39 Verhandlungstage im Beluga-Betrugsprozess, und der Ton wird zusehends rauer: Einer der Verteidiger von Ex-Reeder Niels Stolberg brauste am Mittwoch vor dem Bremer Landgerichts regelrecht auf.
39 Verhandlungstage im Beluga-Betrugsprozess, und der Ton zwischen den Verteidigern von Ex-Reeder Niels Stolberg und den Vertretern der Anklage wird zusehends rauer: Als „abwegig“ und „nicht nachvollziehbar“ bezeichnete Bernd Buchholz, einer von drei Stolberg-Anwälten, am Mittwoch vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer des Bremer Landgerichts einzelne Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, die auf Untreue und Betrug zielen. Dieser Tatbestand sei mindestens in diesem Teil der Anklageschrift objektiv und subjektiv nicht erfüllt, so Buchholz. Es gebe deshalb keine Notwendigkeit, weitere Beweise zu erheben.
Streitpunkt ist in diesem Fall der Vorwurf gegen Stolberg, er habe seinen Mitgesellschafter Oaktree bei dessen Eintritt in die Schiffsgesellschaften mit falschen Angaben zur Höhe des Eigenkapitals betrogen, das Stolberg in die Gesellschaften eingebracht haben wollte. Dem Investor aus den USA sei dadurch gemeinsam mit weiteren Kommanditisten ein Vermögensschaden von insgesamt 7,9 Millionen Euro entstanden.
Anwalt braust auf
Die Anklage nahm die Erklärung des Stolberg-Anwalts nach eigenen Worten mit Erstaunen zur Kenntnis. „Sie haben hier nicht zur Beweisaufnahme gesprochen, sondern ihren Schlussvortrag vorweggenommen“, bemerkte Staatsanwältin Silke Noltensmeier. Dann hielt sie Buchholz vor, nicht zwischen Untreue und Betrug unterscheiden zu können. Der zweite Ankläger setzte noch eins drauf: „Da haben Sie ja schöne und wohlfeile Worte gefunden“, richtete sich Ingo Radtke an Buchholz, um dem Verteidiger schließlich zu empfehlen, sich besser mit dem Strafrecht vertraut zu machen.
Buchholz brauste auf. Solche Äußerungen seien anmaßend, schimpfte der Anwalt. Und überhaupt: Die Anklage sei in diesem Teil ein einziges Konstrukt, die Staatsanwaltschaft könne keinen Schaden nachweisen: „Was, bitte, ist denn genau angeklagt, welcher Betrug, welche Täuschung?“
"Ankläger verlieren sich in Details"
Bernd Groß, ein weiterer Stolberg-Anwalt, mokierte sich darüber, dass sich die Ankläger aus seiner Sicht in den Details verlieren: „Sie können 20 oder 50 Straftaten konstruieren, am Ende ist es doch immer das Gleiche“, sagte Groß. Er spielte auf die sogenannte Volharding-Tangente an, sie steht im Mittelpunkt des gesamten Verfahrens.
Stolberg hatte der Werft in den Niederlanden Millionenbeträge für Dienstleistungen gezahlt, die nie oder nur zu einem kleinen Teil erbracht wurden. Das Geld ist jeweils nur einen Tag später an Stolberg zurückgeflossen. Mit diesem Winkelzug hat der Reeder vorgetäuscht, in seine Unternehmungen Eigenkapital eingebracht zu haben. So gelangte er an Darlehen für den Bau seiner Schiffe, die ihm anders mutmaßlich nicht gewährt worden wären. Das ist der Kern aller Vorwürfe, daraus leitet sich alles Weitere ab.
Der Prozess wird am kommenden Mittwoch, 10.30 Uhr, fortgeführt. Als Zeuge geladen ist ein Vertreter der Wirtschaftskanzlei Freshfields, die den Geschäftsabschluss zwischen Beluga und Oaktree begleitet hat.