Zum Testen seiner neuen Sportplätze hat sich der Bremer Hockey-Club (BHC) einen Experten eingeladen: Lars Bosselmann. Der 46-jährige Verdener, der im Wettkampfbetrieb für den TC 71 Weyhe aufläuft, gehört in Deutschland zu den besten 20 Padel-Spielern. Die Sportart, die wie eine Mischung aus Tennis und Squash daherkommt, wird nur im Doppel gespielt – und scheint süchtig zu machen. Lars Bosselmann, der "Profi", hat mit Oliver Stöhr an seiner Seite sowie Santiago Arceo und Andres Klingenberg jenseits des Netzes drei Vertreter des BHC im Court, denen der Spaß am Spiel anzusehen ist. Der Argentinier Arceo und der Chilene Klingenberg kennen Padel schon lange aus ihrer südamerikanischen Heimat – und sie lieben es.

Santiago Arceo zeigt zwei Hockey-Spielerinnen, wie Padel-Tennis gespielt wird. Die Seiten- und Grundlinienwände zählen übrigens zum Spielfeld.
Deutschland ist, was Padel betrifft, im Gegensatz zu Südamerika und Spanien ein Entwicklungsland – noch. Geht es nach Martin Schultze, Geschäftsführer und Hockey-Trainer des BHC, soll und wird sich das ändern. "Wir wollen die Sportart promoten", sagt er – auch deshalb hat der Verein auf seiner herrlichen Anlage kräftig investiert. Eigene Padel-Plätze sind es allerdings noch nicht, sondern werden es erst in etlichen Jahren, weil der Verein derzeit buchstäblich viele Baustellen hat und sich finanziell nicht übernehmen möchte.

BHC-Geschäftsführer Martin Schultze
Insgesamt 800.000 Euro, so Schultze, seien in die Padel-Anlage, ein neues Hockey-Kunstrasen-Kleinfeld, eine neue Laufbahn mit Kunstrasen und diverse andere, kleinere Projekte am Heinrich-Baden-Weg geflossen. Auch die Rückwand der Tennishalle, die Windschutz für die neuen Padel-Courts bietet, erstrahlt in neuem Glanz. Angesichts der hohen Gesamtsumme habe der BHC die 250.000 Euro, die für die Padel-Anlage mit sandverfülltem Kunstrasen fällig wurden, nicht auch noch selbst aufbringen wollen.
Es hätte kostengünstigere Varianten gegeben, sagt Schultze, aber der Klub habe sich bewusst für eine hochwertige Ausführung entschieden – zum Beispiel mit 480-Lux-Flutlichtmasten, die HD-TV-tauglich seien. "Sportklasse 1", sagt der Geschäftsführer. Damit wäre sogar eine Fernsehübertragung von Wettkämpfen möglich, auch wenn Turniere und Punktspiele beim Bremer HC derzeit kein Thema sind. Aber das soll sich ja ändern, und Platz für mindestens einen weiteren Padel-Court gibt es auf der Anlage auch.
Die Kosten für dieses Areal betragen auch deshalb eine Viertelmillion Euro, weil zwischen den beiden Padel-Courts ein Court für eine andere Trendsportart mit Namen Touchtennis entstanden ist. Um den Bau zu realisieren, hat der Verein den Weg über die Padel Sports GmbH gewählt: Sie hat die Anlage finanziert und vermietet sie an den BHC. Verkäufer der Anlage ist die Firma Trendsport Rummenigge, zu deren Gesellschaftern der Ex-Fußballprofi von Bayern München und Borussia Dortmund, Michael Rummenigge, zählt.
Die Geschichte hinter der Padel-Anlage des BHC ist eine längere, die an dieser Stelle nicht komplett erzählt werden muss. Vereinfacht dargestellt, ist der Bau auf die langjährige Bekanntschaft Martin Schultzes zu Moritz Fürste zurückzuführen. Der Hockey-Olympiasieger scheint, was Trendsportarten angeht, den richtigen Riecher zu haben. Er hat 2017 den Fitness-Wettbewerb Hyrox ins Leben gerufen, der viele Anhänger gefunden und im März in Bremen an einem Tag 1400 Teilnehmer in die Bremer Messehalle 5 gelockt hat. Seit Längerem hat Fürste auch Padel im Blick. Er gehört mit Martin Schultze, Axel Kaste und Sebastian Schlüter zu den vier Gesellschaftern der Padel Sports GmbH, die in Oberneuland aktiv geworden ist.

Der Bremer HC hat sich im unteren Begrenzungsbereich für dicke Glaswände entschieden.
Noch hat der BHC keine Padel-Abteilung, doch perspektivisch soll er eine bekommen. So lange es keine eigenständige Sparte gibt, bezahlen BHC-Mitglieder als Platzmiete 24 Euro für die Stunde, Nicht-Mitglieder 28 Euro. "Wir wollen erst einmal gucken, wie Padel angenommen wird", sagt Martin Schultze. Sein Verein jedenfalls war recht schnell vom Erfolg der Trendsportart überzeugt. Erst vor etwa einem Jahr war die Idee entstanden, im Herbst folgte auf der Jahreshauptversammlung die Zustimmung der Mitglieder, im November die Bestellung der Anlage – und jetzt, an diesem Sonnabend, deren Einweihung im Rahmen eines Festtages mit großem Programm und abends mit Tanz in den Mai.
Ab 11 Uhr lädt der BHC zum Frühschoppen ein, um 12 Uhr folgt das Hockey-Spiel der Damen, die als Zweitliga-Spitzenreiter ihren Verfolger Crefelder HTC empfangen. Ex-Damen-Bundestrainer Valentin Altenburg wird im Verlauf des Tages ebenso erwartet wie Michael Rummenigge und erneut Lars Bosselmann, der bei einem Padel-Showkampf dabei sein wird. Das Multitalent hat sich in fast allen Rückschlagsportarten ausprobiert und ist beim Padel hängengeblieben. "Das Schöne ist, dass du es schnell erlernen kannst", sagt er. Es sei technisch nicht so anspruchsvoll wie beispielsweise Tennis, sei sehr fair und erfordere viel Spielwitz.

Lars Bosselmann vom TC 71 Weyhe gehört in Deutschland zu den Top-20-Spielern im Padel-Tennis.
Obwohl Padel hierzulande noch eher unbedeutend ist, gebe es Bestrebungen, die Sportart ins olympische Programm aufzunehmen, sagt Lars Bosselmann. Moritz Fürste glaube das auch, sagt Martin Schultze, und so hoffen sie beim Bremer HC, dass sie mit ihrer Investition richtig liegen und den Geschmack der Kundschaft treffen. Wer will, kann am Sonnabend schon mal vorkosten – ab 15.30 Uhr beim "Padel zum Ausprobieren".