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Erlass des Innenressorts 500 Schrottautos werden pro Jahr abgeschleppt

Mehr Schrottautos am Straßenrand sind ein bundesweites Phänomen. Amtliche Autoverwerter sehen gestiegene Rohstoffpreise als eine Ursache dafür an. Welche Rolle spielen Katalysatoren?
08.11.2021, 05:00 Uhr
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500 Schrottautos werden pro Jahr abgeschleppt
Von Timo Thalmann

Knapp 500 Schrottfahrzeuge lässt das Bremer Ordnungsamt jedes Jahr abschleppen – das sind deutlich mehr als in anderen Großstädten. Im etwas größeren Stuttgart sind es laut einem Bericht der „Welt“ 100 bis 120 nicht zugelassene, kaputte Autos oder Wohnwagen, die jährlich von öffentlichen Parkplätzen einkassiert werden, im ebenfalls etwas größeren Düsseldorf pendele die Zahl um 250.

Das Innenressort geht davon aus, dass in Bremen nicht mehr Schrottautos als anderswo stehengelassen werden, sondern dass die Quote der staatlich abtransportierten Fahrzeuge höher ausfällt. Diese Annahme scheinen Zahlen aus München zu belegen: Dort wurden 2020 knapp 800 solcher Fahrzeuge abgeschleppt, als „augenscheinlich nicht betriebsfähig“ wurden in der bayerischen Hauptstadt 5622 Fahrzeuge registriert.

Größer ist diese Diskrepanz im niedersächsischen Osnabrück, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Von 800 gemeldeten Schrottfahrzeugen wurden im Jahr 2020 dort 17 abgeschleppt.

In Bremen greift ein Erlass von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) aus dem Juli 2018, der die rechtlichen Hürden für Konsequenzen gesenkt hat. Seitdem können die Fahrzeuge ohne weitere Ankündigung sofort abgeschleppt werden. Autos, die nicht binnen vier Wochen von ihren Besitzern beim Abschleppdienst wieder abgeholt werden, werden je nach Zustand offiziell entsorgt oder versteigert.

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Mit Stand vom 2. November dieses Jahres hat das Bremer Ordnungsamt 1685 nicht mehr fahr­bereite Autos auf Basis ­dieses Erlasses abschleppen lassen – Schwerpunkte waren dabei Gröpelingen, Walle, Neustadt, Woltmershausen und Blumenthal. Auch im Umfeld einiger Werkstätten und in Industriegebieten wurden bestimmte Örtlichkeiten als häufig genutzte Abstellplätze identifiziert.

Laut Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der bremischen Innenbehörde, zeigt das konsequente Abschleppen Wirkung. „Tendenziell werden inzwischen weniger nicht zugelassene oder nicht verkehrsbereite Fahrzeuge im öffentlichen Raum abgestellt“, berichtet sie. Die Überwachungsintensität werde dennoch beibehalten; entsprechenden Meldungen gehe das Ordnungsamt zeitnah nach.

Warum Fahrzeuge einfach an der Straße stehen gelassen werden, die nicht mehr betriebsbereit sind, bleibt eine offene Frage. Die ordnungsgemäße Entsorgung ist für die Besitzer prinzipiell kostenfrei. Je nach Zustand kann sogar ein kleiner Erlös erzielt werden. Behördlich anerkannte Demontagebetriebe nehmen die Fahrzeuge entgegen und stellen den vorgeschriebenen Verwertungsnachweis aus. Damit kann das Fahrzeug bei der Zulassungsstelle amtlich außer Betrieb gestellt werden.

Jamal Danache, der in Hemelingen seit knapp zehn Jahren eine zertifizierte Autoverwertung betreibt, berichtet von einem starken Rückgang bei den eingehenden Altfahrzeugen. „Waren es 2019 noch 130 bis 150 Autos im Monat, kamen voriges Jahr im Schnitt weniger als 100 Stück pro Monat hier an.“ Dieses Jahr seien es kaum noch ein Dutzend.

Laut Danache ist der Katalysator in den Altfahrzeugen dafür der Hauptgrund. Sein keramischer Kern ist mit den Edelmetallen Platin, Palladium und Rhodium beschichtet. Die Preise für diese Edelmetalle sind in den zurückliegenden zwei Jahren geradezu explodiert. Rhodium werde inzwischen mit 600 Euro pro Gramm gehandelt und ist damit mehrfach teurer als Gold.

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„Ein Katalysator macht heute ein sonst schrottreifes Auto wertvoll“, sagt Jamal Danache. Das verändere die gesamte Ver­wertungskette. So nehmen auch Gebraucht­wagenhändler nahezu jedes Fahrzeug in Zahlung. Zugleich bieten windige Geschäftsleute vermeintlich viel Geld für schrottreife Autos. „Sie kaufen die Wracks ohne Papiere, demontieren den Katalysator und entsorgen das Fahrzeug am Straßenrand.“

Das Umweltbundesamt warnt inzwischen vor solchen vorgeblich lukrativen Kauf-Angeboten: Autowracks als Gebrauchtwagen zu verkaufen sei eine Ordnungswidrigkeit, die mit empfindlichen Bußgeldern belegt sei.

Parallel dazu haben auch Diebe den Ka­talysator als lukrative Beute entdeckt. Danache berichtet, dass er Altfahrzeuge ohne Katalysator inzwischen gar nicht mehr annehme, weil sich die Verwertung für ihn nicht mehr rechne. „Katalysatoren haben auch schon bei Autos gefehlt, die das Ordnungsamt bei mir entsorgen wollte.“

Innenressort-Sprecherin Rose Gerdts-­Schiffler bestätigt zwei entsprechende Fälle: „Dabei war nicht mehr nachzuweisen, ob die Katalysatoren vor oder nach dem Abschleppen entwendet wurden.“ 

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