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Das Weser-Strand-Porträt Netzwerker in der Hauptstadt

Lange Jahre arbeitete Karl-Hermann Niestädt für die SPD-Fraktion in der Bremer Bürgerschaft. Mittlerweile bringt er in der Hauptstadt Bremer und Berliner zusammen.
11.07.2021, 06:00 Uhr
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Netzwerker in der Hauptstadt
Von Maurice Arndt

Langjährigen Bremern ist Karl-Hermann Niestädt ein Begriff. Als Geschäftsführer der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft prägte er jahrelang die Politik in der Hansestadt. Mittlerweile lebt er in Berlin und denkt noch nicht an den Ruhestand. Die Heimat hat er dabei nie wirklich vergessen: Mit dem Verein Weserbrücke, dessen Geschäftsführer er ist, will er Bremer und Berliner zusammenbringen.

Der heute 72-Jährige – lockere Weste, lautes und herzliches Auftreten – sagt über sich selbst: „Ich bin der beste Werber meiner Heimatstadt.“ Um diesem Anspruch gerecht zu werden, organisiert er Veranstaltungen – einige exklusiv für die etwa 130 Mitglieder des Vereins. Sie stammen aus der Hansestadt oder haben einen Bezug zu ihr. Aufgrund der Pandemie ist einiges ausgefallen, in Zukunft sollen wieder prominente Bremer an der Spree begrüßt werden. Antje Boetius etwa oder Jan Böhmermann, könne sich Niestädt vorstellen. Bürgermeister An­dreas Bovenschulte nahm jüngst an einer virtuellen Veranstaltung teil.

Eine besondere Veranstaltung ist – ganz typisch – das Grünkohlessen. „Hier in Berlin sagen wir ja Braunkohl.“ Sogar eine Kohltour gibt es bei dem jährlichen gemeinsamen Essen: Von der Bremer Landesvertretung südlich der Siegessäule geht es über die S-Bahn-Station Tiergarten zum Brandenburger Tor. Die Route führt, wie könnte es anders sein, über den „Bremer Weg“. Niestädt weiß natürlich, warum ein Parkweg im Berliner Tiergarten nach seiner Heimatstadt benannt ist: „Während eines Besuchs in der Hauptstadt stellte Bürgermeister Wilhelm Kaisen fest, dass der Tiergarten stark abgeholzt war, und spendete 30.000 Bäume und Sträucher, die am Nikolaustag 1949 geliefert wurden. Zum Dank wurde der Bremer Weg geschaffen.“

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Die Anekdote passt gut zu Niestädts Bild zur Beziehung zwischen dem großen und kleinen B an Weser und Spree: „Bremen und Berlin waren schon immer eng verbunden.“ Warum es einen Verein, der sich für eben jene Verbindung einsetzt, erst seit 2014 gibt? Das weiß der geborene Gröpelinger selbst nicht so recht. Möglicherweise hängt es damit zusammen, dass die beiden Städte, aus Sicht von Niestädt, nicht viel voneinander lernen müssen.

Das sei auch nicht die Aufgabe der Weserbrücke. Sie soll Bremens Qualitäten in der Hauptstadt anpreisen – überparteilich. Wir sind keine SPD-Organisation, betont Niestädt. Bremens CDU-Chef Carsten Meyer-Heder sei auch Mitglied. Die Überparteilichkeit hat aber auch Grenzen: „AfD-Politiker wird es bei unseren Veranstaltungen und in unserem Verein nie geben“, sagt er.

