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Personallücke Warum Polizisten in Bremen ihre Ausbildung abbrechen

Um ihre Personallücken zu schließen, hat die Polizei Bremen jüngst große Ausbildungsjahrgänge eingestellt. Doch lange nicht jeder Anwärter beendet die Ausbildung. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe.
01.09.2023, 05:00 Uhr
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Warum Polizisten in Bremen ihre Ausbildung abbrechen
Von Ralf Michel

Die Zahl der jungen Frauen und Männer, die ihre Ausbildung bei der Bremer Polizei abbricht, unterliegt deutlichen Schwankungen: 2018 wurden laut Innenbehörde knapp 8,4 Prozent der 143 eingestellten Anwärter nach drei Jahren Ausbildung nicht in den regulären Polizeidienst übernommen, 2019 lag diese Quote bei 16,5 Prozent (34 von 205), beim 2020er-Jahrgang, der kurz vor dem Abschluss der Ausbildung steht, sind es derzeit elf Prozent. "Jeder einzelne Abgang ist natürlich ein höchst bedauerlicher Verlust", kommentiert Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), diese Zahlen. Doch mit derlei Schwankungen müsse man bei jungen Leuten immer rechnen."

Seit mehreren Jahren versucht die Polizei die Lücken in ihrem Personal mit großen Einstellungsjahrgängen zu schließen. Für den Jahrgang 2020 wurden 203 Anwärter eingestellt, 2021 waren es 226, im vergangenen Jahr 225. Eingestellt wird der Polizeinachwuchs jedes Jahrgangs an zwei Terminen, etwa zwei Drittel im Oktober des jeweiligen Jahres und ein Drittel im darauffolgenden April. Weil damit die Ausbildungskapazitäten in Bremen ausgeschöpft waren, kamen in den vergangenen zwei Jahren noch 26 beziehungsweise 24 Einstellungen in Niedersachsen dazu. Die Anwärter werden dort für Bremen ausgebildet.

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Deutlich mehr als 200 neue Polizisten einzustellen bedeutet indes nicht, dass am Ende der dreijährigen Ausbildung auch tatsächlich so viele neue Polizisten für den Dienst in Bremen und Bremerhaven zur Verfügung stehen. Eine Reihe der Auszubildenden wirft im Laufe der Ausbildung aus unterschiedlichen Gründen das Handtuch, wie aktuelle Zahlen der Innenbehörde zeigen. In einigen Fällen ist es aber auch die Polizei selbst, die die Reißleine zieht. 

"Charakterliche Nichteignung"

Für den Einstellungsjahrgang 2020 (203 Anwärter) verzeichnet die Polizei 23 Abgänge. Zehn davon auf eigenen Wunsch. "Nicht aufgrund Nichtbestehens, sondern weil sie erkannt haben, dass sie diesen Beruf doch nicht ergreifen wollen", heißt es hierzu seitens der Innenbehörde. Weitere sechs, weil sie Prüfungen nicht bestanden hatten, sechs wegen Polizeidienstuntauglichkeit sowie einer wegen "charakterlicher Nichteignung". Als "charakterlich ungeeignet" kann ein Anwärter aus unterschiedlichen Gründen gelten. Zum Beispiel wegen nachgewiesener extremistischer Haltung, weil er Dienstgeheimnisse ausgeplaudert hat, aber auch, wegen falscher Krankmeldungen oder wenn er mehrfach bei Prüfungen getäuscht hat.

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Hinzu kommen für diesen Jahrgang 16 sogenannte Rückstufungen, entweder wegen gesundheitlicher Probleme oder weil sie die Praxisphase im Einsatzdienst nicht bestanden hatten. Rückstufung bedeutet, dass die Betroffenen aus ihrem Jahrgang herausgenommen werden und es im nachfolgenden Jahrgang noch einmal versuchen können. Was in der Statistik insgesamt zu einer gewissen Unschärfe führt, weil einige der Anwärter deshalb nicht nach drei, sondern erst nach vier oder sogar fünf Jahren in den regulären Polizeidienst übernommen werden. 

Von den 226 Anwärtern des Einstellungsjahrgangs 2021 schieden bislang 20 aus der Ausbildung aus. 14 auf eigenen Wunsch, fünf, weil sie Prüfungen nicht bestanden, und wiederum einer aufgrund charakterlicher Nichteignung. 14 der Anwärter wurden zurückgestuft.

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Im bislang jüngsten Jahrgang, der im Oktober 2022 und im April dieses Jahres mit der Ausbildung begonnen hat, stehen bei insgesamt 225 eingestellten Anwärtern bislang acht Abgänge zu Buche. Sechs auf eigenen Wunsch, einer wegen Nichtbestehens von Prüfungen, einer wegen Polizeidienstunfähigkeit. Hinzu kommen zwei Rückstufungen aus gesundheitlichen Gründen. Aus den beiden in Niedersachsen ausgebildeten Jahrgängen ist bislang ein Anwärter auf eigenen Wunsch ausgeschieden.

Bewegung bis zum letzten Tag

Für den neuen Jahrgang, der im kommenden Oktober seinen Dienst bei der Bremer Polizei beginnen soll – vorgesehen ist, 150 Anwärter einzustellen –, läuft das Bewerbungsverfahren noch. Wie viele geeignete Bewerberinnen und Bewerber das Verfahren schlussendlich erfolgreich bestanden haben, könne deshalb noch nicht gesagt werden, erklärt Franka Haedke, Sprecherin der Polizei Bremen. "Da ist noch bis zum letzten Tag Bewegung drin."

Im vergangenen Oktober konnten trotz 1001 Bewerbungen für 155 Stellen letztlich vier der offenen Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. 205 Bewerbungen mussten sofort aussortiert werden, weil sie die erforderlichen Qualifikationen nicht erfüllten. Von den verbleibenden 796 Bewerbern absolvierten zwar 254 alle Prüfungsteile erfolgreich, doch von denen sagten 75 doch noch ab, fielen 17 bei einer abschließenden ärztlichen Untersuchung durch und brachen elf weitere Kandidaten ohne jede Rückmeldung den Kontakt ab.

Zur Sache

Maßnahmen für mehr Bewerber?

Mit den Ausbildungsjahrgängen bei der Polizei beschäftigen sich auch CDU und FDP, jeweils mit Kleinen Anfragen für die Aktuelle Stunde der Bürgerschaft. "Wie hoch ist die Einstellungszielzahl der Polizei im Land Bremen für 2023 und wie viele Einstellungen plant der Senat für die kommende Legislaturperiode jährlich?", fragt der innenpolitische Sprecher der CDU, Marco Lübke. "Werden die Einstellungsziele bei der Polizei erreicht?", will sein Pendant bei der FDP, Marcel Schröder, von der Landesregierung wissen.

Weitere Fragen der beiden Oppositionsparteien befassen sich grundsätzlich mit der Entwicklung von Bewerbungen und Einstellungen, aber auch mit der Frage, was aus den Frauen und Männer wurde, die zur Ausbildung eingestellt wurden. "Wie viele der Polizeianwärter haben ihre Ausbildung in den vergangenen fünf Jahren erfolgreich beendet und sind dann in den Polizeivollzugsdienst des Landes Bremens eingetreten?", erkundigt sich Lübke. Schröder hakt zudem bei den Bewerberzahlen nach: Sind ausreichend Bewerbungen sind für den aktuellen Jahrgang eingegangen? Und wenn nicht: "Welche Maßnahmen sind geplant, um die Anzahl der Bewerbungen zu erhöhen?"

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