Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) wird im kommenden Jahr unter den bisherigen Bedingungen nicht an der Eiswette teilnehmen. „Dass Frauen von solchen Traditionsveranstaltungen ausgeschlossen werden, ist völlig aus der Zeit gefallen“, sagte er. „Wir schreiben das Jahr 2019. Ich hoffe, dass der Eiswettverein seine Regeln entsprechend ändert.“ Sollte dies nicht der Fall sein, werde er 2020 nicht dabei sein.
Weil Eiswett-Präsident Patrick Wendisch nicht der Empfehlung von Sieling gefolgt war, als seine offizielle Vertreterin Bürgermeisterin Karoline Linnert (Grüne) einzuladen, gab es bundesweit Schlagzeilen und Kritik von allen Seiten.
Diese will auch Tage nach der Veranstaltung nicht abreißen. Dem WESER-KURIER liegt der Entwurf eines Dringlichkeitsantrages vor, den die Grünen- und die SPD-Fraktion nun gefasst haben. Die grüne Fraktionsvorsitzende Maike Schaefer und SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe haben das Papier unterzeichnet. Aus diesem lässt sich herauslesen, dass die Fraktionen der Meinung sind, die Senatoren und Bürgerschaftsmitglieder repräsentierten bei der Veranstaltung das demokratische Gemeinwesen. Deswegen sei das Eiswettfest eben keine Privatsache und man poche auch hier auf den im demokratischen Rechtsstaat geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Bürgerschaft soll nun dem Antrag folgen, wonach die männlichen Senatsmitglieder dazu aufgerufen werden, die Eiswette künftig zu boykottieren, bis sie „den Ausschluss von Frauen als Repräsentanten Bremens aufhebt“.
Der grüne Umweltsenator Joachim Lohse, der am vergangenen Wochenende an der Eiswette teilgenommen hatte, ist dann aus dem sprichwörtlichen Schneider: Er hatte im August angekündigt, nicht erneut für seine Partei zu kandidieren. Er wird also beim Eiswettfest 2020 nicht dabei sein. Auch die Stellungnahme von Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) ist eindeutig: „Sollten zukünftig aufgrund der Nichteinladung von Frauen keine Senatsvertreter mehr an der Eiswette teilnehmen, dann gilt das auch für mich.“
Thema wurde schon vor sechs Jahren in der Bürgerschaft diskutiert
Nach Angaben aus dem Innenressort hat sich die Bürgerschaft bereits vor sechs Jahren mit dem Thema Eiswette auseinandergesetzt: Damals hatte das Parlament mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken den Antrag unterstützt, Frauen bei der Eiswette zuzulassen. Damals hatte sich auch Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) dafür ausgesprochen.
In die gleiche Richtung wie der aktuelle Dringlichkeitsantrag geht auch der offene Brief des Bremer Frauenausschusses. „Empörend, dass Sie Bürgermeisterin Karoline Linnert nicht einladen“, schreibt die Vorsitzende Perdita Engeler. „Wir fordern Sie auf: Kommen Sie im 21. Jahrhundert an, das weiblich, männlich, divers und bunt ist!“ Eiswett-Präsident Wendisch ließ mehrere Anfragen des WESER-KURIER unbeantwortet.
Die Eiswette wird jährlich im Congress Centrum Bremen (CCB) veranstaltet. Die Stadt hat das CCB nach Angaben des Wirtschaftsressorts bis Ende 2024 an das Hotel Maritim verpachtet. „Ein Vertrag zwischen der Stadt und den Veranstaltern der Eiswette, auf dessen Grundlage gegebenenfalls Einflussmöglichkeiten gegeben wären, besteht insofern nicht“, teilte ein Sprecher mit.