Und plötzlich waren sie weg: Die beiden Schilder der Lüderitzstraße in Neu-Schwachhausen sind spurlos verschwunden. Nach Angabe eines Anwohners wird das Schild an der Emmastraße seit zwei bis drei Wochen vermisst. „Eines Morgens lag nur noch die Schelle auf dem Boden“, sagte er. Im Ortsamt Schwachhausen/Vahr ist der Verlust auch bemerkt worden. Über das weitere Verfahren werde kurzfristig beraten, so Mitarbeiter Thomas Berger. Grundsätzlich sei aber klar, dass wieder neue Schilder angebracht werden müssten. „Die Bürger müssen sich schließlich orientieren können.“
Sonderlich lange wird der Ersatz nicht auf sich warten lassen. Das betonte Martin Stellmann, Sprecher des Amts für Straßen und Verkehr (ASV). „Bei fehlenden Straßenschildern sind wir penibel“, sagte Stellmann. „Neue Straßenschilder kommen relativ schnell. Meistens innerhalb weniger Tage.“ Schließlich seien Straßenschilder wichtige Orientierungshilfen, nicht zuletzt auch für Rettungsfahrzeuge.
Digitalisierung erleichtert Bestellung
Das weitere Prozedere: Über den zuständigen Erhaltungsbezirk geht eine Nachbestellung an einen Subunternehmer. Weil inzwischen Straßennamen und ergänzende Legenden wie im Fall der Lüderitzstraße digital erfasst sind, bedarf es keiner langwierigen Recherchearbeit, um den korrekten Wortlaut in Erfahrung zu bringen. Die Kosten halten sich laut Stellmann in Grenzen, auf rund 120 Euro beziffert er die Ausgaben für zwei Straßenschilder, hinzu komme noch das Geld für die Legenden. „Trotzdem ist der Vorfall ärgerlich, letztlich muss der Steuerzahler zahlen.“
Von einer Anzeige bei der Polizei wird man voraussichtlich absehen. Solche Erwägungen seien „situativ abhängig von der Schadenshöhe“, so Stellmann. Auf die Schilddiebe gibt es bislang keinerlei Hinweise.
Gerade die Lüderitzstraße hat für Diskussionen gesorgt. Benannt ist sie nach dem Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz (1834-1886), der sich im heutigen Namibia auf betrügerische Weise Land aneignete und deshalb auch als „Lügenfritz“ bekannt wurde. Vor ziemlich genau zwei Jahren wurde unter dem Straßennamen auf Beschluss des Beirats ein Zusatz angebracht, der eine historische Einordnung vornimmt.
Für nicht ausreichend hält das Bündnis Decolonize Bremen die Ergänzung. Mit Unterstützung des Bündnisses forderten Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Bremen-Mitte und der Oberstufe am Leibnizplatz im vorigen September bei einer Mahnwache, die Lüderitzstraße umzubenennen. Als neuer Namensgeber wurde Samuel Mahereo (1856-1923) vorgeschlagen, der 1904 den Aufstand der Herero gegen die deutsche Kolonialmacht entfachte.
In Windhoek, der Hauptstadt von Namibia, dem früheren Deutsch-Südwestafrika, ist erst im vergangenen Jahr die Luderitz Street auf Beschluss des Stadtrats umbenannt worden. Das Gleiche geschah in Berlin. Derzeit gibt es in Deutschland noch rund 40 Straßen, Wege oder Plätze, die nach Lüderitz benannt sind, unter anderem in Delmenhorst, Nienburg/Weser, Cuxhaven und auf Borkum.
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