpelingen, die meisten mit 53,3 Prozent in Oberneuland. Zudem wichen laut Evelyn Irrsack die beantragten Briefwahlen von den tatsächlich gewählten ab. "3500 Wahlbriefe konnten nicht zugelassen werden, weil der Wahlschein fehlte oder die Stimmzettel nicht richtig verschlossen waren", so Irrsack. Diese würden gleichgesetzt mit nicht abgegebenen Stimmen.
Bis das endgültige Ergebnis der Bürgerschaftswahl verkündet wird, dauert es noch ein paar Tage. Stichtag für die Wahlbereiche Bremerhaven und Bremen ist Freitag, 26. Mai, für das Landesergebnis ist laut Cors Mittwoch, 31. Mai, maßgeblich.