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Viele fallen durch Warum Lokführer bei Prüfungen in Bremen und Niedersachsen scheitern

Im Frühjahr musste die Nordwestbahn den Fahrplan einschränken, weil viele angehende Lokführer durch ihre Prüfung gefallen waren. Andere Eisenbahnunternehmen haben ähnliche Probleme.
19.12.2023, 05:00 Uhr
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Warum Lokführer bei Prüfungen in Bremen und Niedersachsen scheitern
Von Felix Wendler

Eisenbahnunternehmen haben das gleiche Problem wie die Bremer Straßenbahn AG und andere Verkehrsbetriebe: Es fehlt Personal, vor allem im Fahrdienst. Um ausreichend Lokführer auf die Schiene zu bringen, werben die Unternehmen intensiv für ihre Ausbildungsprogramme. Sie zielen dabei auch auf Quereinsteiger ab, die im Schnellverfahren fahrtauglich gemacht werden sollen. Die Qualität der Bewerber lässt dabei teilweise zu wünschen übrig, was sich auch an den Prüfungsergebnissen ablesen lässt. Im klassischen Ausbildungsbetrieb gibt es ebenfalls Anlass zur Sorge.

Was ist das Problem?

Die angespannte Personalsituation wird dadurch verschärft, dass in einigen Ausbildungslehrgängen überdurchschnittlich viele angehende Lokführer durch die Prüfungen fallen. Vor allem die theoretische Prüfung ist offenbar ein Problem. Aus diesem Grund hatte die Nordwestbahn (NWB) im Frühjahr ihren Fahrplan zeitweise einschränken und einen Schienenersatzverkehr einrichten müssen. Dem Vernehmen nach war die Hälfte der Prüflinge durchgefallen. Die NWB bietet für Quereinsteiger mit abgeschlossener Berufsausbildung eine rund zehnmonatige Umschulung zum Triebfahrzeugführer an – die klassische, dreijährige Ausbildung zum Eisenbahner im Betriebsdienst gibt es bei der NWB nicht.

Wie sieht es bei der NWB aktuell aus?

Die Prüfungsergebnisse hätten sich verbessert, erklärt ein Sprecher. Details will das Unternehmen nicht nennen. Klar sei, dass man Personal einstellen müsse.

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Was berichten andere Eisenbahnunternehmen?

Eine negative Entwicklung machen die Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB) aus. In diesem Jahr sei die Durchfallquote auf mehr als 30 Prozent angestiegen, nachdem sie zuvor konstant bei weniger als zehn Prozent gelegen habe. „Das kann ein Ausrutscher sein und ist noch nicht belastbar genug, um weitere Schlüsse zu ziehen oder gar eine Tendenz zu erkennen“, betont EVB-Sprecherin Andrea Stein. Die EVB bilden Lokführer bislang ausschließlich klassisch aus, die Zahlen beziehen sich also auf die Prüfungen im Zuge der dreijährigen Ausbildung. Ein Quereinsteiger-Programm sei für 2024 geplant.

Gibt es auch positive Entwicklungen?

Die Eisenbahngesellschaft Start Niedersachsen-Mitte, die das Heidekreuz zwischen Bremen und Uelzen bedient, sieht keine negative Entwicklung. Die Durchfallquote sei nicht gestiegen, im vergangenen halben Jahr sei kein angehender Lokführer durch die Prüfung gefallen. Wie viele Lokführer in dem Zeitraum ausgebildet wurden, lässt das Unternehmen offen. Start ist eine Unternehmenstochter der Deutschen Bahn (DB) und schult Quereinsteiger zu Lokführern um.

Was sagt die Deutsche Bahn?

Die Deutsche Bahn, die sowohl im Schnellbetrieb als auch klassisch ausbildet, nennt auf Anfrage keine Details zu Prüfungsergebnissen. Es komme auch mal vor, dass eine Prüfung wiederholt werden müsse, erklärt eine DB-Sprecherin.

Wie schätzen Experten die Probleme ein?

Unternehmen seien gezwungen, fast jeden Bewerber anzunehmen, sagt Stefan Görgens, Bremer Ortsgruppenleiter bei der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). „Die stellen 15 Leute ein und hoffen dann, dass es fünf schaffen“, sagt Görgens. Sein GDL-Kollege Sebastian Rotter verweist darauf, dass in der Regel bereits vor der Abschlussprüfung einzelne Auszubildende herausfielen beziehungsweise an Zwischenprüfungen scheiterten. Malte Diehl, Landesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn Bremen/Niedersachsen, betont, dass sich die Ursachen der Probleme nur begrenzt ergründen ließen. Die Qualität der Bewerber sei ein Faktor – ebenso beeinflusse unternehmensseitig die Qualität der Ausbildung die Prüfungsergebnisse. In diese Ausbildung habe man jedoch nicht genügend Einblick, um ein Urteil fällen zu können.

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Was macht den Quereinstieg besonders?

Die Quereinsteiger seien meistens älter und kämen teilweise aus artfremden Branchen, sagt Görgens. Hinzu komme die im Vergleich zur klassischen Ausbildung deutlich kürzere Lernphase. Dass die Durchfallquote höher sei, überrasche deshalb kaum. Verallgemeinern will Görgens nicht: „Es gibt auch Zimmermänner, die den Umstieg richtig gut meistern. Dass es für einen 50-Jährigen grundsätzlich schwieriger ist als für einen 25-Jährigen, dürfte aber klar sein.“

Welche Vorschläge gibt es?

Die Prüfungen zu vereinfachen, lehnt die GDL strikt ab. Nach anfänglichen Diskussionen gibt es für diesen Vorschlag aktuell auch politisch keinen Rückhalt. Die GDL-Vertreter sind sich einig, dass es allgemein bessere Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung für den Beruf brauche, um ausreichend qualifizierte Lokführer anzuwerben. Diehl sieht es in der Sache ähnlich, lehnt aber das Vorgehen der GDL in den aktuellen Tarifverhandlungen ab.

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