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Vorbild Hamburg Bremen will einfacher bauen

Hamburg soll als Vorbild dienen, um den Wohnungsbau in Bremen anzukurbeln. An der Alster haben sich Politik, Verwaltung und Bauwirtschaft auf einen Maßnahmenkatalog verständigt, der kostendämpfend wirkt.
13.05.2025, 05:00 Uhr
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Bremen will einfacher bauen
Von Jürgen Theiner

Die Herstellungskosten laufen davon, der Planungsvorlauf ist oft zu lang: Die wesentlichen Gründe für die geringen Fertigstellungszahlen im Wohnungsbau sind schnell benannt. Doch wie kehrt man den negativen Trend um? Hamburg hat im Zusammenwirken von Politik, Verwaltung und wichtigen Akteuren des Baugewerbes ein Maßnahmenbündel entwickelt, das bundesweit Beachtung findet. Auch Bremen will sich künftig daran orientieren.

An diesem Dienstag wird Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD) als Gast in der Senatskommission Wohnungsbau erwartet, die im Herbst 2024 von Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ins Leben gerufen worden war, um der lahmenden Bautätigkeit in Bremen zu begegnen. Pein soll erläutern, wie man an der Alster vorgeht. In einer Präsentation, die dem WESER-KURIER vorliegt, wird zunächst die Ausgangslage skizziert. Wurden in Hamburg 2019 noch rund 12.700 Wohnungen fertiggestellt, hatte sich diese Zahl im vergangenen Jahr fast halbiert. Gegenläufig entwickelten sich die Baukosten. Im zweiten Quartal 2024 lag der durchschnittliche Quadratmeterpreis im Wohnungsneubau bei fast 4600 Euro. Grundstücks- und Finanzierungskosten sind da noch gar nicht inbegriffen. Auf diesem Niveau wird der Erwerb eigener vier Wände auch für viele Mittelstandsfamilien unrealistisch.

Der Hamburger Senat wollte sich mit dieser Entwicklung nicht abfinden. Er startete einen Dialog mit wichtigen Akteuren der örtlichen Bau- und Wohnungswirtschaft. In über 100 Arbeitskreistreffen und mithilfe externer Fachleute wurde ein Maßnahmenbündel geschnürt, das die Herstellungskosten um bis zu 2000 Euro pro Quadratmeter drücken soll. Der sogenannte "Hamburg-Standard" setzt an mehreren Punkten an. Einer der Hebel, mit denen angesetzt wird, ist eine maßvolle Absenkung energetischer Standards, kombiniert mit Modifikationen bei Konstruktion und Statik. Außerdem hat man in Hamburg als überbordend empfundene Anforderungen bei Schall- und Brandschutz sowie bei der Barrierefreiheit zurückgefahren. Einer kritischen Revision wurden die bisher vorgeschriebenen Planungs- und baurechtlichen Vorschriften unterzogen. So sollen Bebauungsplanverfahren gestrafft und Anträge schneller beschieden werden. In den Arbeitskreisen wurden darüber hinaus diverse Kostentreiber identifiziert. Stichworte sind hier: Keller und Tiefgaragen, Fassadengestaltung, Dachbegrünung, Haustechnik und Gebäudeerschließung.

Die gewonnenen Erkenntnisse sollen sich in Hamburg schon bald auszahlen. Vereinbart sind Projekte in allen sieben Stadtbezirken, unter anderem im Pilotquartier Wilhelmsburger Rathausviertel. Für kommende Woche ist eine sogenannte Stadtwerkstatt für Fachpublikum und Öffentlichkeit geplant, bei der es um die konkrete Umsetzung der Einsparziele geht.

Und in Bremen? Hier hatte im Herbst vergangenen Jahres eine erste, zehn Punkte umfassende Liste mit möglichen Maßnahmen zur Ankurbelung der Bauwirtschaft sogleich für Streit innerhalb der rot-grün-roten Koalition gesorgt. Das Bauressort von Senatorin Özlem Ünsal (SPD) regte unter anderem an, künftig auf Mobilitätskonzepte für private Bauvorhaben zu verzichten. Außerdem soll der Flächenverbrauch durch Wohnungsbauprojekte summarisch über einen Pool von Ausgleichsflächen kompensiert werden. Die Grünen sahen vieles aus dem Zehn-Punkte-Papier kritisch und reagierten ablehnend.

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Nun gibt es eine neue Liste möglicher Maßnahmen. Manches wurde aus dem alten Papier übernommen. Der Ausgleichsflächenpool nennt sich nun "Naturfonds" und soll einen flexibleren Umgang mit Kompensationsflächen für Bauprojekte ermöglichen. In der Bauleitplanung soll Zeit gespart werden, indem sich die Ortsämter und Beiräte nicht mehr mit jedem Bauvorhaben in ihrem Zuständigkeitsbereich auseinandersetzen. Die Zukunft des Mobilitätsbauortsgesetzes, das Mobilitätskonzepte für jedes Bauprojekt vorschreibt, ist hingegen noch offen. In der zweiten Jahreshälfte soll eine Auswertung vorliegen, was dieses Gesetz bisher gebracht hat.

Ähnlich wie in Hamburg wird in den kommenden Monaten nun ein Dialog zwischen Verwaltung, Bauwirtschaft, Architektenkammer und weiteren fachlichen Akteuren stattfinden. Ziel ist es, sich bis Anfang November auf einen Handlungsleitfaden zu verständigen. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Freier Wohnbau, Peter Sakuth, ist mit dieser Zielmarke sonderlich glücklich. Es zeichne sich ab, dass 2025 praktisch nichts mehr entschieden wird. "Dabei sind jetzt wirklich Schnelligkeit und Entscheidungskraft gefragt", sagt Sakuth. Viele Bauunternehmen hätten Projekte in der Pipeline und bräuchten dringend Klarheit, etwa was die Zukunft des Mobilitätsbauortsgesetzes angeht.

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