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Bremer Bürgerschaftswahl Hängepartie bis zum Endergebnis

Das komplexe Bremer Wahlrecht sorgt für lange Zitterpartien: Bis klar ist, welche Abgeordneten gewählt sind, kann es Tage dauern – bei einigen entscheidet auch erst die Senatsbildung über den Sitz im Parlament.
15.05.2023, 20:09 Uhr
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Von Sara Sundermann Felix Wendler Frank Hethey Timo Thalmann

Bis klar ist, wer in der Bürgerschaft sitzt, kann es dauern. Weil aus dem Verhältnis von Listenstimmen zu den Personenstimmen einer Partei ermittelt wird, wie viele Sitze entsprechend der Listenreihenfolge und wie viele Sitze entsprechend der Stimmenzahl der Kandidaten verteilt werden, steht im Grunde erst nach kompletter Auszählung fest, welche Kandidaten ins Parlament einziehen. Tatsächlich aber nicht einmal dann: Wird ein Abgeordneter Mitglied des Senats, muss er sein Mandat abgeben, und es kommen Nachrücker zum Zug – und zwar jeweils abhängig davon, ob das künftige Senatsmitglied über Personenstimmen oder die Liste ins Parlament gekommen ist. Für manch einen bedeutet das eine lange Hängepartie.

Olaf Zimmer (Linke): Mandat nur mit Regierung

Der Abgeordnete Olaf Zimmer (Linke) ist auf Patz 14 angetreten. Bei voraussichtlich zehn Mandaten für die Linkspartei kommt er daher über die Liste nicht zum Zug. Mit seinen Personenstimmen wäre er aber derzeit – nach der Auszählung von rund einem Drittel der 499 Bremer Wahlbezirke – Nachrücker, sollten Kristina Vogt und Claudia Bernhard erneut Senatorinnen werden. Das ist insofern eine Pointe, weil Zimmer zuletzt Wahlkampf gegen die weitere Regierungsbeteiligung der Linken gemacht hat. Jetzt kann er nur Angeordneter werden, wenn die Partei die Koalition fortsetzen kann. "Wenn ich ein Mandat erhalte, nehme ich es auch an", kommentiert Zimmer selbst diese Konstellation. Für seine Position würde er dabei weiter streiten. Falls er nicht  Abgeordneter bleibe, habe er aber auch kein Problem. Jedenfalls schaue er jetzt nicht minütlich auf den Stand der Auszählung. "Dass ich das gar nicht beobachte, wäre allerdings auch gelogen."

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Derik Eicke (SPD): Zweiter Anlauf

Zum zweiten Mal versucht Derik Eicke (SPD), in die Bürgerschaft zu kommen. Vor vier Jahren hatte der Ortsvereinsvorsitzende von Oberneuland keine Chance. Doch diesmal könnte es nach eigener Einschätzung klappen. „Das wäre für den Stadtteil wichtig. Und für die Bildungspolitik auch“, sagt der 49-Jährige, der als stellvertretender Schulleiter in Langwedel arbeitet. Ob sein Listenplatz 25 für den Einzug ins Landesparlament reicht, ist alles andere als sicher. Die Personenstimmen werden eine starke Rolle spielen. Und da sieht sich Eicke eher im Nachteil. Mit Stimmen könne er eigentlich nur aus Oberneuland rechnen, sagt er. „Ich habe ja nur dort Wahlkampf gemacht.“ Anders als seine schärfsten parteiinternen Konkurrenten. „Die kriegen aus ganz Bremen Stimmen, aus ihren jeweiligen Communities.“ Hätte es einen Weg gegeben, ihn sicher in die Bürgerschaft zu bringen? „Ja“, sagt Eicke schmunzelnd, „wenn alle Oberneulander, die SPD gewählt haben, meinen Namen angekreuzt hätten.“

Sahhanim Görgü-Philipp (Grüne): Angespannt und unruhig

Auch bei den Grünen ist die Zukunft für mehrere Abgeordnete unklar. "Ich bin sehr angespannt und unruhig", sagt die Sozialpolitikerin Sahhanim Görgü-Philipp. Seit 2016 ist sie in der Bürgerschaft und setzte sich gegen Diskriminierung und für Jugendarbeit ein. "Ich würde gerne meine Projekte weiter vorantreiben." Ob sie im Parlament ist? "Ich kann es gerade nicht sagen, das wissen wir wohl erst am Mittwoch." Auf der Seite des Landeswahlleiters tauchte Görgü-Philipp am Montag erst als Nachrückerin ohne Mandat auf, später wurde sie als "gewählt" markiert. Doch das könne sich erneut ändern, wenn weitere Stimmen ausgezählt sind, glaubt die 53-Jährige. Die Sozialarbeiterin hatte vor ihrer Zeit als Abgeordnete zwei Arbeitsstellen: eine halbe Stelle im Jugendamt und eine halbe Stelle bei einer Beratungsstelle. Beim Jugendamt ließ sie sich für die Dauer ihres Mandats beurlauben. Nun hat sie bereits das Gespräch mit ihrem früheren Arbeitgeber gesucht - falls sie nicht erneut ins Parlament kommt.

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Hartmut Bodeit (CDU): Entspannt und dankbar

Nicht schlecht, aber auch kein Ort zum Ausruhen: So könnte man den Listenplatz 19 wohl am besten beschreiben, auf dem die CDU Hartmut Bodeit in diesem Jahr platziert hat. Bei der Bürgerschaftswahl 2019 war er auf Platz 17 gelistet – am Ende zogen 20 Bremer CDU-Abgeordnete ins Parlament ein. Jetzt ist das vorläufige Wahlergebnis leicht schlechter. Bodeit muss zittern, aber bislang sieht es so aus, als könnte er seiner ersten Legislaturperiode eine zweite folgen lassen. Der 57-Jährige ist verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Über die Personenstimmen ist der Wiedereinzug ins Parlament für ihn nicht zu schaffen – das sei ihm aber schon vorher klar gewesen, sagt Bodeit. Auf den Wahlkampf habe er als Wackelkandidat einen besonderen Blick gehabt. "Ich bin in Huchting fast jede Straße abgelaufen", sagt Bodeit. Trotzdem sei er entspannt geblieben, dankbar für sein Mandat. „Ich mache Politik aus Leidenschaft, sonst würde ich auch nicht so viel Zeit dafür investieren“, betont der Verkehrspolitiker. 

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