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Aus für Coca-Cola-Werk in Bremen Wut, Trauer, Tränen

Mit Coca-Cola und Bremen ist es aus. 319 Menschen werden ihre Arbeit verlieren, denn die Produktionsstätte in Hemelingen soll Ende Juli geschlossen werden. Für viele kommt das überraschend.
02.03.2016, 00:00 Uhr
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Von Maren Beneke Stefan Lakeband

Mit Coca-Cola und Bremen ist es aus. 319 Menschen werden ihre Arbeit verlieren, denn die Produktionsstätte in Hemelingen soll Ende Juli geschlossen werden. Für viele kommt das überraschend.

Wer die junge Frau sieht, kann in etwa erahnen, was im selben Moment in der Werkhalle von Coca-Cola in Hemelingen passiert. Sie geht über den Hof in Richtung Verwaltungsgebäude, huscht vorbei an den gelben, gestapelten Getränkekisten und wischt sich eine Träne aus dem Auge, bevor sie hinter einer Ecke verschwindet. Um kurz vor halb eins folgen ihre Kollegen. Viele lassen die Köpfe hängen, sie reden wenig.

Erst vor wenigen Minuten haben sie erfahren, dass es aus ist. Mit Coca-Cola und Bremen und vor allem mit ihrem Jobs bei dem Getränkehersteller. 319 Menschen werden hier ihre Arbeit verlieren, denn die Produktionsstätte im Bremer Osten soll Ende Juli geschlossen werden.

"Wir haben über das Internet davon erfahren"

Für viele kommt das überraschend. Auch wenn es immer wieder Anzeichen gab, so wirklich wollte das keiner glauben, was Produktionsdirektor Sven Boomgaarden am Dienstag vor etwa 150 Angestellten verkündete. „Es wurde immer mal wieder gemunkelt, dass unser Standort in Gefahr ist“, sagt eine Mitarbeiterin aus der Verwaltung, die ihren Namen nicht nennen möchte. Die Bestätigung für diese Gerüchte kam dann am Dienstagmorgen. Nicht von der Werksleitung, sondern über die Medien. „Wir haben über das Internet davon erfahren“, sagt die Frau. Als sie dann zur Versammlung um 12 Uhr gerufen wurden, sei schon alles klar gewesen. Es seien Tränen geflossen, die Kollegen seien wütend gewesen, traurig, enttäuscht von der Geschäftsleitung. „Das Timing war falsch“, sagt sie.

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Ein schlechter Zeitpunkt. Das war er auch für Thorsten Zierdt von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Mit den Betriebsräten des Getränkeherstellers aus den Werken in Bremen, Oldenburg, Hamburg, Lüneburg, Mölln und Neumünster saß der Gewerkschaftssekretär gerade in einer Klausurtagung des Coca-Cola-Verkaufsgebietsausschusses Nord, als er von der Nachricht erfuhr. Auch für ihn – ein Schock. „Das Verkaufsgebiet Nord ist eines der profitabelsten des Unternehmens in Deutschland.“ Der Gewerkschafter spricht von Arbeitsplatzvernichtung.

Im Sommer ohne Job

Auch die Mitarbeiter glauben, dass viele im Sommer erst einmal ohne Job dastehen werden. Ein Auszubildender im Hemelinger Werk sorgt sich um seine Kollegen. „Ich kenne viele Ältere, die schon 20 Jahre oder noch länger an den Anlagen stehen“, sagt er. Ob sie so leicht einen neuen Arbeitsplatz finden? Der junge Mann ist skeptisch. Auch er hat bereits vermutet, dass etwas mit dem Bremer Werk passieren wird, etwa weil die Aufträge für werksfremde Monteure gekündigt wurden.

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Die Lager- und Produktionsstätten, auf die sich die Coca-Cola Erfrischungsgetränke GmbH nun konzentrieren will, sollen nach Angaben eines Unternehmenssprechers leistungsfähiger sein als die Standorte, die nun geschlossen werden. Wer das Werk in Hemelingen kennt, weiß, was hiermit gemeint ist: Hier stapeln sich Getränkekisten bis direkt an den Zaun, das Gelände scheint aus allen Nähten zu platzen. Weil die Produktionsstätte von einem Wohngebiet umringt ist, gibt es keine weiteren Möglichkeiten, die Lagerflächen zu erweitern oder zusätzliche Abfülllinien zu installieren. Kurz: Die Wachstumsgrenzen sind erreicht.

Allerdings ist Wachstum genau das, was Unternehmen anstreben. „In der Produktion herrscht ein harter Wettbewerb“, sagt Produktionsdirektor Boomgaarden. Deswegen wolle man nun mit weniger Standorten mehr erreichen – indem man an einer Produktionsstätte etwa mehrere Linien einsetzt. Und auch auf den Handel muss der Getränkehersteller reagieren. Er will seine Getränke lieber von einem Lieferanten bekommen und nicht von jedem Hersteller einzeln. So war es bislang der Fall.

Konzern stellt sich für die Zukunft auf

„Bedauerlich“, sagt Holger Bruns, Sprecher von Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD). Er habe am Morgen gegen 11 Uhr eine E-Mail von Coca-Cola aus Berlin bekommen, die über die geplante Schließung informiert hat. Der Konzern wolle sich so besser für die Zukunft aufstellen. „Auf diese Entscheidung hatten wir keinerlei Einfluss.“

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Nun soll in der Nähe von Bremen ein neues Logistikzentrum entstehen – mit etwa 90 Arbeitsplätzen. Dass viele der Bremer Coca-Cola-Mitarbeiter künftig dort eingesetzt werden können, das bezweifeln die Angestellten. Die Frau aus der Verwaltung sieht im neuen Logistikzentrum jedenfalls keine Option für sich.

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