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Fahrgeschäft verlässt Bremen Nach Unfall beim Abbau: Riesenrad geht zurück zum Hersteller

Das Riesenrad, das seit Wochen halb abgebaut auf der Bürgerweide stand, verlässt Bremen. Nach dem tödlichen Unfall beim Abbau wird es vom Hersteller in den Niederlanden überprüft.
19.05.2025, 19:13 Uhr
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Von Steffen Peschges

Als letztes noch verbliebenes Fahrgeschäft stand seit mehreren Wochen das halb abgebaute Riesenrad auf der Bürgerweide. Ende April war bei Abbauarbeiten ein Mitarbeiter aus rund 40 Metern Höhe abgestürzt und tödlich verunglückt. "Das Riesenrad ist mittlerweile abgebaut. Die Sattelauflieger verlassen heute Bremen." Das sagte am Mittwoch auf Nachfrage Sebastian Göbel, der zusammen mit seinem Bruder Tobias das Fahrgeschäft betreibt. Der Grund für die Verzögerung beim Abtransport liegt allerdings nicht an behördlichen Ermittlungen. Die Freigabe zum Abbau habe man bereits in der vorletzten Woche erhalten, sagt Göbel. "Wir haben auf Ersatzteile gewartet."

Neben zwei gerissenen Halteseilen waren bei dem Unfall weitere Seile, die für den Abbau benötigt werden, beschädigt worden. Eigentlich hätten die Betreiber nach der Osterwiese das Riesenrad im badischen Mannheim wieder aufbauen wollen. Nicht auf einem Jahrmarkt, sondern als Touristenattraktion. "Mit einem kleinen Biergarten drumherum", sagt Göbel. Doch nun geht es dort erst in vier Wochen los.

Hersteller untersucht das Riesenrad

Vorher geht das Riesenrad noch komplett zurück zum Hersteller in die Niederlande, wie Göbel berichtet. "Dort wird es von oben bis unten durchgecheckt." Das Rad, das mit seinen rund 70 Metern Höhe als das größte reisende Riesenrad der Welt gilt, ist Baujahr 2019. "Wir haben es fünfeinhalb Jahre auf- und wieder abgebaut." Es sei das erste Mal, dass etwas Derartiges passiert ist. Was Göbel meint: Zwei Halteseile aus Dyneema, einer Kunstfaser auf der Basis von Polyethylen, die das Rad beim Abbau halten und gegen ein Verdrehen sichern sollen, waren gerissen, wodurch es in Bewegung geriet. Dyneema kann hohe Zuglasten aushalten, ist zugleich erheblich leichter als ein Stahlseil.

Beim Abbau wird ein Riesenrad Stück für Stück demontiert. "Zuerst hat man einen geschlossenen Kreis, dann nimmt man Stück für Stück die Speichen heraus", erklärt Göbel das Vorgehen. So hat man also zunächst einen Dreiviertelkreis, später einen Halbkreis und so weiter. Um das Rad bei der Demontage weiterdrehen zu können, kommen Zugseile zum Einsatz. Um es bei der Demontage zu fixieren, werden Halteseile eingesetzt, von denen zwei bei dem Unfall gerissen sind, wie Göbel sagt.

Gutachten soll Klarheit bringen

Noch unklar ist das Warum. Laut Göbel kommen für das Reißen verschiedene Möglichkeiten infrage: War es die Alterung oder eine unentdeckte Vorschädigung? War das richtige Seil verbaut, das laut Zertifizierung verbaut sein sollte? "Wir haben selber noch große Fragezeichen", sagt der Betreiber. Licht ins Dunkel wird voraussichtlich ein Sachverständiger bringen. Wie Franka Haedke, Sprecherin der Polizei Bremen, auf Nachfrage mitteilt, haben Polizei und Gewerbeaufsichtsamt gemeinsam bei der Sachverständigenorganisation Dekra ein Gutachten in Auftrag gegeben, um den Unfallhergang zu rekonstruieren. Ein schnelles Ergebnis ist jedoch nicht zu erwarten. "Bis das Gutachten vorliegt, wird es Wochen oder Monate dauern", sagt Haedke. Und auch die Betreiber erhoffen sich Aufklärung: "Wir setzen viel Hoffnung in das Gutachten", sagt Göbel.

Die beiden gerissenen Halteseile sind laut Göbel inzwischen durch Stahlseile ersetzt worden. Allerdings hätten Gutachter bestätigt, dass die Spezifikation der ursprünglichen Dyneema-Seile mit einem Sicherheitsfaktor von 6 ausreichend gewesen sei. Faktor 6 bedeutet, dass ein Seil das Sechsfache seiner Arbeitsbelastung aushält, ehe es reißt. Weitere Dyneema-Seile, die bei dem Unfall ebenfalls beschädigt wurden, haben die Betreiber durch Dyneema ersetzt.

49-jähriger Mitarbeiter war seit 30 Jahren im Team

Der 49-jährige Mitarbeiter, der bei dem Absturz ums Leben kam, gehörte laut Sebastian Göbel seit 30 Jahren zur Firma. "Ich bin 35 und kenne ihn entsprechend lange. Die Lage ist schwierig." In der vergangenen Woche fand die Beerdigung statt. Die Firma ist bestrebt, die Witwe und die zwei erwachsenen Kinder finanziell zu unterstützen.

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Zur Sache

Beim Abbau des Riesenrades nach der Bremer Osterwiese kam es am 29. April zu einem schweren Arbeitsunfall. Ein 49-jähriger Mitarbeiter stürzte aus rund 40 Metern Höhe ab und erlitt tödliche Verletzungen. Obwohl die Einsatzkräfte schnell vor Ort waren, konnten sie dem Mann nicht mehr helfen, er starb noch an der Unfallstelle. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen zur Todesursache aufgenommen, auch die Gewerbeaufsicht war vor Ort, um sich ein Bild von den Umständen zu machen. Für Augenzeugen des Vorfalls und Mitarbeiter kam ein Notfallseelsorger zum Einsatz. Ein von Polizei und Gewerbeaufsicht in Auftrag gegebenes Gutachten soll die Umstände des Unfallhergangs rekonstruieren. Es wird in einigen Wochen erwartet.

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