Karl-Hermann Niestädt hat die Hansestadt 1997 verlassen. Er trägt einen markanten Schnauzbart, seine weißen Haare sind halblang, über dem Jeanshemd trägt er eine offene Weste. Ein Hinweis auf seine maritime Verbundenheit: aufgedruckte Anker auf seinem Schal. Als er Bremen verließ, war klar, dass es nur nach Berlin gehen kann. Mit der Spreemetropole verbinde ihn eine „alte Liebe“. Die Stadt sei einfach vielfältig. Seitdem er hergezogen ist, lebt er in Charlottenburg – getreu dem Motto, dass Berliner ihrem Kiez treu bleiben. Seine Studentenwohnung in der Nähe des Schlosses Charlottenburg hat er zwar mittlerweile gegen ein Apartment mit Spree-Blick getauscht. Seinem Stamm-Italiener, dem Restaurant Opera Italiana, ist er aber seit jeher treu; mit Wirt Giuseppe Marino ist er per du.

Ein wenig Bremen behält er sich aber auch in der Hauptstadt: „Als ich hier ankam, haben meine Kinder mir ein Hollandrad geschenkt. Meinen Volksporsche fahre ich bis heute ganzjährig.“ Täglich liest er zudem die BREMER NACHRICHTEN – und für Veranstaltungen seines Vereins Weserbrücke bestellt er regelmäßig beim Bremer Ratskellermeister Karl-Josef Krötz.

Aufgewachsen ist Niestädt in einem sozialdemokratischen Haushalt in Gröpelingen. Sein Großvater malochte bei der AG-Weser-Werft, zur Schule ging er in Oslebshausen. „Politisch interessiert war ich schon immer, ich war unter anderem Klassensprecher“, sagt er. Später arbeitete er als Zollbeamter im Europahafen, als dieser noch kein Wohngebiet war. Sein Herz schlägt für den SV Werder, bei Hertha BSC ist er aber auch Mitglied.

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An die Weser unterhält er bis heute gute Kontakte. Den ehemaligen Werder-Manager und Politiker Willi Lemke etwa bezeichnet er als Freund. Eng verbunden ist er auch mit einem anderen Bremer Ex-Politiker, dem ehemaligen Bürgermeister Klaus Wedemeier, mit dem er die Weserbrücke gründete. Zunächst folgte Niestädt auf Wedemeier als Juso-Chef in Bremen, Ende der 1970er-­Jahre holte ihn der Bürgermeister vom Zoll in die SPD-Fraktion. Dort war er unter anderem Geschäftsführer und organisierte auch den Bürgerschaftswahlkampf von Hans Koschnick, den die Sozialdemokraten mit 51,3 Prozent der Wählerstimmen gewannen.

Als Juso bezeichnet sich der Gröpelinger, der 16 Jahre für die Bremer SPD arbeitete, allerdings nicht mehr. Er sieht sich aber weiter als Teil des linken Flügels der Partei. In Berlin kehrte er der Politik zunächst den Rücken, arbeitete als selbstständiger Unternehmensberater. „KHN“ heißt sein Unternehmen – seine Initialen sind auch auf einem Ring, den er an der linken Hand trägt, eingraviert. Nach gerade einmal zwei Jahren kehrte er für fünf Jahre in die Politik zurück. Der ehemalige Verteidigungsminister und Fraktionsvorsitzende der SPD, Peter Struck, beauftragte Niestädt mit der parteiinternen Bund-Länder-Koordinierung.

Teil dieser Arbeit: pro Jahr bis zu 40 Konferenzen. Seine Frau Krimhild, die 16 Jahre im Magdeburger Landtag Abgeordnete war, lernte er dort kennen. Bis heute lebt seine Frau, die er im Jahr 2010 heiratete, in Naumburg an der Saale. Kein Problem für Karl-Hermann Niestädt: „Wir sind mal ein Wochenende hier, mal eines dort oder auch mal bei der Familie in Bremen.“ Irgendwann wollen sie zusammenziehen und ihren Lebensabend gemeinsam verbringen. Wann und wo das sein wird, steht noch nicht fest. Nie­städt sagt zwar: „Ich lasse mittlerweile alles etwas ruhiger angehen.“ Doch neben der Weserbrücke arbeitet er bis heute gelegentlich als Unternehmensberater. Bremen bewirbt sich eben nicht von allein.

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