Der Bedarf ist groß. An Bremens Grundschulen fehlen Sportlehrer, in Bremens Sportvereinen fehlen angehende Sportlehrer. „So groß war der Notstand noch nie“, sagt Ernst Steinhoff sogar. Er ist 40 Jahre lang Lehrer für Deutsch und Sport gewesen – und seit 23 Jahren ist er Sprecher der Initiative „Runder Tisch Schulsport“.
Schuld am Mangel hat für ihn vor allem eine Entscheidung, die inzwischen mehr als sechs Jahre zurückliegt: An der Bremer Uni wurde damals begonnen, den Studiengang Sport abzuwickeln. In der Folge hat sich gezeigt, dass Studenten aus anderen Bundesländern nicht den Weg in Bremens Schulen finden – und erst recht nicht in Bremer Vereine. Die profitierten einst davon, dass Studenten in den Klubs als Übungsleiter arbeiteten.
2013 wurde der Studiengang endgültig geschlossen. Seitdem kämpft Steinhoff für eine Wiedereinführung. Er ist kein Einzelkämpfer in der Sache. Erst im vergangenen Monat hatte die Initiative eine entsprechende Resolution an den Bürgerschaftspräsidenten Christian Weber überreicht. Alle Grundschulen und alle Institutionen, die irgendetwas mit Sport zu tun haben, hätten unterschrieben, sagt Steinhoff. „Hochgerechnet stehen die Unterschriften für 300.000 Leute“, sagt er. Für den SV Werder hätten Aufsichtsratschef Marco Bode und Präsident Hubertus Hess-Grunewald unterzeichnet.
Im Senat stößt die Initiative dabei durchaus offene Türen auf. „Lehrerausbildung heißt für mich auch Sportlehrerausbildung“, sagt Sozialsenatorin Anja Stahmann, die auch dem Sport-Ressort vorsteht. Im Interview mit dem WESER-KURIER berichtet sie von „Bewegung“ im Senat beim Thema Studiengang Sport und sagt: „Ich glaube, dass die Bremer Uni da gute Möglichkeiten hätte. Sie könnte die Ausbildung verzahnen, zum Beispiel mit Public Health.“
Auch Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt, einst in Hamburg selbst eine Lehramtsstudentin für Sport, steht „einer Wiederaufnahme der Sportlerausbildung an der Universität Bremen positiv gegenüber“, wie sie auf Anfrage ausrichten lässt. „Deshalb werden wir das im Rahmen der Aufstellung des Wissenschaftsplans 2025 prüfen“, teilt sie mit.
Dabei handelt es sich um eine Art Strategie-Papier für den Zeitraum 2020 bis 2025. Sollte innerhalb dieser fünf Jahre ein Neustart für das Sportstudium an der Uni vereinbart werden, sei die Finanzierung gesichert und die Umsetzung verbindlich, heißt es aus Quante-Brandts Ressort.
Rund zwei Millionen Euro im Jahr
Frühestens wäre ein Comeback für die Sportlehrerausbildung also im Jahr 2020 denkbar. Bei der Prüfung geht es laut Quante-Brandt einerseits um die Finanzierung des Studiengangs – und andererseits um den Investitionsbedarf in den Sportstätten der Uni. Daran arbeite die Sportsenatorin derzeit. „Mein Ressort wird die Sportinfrastruktur der Uni auf Herz und Nieren prüfen“, sagt Anja Stahmann dazu.
Die Kosten für den Studiengang werden allgemein auf rund zwei Millionen Euro im Jahr geschätzt. Laut Ernst Steinhoff bastelt an der Uni selbst, am Fachbereich Kulturwissenschaften, Doktor Lutz Müller an einem Konzept für eine Minimal-Lösung: ein Professor, zwei Assistenten, 30 Studierende pro Jahr. „Man könnte ja erst mal klein anfangen“, sagt Steinhoff. Die Kosten bei Müllers Modell lägen bei knapp einer Million Euro.
Mit Bildungssenatorin Claudia Bogedan gibt es in der Bremer Regierung eine weitere Befürworterin für ein Sportlehrer-Comeback an der Uni. Ihr Ressort räumt auf Anfrage ein, dass an den Grundschulen „vergleichsweise viel Sportunterricht fachfremd unterrichtet“ wird.
Weil kaum neue Sport-Referendare nachkommen, könne das in den nächsten Jahren zu einem weiteren Anstieg des fachfremden Sportunterrichts führen. In einigen Bremer Grundschulen finde gar kein Sportunterricht mehr statt, behauptet Steinhoff, und in den nächsten fünf Jahren scheide die Hälfte der Sportlehrer auch noch aus. „Das ist so schlimm“, klagt er.
Die Stellungnahme der Universität zu diesem Thema wird Steinhoff eher nicht aufmuntern. „Innerhalb der Universität Bremen gibt es keine Bestrebungen, den Studiengang Sportwissenschaften wieder einzuführen. Die Mittel für einen solchen Schritt stehen der Universität nicht zur Verfügung“, heißt es da.
Als 2011 die Entscheidung fiel, den Sport-Studiengang zu schließen, machte laut Steinhoff eine Alternativ-Idee im Bildungssenat die Runde. Man werde sich, um ein mögliches Defizit in Bremen aufzufangen, verstärkt um Sport-Referendare aus anderen Bundesländern bemühen. Ergebnis: Es kamen kaum welche.