Es ist so etwas wie das Lebenselixier der Argentinier – und so auch für die beiden argentinischen Hockeyspielerinnen Josefina Rübenacker und Agostina Lovagnini vom Bremer Hockey-Club. Gemeint ist der Mate-Tee. "Der darf bei uns auf keinen Fall fehlen", meint Lovagnini, "das ist der Geschmack der Heimat." Es ist nicht nur das beliebteste Getränk des südamerikanischen Landes, es ist fast schon eine Tradition; es verbindet die Menschen, erzählen die beiden. "Überall, wo wir Argentinier treffen, wird uns erst mal Mate angeboten. Das ist wie ein Symbol unseres Landes", ergänzt Rübenacker.
Natürlich darf der stimulierende und wach machende Tee, der aus sogenannten Bombillas (Metallstrohhälmen) aus den traditionellen Kalebassen, bauchigen Trinkgefäßen, getrunken wird, auch beim landestypischen Kartenspiel "Truca" nicht fehlen – in gemütlicher Runde mit den anderen Landsleuten, die beim Bremer HC, ob im Damenbundesliga- oder im Herrenregionalligateam, spielen. Insgesamt fünf Argentinierinnen und drei Argentinier spielen beim Klub in Oberneuland. Die 29-jährige Lovagnini: "Das hat es uns sehr einfach gemacht, in Bremen anzukommen. Die Gemeinschaft ist hier sehr familiär und so viele Argentinier hier zu haben, macht uns vieles einfacher."

Der getrocknete Mate-Tee wird klassisch in Kalebassen, hier der von Josefina Rübenacker, mit warmem Wasser frisch aufgegossen.
So stehen auch regelmäßig Kochabende an, damit die kulinarischen Traditionen der Heimat auch nicht zu kurz kommen. Typische Speisen, darunter "Pastel de Papa" (Kartoffelauflauf), "Empanadas" (gefüllte Teigtaschen) und "Tartas" (Kuchen), stehen dann auf der Karte. Als kleine Süßspeise – aber in Maßen, wie die 24-jährige Josefina Rübenacker mahnt – gibt es die sogenannte "Dulce de Leche" (auf Deutsch "Süßes aus Milch"), eine typisch argentinische Karamellcreme aus Milch, Zucker und Vanille, die auch gerne als Brotaufstrich dient. Man merkt: Bei den Argentinierinnen geht die Liebe zur Heimat auch zu großen Teilen durch den Magen.
Doch woher bekommen die beiden Hockeyspielerinnen, die seit einem Jahr zusammen beim BHC spielen, die Zutaten für ihre landestypischen Gerichte? "Einer meiner Lieblingsorte in Bremen ist definitiv das Delicatino in Hastedt", sagt Agostina Lovagnini, die bereits ab 2022 für ein Jahr in Bremen spielte und im vergangenen Jahr nach einem Zwischenstopp in Hamburg wiederkam. "Da bekommst du alles, was du an argentinischen Lebensmitteln brauchst, auch unseren Mate." Auch die große spanischsprachige Gemeinschaft, die in Bremen wohnhaft ist, habe das Eingewöhnen in die Wahlheimat einfach gemacht, "es herrscht eine besondere Atmosphäre hier", sagt Rübenacker. Vor allem die reichhaltige Natur in Bremen erinnere sie an ihre Heimat, auch wenn sie in der Millionenmetropole Cordoba großgeworden ist.
Vorfahren aus Deutschland und Italien

Josefina Rübenacker spielt seit einem Jahr beim Bremer HC.
Dass Deutschland für Josefina Rübenacker ein besonderes Land ist – man ahnt es mit Blick auf den Namen. Denn Argentinien ist auch eine Nation, die von Einwanderern geprägt ist. "Mein Urgroßvater väterlicherseits kam wegen des Zweiten Weltkriegs aus Deutschland nach Argentinien", erzählt Rübenacker, "er entschied sich wegen der Arbeit dann für die argentinische Staatsbürgerschaft." Da aber seine Frau aus Österreich stammt, kam häufiger auch mal Strudel und Gulasch auf den Tisch, so Rübenacker, die nach ihrer ersten Deutschland-Station in Bonn beim BHC anheuerte: "Das ist auch eine kleine Tradition, die in meiner Familie weitergegeben wurde und die ich hier ausleben kann."

Agostina Lovagnini (weißes Trikot) kehrte nach einem Jahr bei Flottbek in Hamburg nach Bremen zurück.
Bei Agostina Lovagnini, auch dort lässt es der Name erahnen, kommen die Vorfahren aus Italien, weshalb die Hockey-Spielerin auch eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzt. Sie fühle sich aber "definitiv argentinisch", wie sie sagt, auch in ihrer Zeit, als sie in Italien Hockey spielte: "Ich habe gemerkt, dass da etwas in mir schlummert, dieses Italienische. Aber die meiste Zeit meines Lebens habe ich in Argentinien gelebt, da bin ich geboren." So gibt es in ihrer Heimatstadt Rosario, die auch der Geburtsort des Fußballweltstars Lionel Messi ist, sogenannte "Colectividades". Feste, bei denen sich Italo-Argentinier mit anderen Familien ehemaliger Einwanderer treffen, um sich über ihre Kulturen auszutauschen.
Was den beiden allerdings in ihrer Wahlheimat fehlt, sind die Grillpartys mit der Familie, sogenannte "Asados", die besonders im Sommer fast jeden Sonntag, mit Freunden aber auch öfter unter der Woche, stattfinden. "Das Fleisch aus Argentinien ist unvergleichbar", sagt Lovagnini unter großer Zustimmung ihrer Teamkollegin. "Ich denke, das soziale Leben ist noch intensiver in unserer Heimat, da ist fast immer Zeit für ein Asado", erzählt Rübenacker. Leider vermassele das Wetter in Bremen es doch häufig, einen Grillabend zu schmeißen. "Das Wetter ist schon hart für uns", sagt Lovagnini.
Verliebt hätten sie sich in die Hansestadt allerdings schon, mal abgesehen vom Klima, wie Jugendolympiasiegerin Rübenacker sagt: "Bremen ist eine schöne Stadt mit so viel Historie und sehr vielen freundlichen Menschen. Das erinnert uns sehr an die Heimat." Auch deshalb – und natürlich auch wegen der vielen Argentinier im Klub – fühlen sich beide in der Hansestadt pudelwohl. Landestypische Gaumenfreuden inklusive.
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