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Bestimmte Quartiere unterversorgt SPD will Arztpraxen in Bremen besser verteilen

Bremer SPD-Gesundheitspolitker fordern von der Kassenärztlichen Vereinigung, mehr für eine gleichmäßigere Verteilung der Praxen im Stadtgebiet zu tun. Die KV werde ihrer Verantwortung nicht gerecht.
25.03.2019, 19:50 Uhr
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SPD will Arztpraxen in Bremen besser verteilen
Von Jürgen Theiner

Haben die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) die Interessen der Patienten zu wenig im Blick? Eine Anfrage der SPD-Bürgerschaftsfraktion an den Senat legt dies nahe. Die Sozialdemokraten sind der Meinung, dass die Selbstverwaltungsorganisation der niedergelassenen Ärzteschaft zu wenig tut, um auf eine gleichmäßigere Verteilung der Mediziner im Stadtgebiet hinzuwirken. Während sich in manchen Ortsteilen die Fachärzte quasi gegenseitig auf den Füßen stünden, seien entsprechende Praxen in sozial benachteiligten Quartieren ein rares Gut. Bremens KV-Vorstandschef Jörg Hermann tritt dieser Darstellung entgegen.

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Das Thema ist keineswegs neu, es wird sich nach Auffassung der Sozialdemokraten aber nicht von selbst erledigen, wenn kein politischer Druck aufgebaut wird. Die Rolle der KV sehen sie kritisch. Deutschlandweit ist es die Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen, die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Krankenkassen und Politik zu vertreten und die Honorarverteilung an die Vertragsärzte und Psychotherapeuten zu regeln.

KV-Vertreter sitzen auch in den sogenannten Zulassungsausschüssen, die über die Niederlassung von Medizinern oder die Verlagerung vorhandener Praxen entscheiden. Planungsbereich ist dabei in Bremen das gesamte Stadtgebiet.

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Aus der Politik wurde in der Vergangenheit schon mehrfach die Forderung erhoben, Bremen in kleinere Planungsbereiche zu zerlegen und so zu einer ausgewogeneren Verteilung der Ärzteschaft über das Stadtgebiet zu kommen. Denn was nützt etwa die Ballung von Jugendpsychologen in Schwachhausen und der Innenstadt, wenn die Bedarfe eigentlich in Gröpelingen oder Blumenthal bestehen, so die Überlegung.

Neuorganisation von Aufgaben der KV

„Ich habe das in vielen Gesprächen gefordert, bin da aber bei der KV gelegentlich auf eine etwas arrogante Haltung gestoßen“, sagt die SPD-Gesundheitspolitikerin Steffi Dehne. So sei es beispielsweise 2018 nur unter größten Mühen durchsetzbar gewesen, dass die Kassenärztliche Vereinigung eine in Bremen-Nord dringend benötigte Kinderarztpraxis bewilligt.

Laut Dehne gibt es bei den Sozialdemokraten auf Bundesebene durchaus Stimmen, die eine Auflösung der Kassenärztlichen Vereinigungen befürworten. Die Aufgaben der KV könnten auch anders organisiert werden. Sie selbst sei eher dafür, innerhalb der Planungsbezirke der Kassenärztlichen Vereinigungen Anreize zu schaffen, um niedergelassene Ärzte dahin zu lotsen, wo sie tatsächlich gebraucht werden.

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„Es wäre doch beispielsweise denkbar, dass man einer Kinderarztpraxis in einem ärmeren Stadtteil unterstützende Infrastruktur finanziert, etwa in Form eines Sozialarbeiters und Dolmetschers“, so Dehne. KV-Chef Hermann findet die Kritik an seiner Organisation unverständlich.

Sie bemühe sich im Rahmen des Möglichen schon jetzt, Ungleichgewichte in der ärztlichen Versorgung der Stadtteile nicht noch größer werden zu lassen. „Erst kürzlich hat der Zulassungsausschuss dem Umzug einer Praxis aus dem Bremer Westen ins östliche Stadtgebiet die Zustimmung versagt“, so Hermann. Im Übrigen werde in Bremen auf hohem Niveau geklagt. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sei die Hansestadt in allen ärztlichen Disziplinen besser versorgt.

Fachärztezahl seit 2010 gestiegen

Auch der Senat teilt die SPD-Kritik an der Bremer KV nicht. Für eine kleinräumigere Planung der Arztsitze im Stadtgebiet „fehlt es an einer Rechtsgrundlage“, heißt es in der Antwort der Landesregierung auf die SPD-Anfrage. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die KV Bremen ihrem gesetzlichen Auftrag nicht nachkommt, die ärztliche Versorgung im Stadtgebiet sicherzustellen.

Tatsächlich ist die Zahl der niedergelassenen Fachärzte seit 2010 in Bremen sogar gestiegen – von 783 auf 864 im Jahr 2017. Den Bremerhavener SPD-Abgeordneten Bernd Ravens kann das nicht besänftigen. Er hält die KV „für so überflüssig wie einen Kropf“. Sie sei lediglich „eine riesige Geldverteilungsmaschinerie“, die obendrein erhebliche Mittel für den eigenen Betrieb verschlinge. Ravens beruft sich auf Zahlen aus der Senatsantwort.

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Demnach hatte die KV Bremen 2016 Verwaltungskosten von rund 12,2 Millionen Euro. Allein der Vorstandsvorsitzende bezog 2017 laut der Aufstellung eine Vergütung von rund 263 000 Euro zuzüglich einiger Versorgungsleistungen in Höhe von 37 000 Euro. „Das ist viel mehr, als etwa der Präsident des Senats bekommt. Ich halte das für deutlich überhöht“, sagt Ravens.

Mit der KV sei er auch deshalb unzufrieden, weil sie nicht zu bewegen gewesen sei, in der Seestadt einen augenärztlichen Notdienst einzurichten. Er selbst hat die Initiative ergreifen müssen, in Debstedt außerhalb Bremerhavens einen solchen Notdienst zu etablieren. Seit sechs Monaten versehe dort ein angestellter Augenarzt diesen Dienst an der Ameos-Klinik. Die Nutzerzahlen belegten den Bedarf. Ravens: „In diesem kurzen Zeitraum sind dort über 300 Menschen behandelt worden.“

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Zur Sache

KV bestätigt Führung

Jörg Hermann ist in der vergangenen Woche von der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung für ein weiteres Jahr in seinem Amt als Vorstandsvorsitzender bestätigt worden. Der 63-jährige promovierte Hautarzt steht seit Januar 2011 an der Spitze der KV Bremen. Schon zuvor hatte er sich für seine Kolleginnen und Kollegen in Selbstverwaltung und Berufspolitik engagiert.

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