Bei der Bildung einer neuen Landesregierung wollen die siegreichen Sozialdemokraten keine Zeit verlieren. "Schon am Mittwoch wird der Landesvorstand einen Beschluss zur Aufnahme von Sondierungsverhandlungen fassen", sagte der Bremer SPD-Chef Reinhold Wetjen am Dienstag bei einer Wahlnachlese der Landespressekonferenz im Rathaus. Das lange Wochenende ab Christi Himmelfahrt – also Donnerstag – könne man dann für Gespräche nutzen. Idealerweise sei man in der kommenden Woche dann schon beschlussfähig, mit wem man in Koalitionsverhandlungen eintritt.
Grundsätzlich sei man mit allen Parteien, die Fraktionsstärke in die Bürgerschaft einziehen, zum Bündnis bereit – außer mit der rechts-konservativen Vereinigung Bürger in Wut (BiW). Wetjen ließ damit die Frage offen, ob die SPD die bisherige rot-grün-rote Koalition fortsetzen will oder doch eine Neuauflage der Großen Koalition bevorzugt, die Bremen schon von 1995 bis 2007 regierte. Mit den Grünen hatte es wiederholt Reibereien gegeben, vor allem auf den Feldern Verkehrspolitik und Innere Sicherheit. Allerdings hatte die grüne Umwelt- und Mobilitätssenatorin Maike Schaefer kurz vor der Veranstaltung im Rathaus wegen des miserablen Wahlergebnisses ihren Rücktritt erklärt. Mögliche Nachfolger konnte oder wollte Landesvorstandssprecher Florian Pfeffer am Dienstag noch nicht nennen.
Die Bremer CDU wiederum drängt auf eine Regierungsbeteiligung. "Die SPD ist derzeit unser einziger möglicher Regierungspartner", betont Landesvorsitzender Carsten Meyer-Heder. "Und die Wechselstimmung von 2019 ist auch noch da", glaubt er. Damals hatte er es als Spitzenkandidat geschafft, die SPD knapp zu überflügeln. Doch jetzt liegen die Sozialdemokraten um rund vier Prozentpunkte vorne, was allerdings eine Große Koalition eher wahrscheinlich macht.
"Beim geplanten Ausbildungsfonds vertreten wir eine andere Position", räumt der IT-Unternehmer Meyer-Heder ein, "aber ansonsten haben wir Gemeinsamkeiten als Unterschiede". Was sicherlich für die genannten Bereiche Verkehr und innere Sicherheit zutrifft. Wetjen macht klar, dass er vor allem seine Basis überzeugen müsste, sich vom linken Koalitionspartner zu trennen. "Am Ende geht es um die Frage, mit wem wir mehr von unserem Parteiprogramm durchkriegen."
Christoph Spehr, Landessprecher der Bremer Linken, lässt keinen Zweifel daran, dass er das bisherige Bündnis fortsetzen will. Aktuelle Hochrechnungen bescheinigten der Linken "ein unheimlich starkes Ergebnis" – es liegt fast genau auf dem Niveau von 2019 – und eine erfolgreiche Entkoppelung von der bundespolitischen Entwicklung. Für Spehr ein "sehr starker Vertrauensbeweis" und auch eine Aufforderung, in der nächsten Regierung für sozialen Ausgleich zu kämpfen. Er sieht das rot-grün-rote Bündnis insgesamt bestätigt: "Die Wählerwanderung war ja vor allem eine Umverteilung innerhalb der Koalition."
Auch dies ein kleiner Seitenhieb auf die Grünen. "Wie ist die Modernisierung beim Klima und in der Wirtschaft für alle leistbar?", fragt Spehr – ein Problem, dass die Grünen eher beiseite geschoben haben. "Wir haben für die Umsetzung der Ergebnisse der Klima-Enquete gesorgt", betont Pfeffer, räumt aber ein: "Wir haben es nicht geschafft, den Menschen zu vermitteln, dass wir das auch schaffen können."
BiW und FDP bei Regierungsbildung außen vor
Neben den BiW ist auch die FDP bei der Regierungsbildung weitestgehend außen vor. Rechnerisch könnte zwar auch ein sogenanntes Ampel-Bündnis eine knappe Mehrheit erringen, aber schon die erheblichen inhaltlichen Differenzen zwischen Liberalen und Grünen sprechen dagegen. Gleichwohl sagt der Bremer FDP-Generalsekretär Claas Bansemer: "Ich bin gespannt, ob die SPD auch auf uns zukommt."
Julia Tiedemann hat sich als Landesvorsitzende der BiW schon ganz auf Oppositionsarbeit eingestellt. Man werde sich auf die Bereiche Sicherheit und Verkehr konzentrieren – also genau darauf, wo es beim bisherigen Bündnis schon knirschte.