Wenn nicht jetzt, wann dann? Die Frage wird nicht nur auf Schlagerpartys gegrölt, sie wird in vielerlei Lebenslagen immer mal wieder gestellt. Neulich hat sich der beste Bremer Triathlet bezüglich seiner Leidenschaft Triathlon diese Frage gestellt. Niklas Dellke ist jetzt 26 Jahre alt und arbeitet als Controller beim Logistik-Unternehmen DSV. Er investiert pro Woche locker 15 bis 20 Stunden Trainingsschweiß in seinen Sport. In ein paar Jahren werden womöglich Themen wie Familienplanung oder seine weitere berufliche Laufbahn gewichtigere Themen, sagt er. Also macht er das jetzt: Er will sein Limit im Triathlon austesten, und deswegen hat er für die kommende Saison eine Elite-Lizenz beantragt. Er reiht sich damit nicht mehr in die Startfelder der vielen Altersklassen-Athleten ein, sondern in das der Profis. Er will quasi ein Nichtprofi werden, der sich mit Profis misst. Er will praktisch noch ein bisschen mehr Leistungssportler sein als vorher.
"Ich arbeite ja Vollzeit, das hat nicht viel mit Profisport zu tun", sagt er einschränkend. Aber das, was man im Sport gerne den nächsten Schritt nennt, möchte er wagen. Hauptmotiv: Er liebe das Race, sagt er. Er wolle "racen". So wird in seinem Metier das genannt, was man sinngemäß so übersetzen könnte: Ein Athlet hat Spaß an Rennen, in denen der Kampf Mann gegen Mann im Vordergrund steht. Da bringt Niklas Dellke der Schritt auf die Rampe zur Elite etliche Vorzüge. Als Altersklassen-Starter wisse man im Wettkampf oft gar nicht, auf welchem Platz man eigentlich liegen würde, sagt Dellke, der Vereinsmitglied der Bremer Triathlöwen ist und in der 2. Bundesliga für das Hamburger Tri-Team startet. Man laufe in den Altersklassen-Rennen oft mehr sein eigenes Rennen als das gegen die Konkurrenz. Direkt im Rennen ist mehr die Uhr der Gegner, weniger der Konkurrent.
Zudem ist die hohe Leistungsdichte im Feld der Besten eine, die die Athleten fast automatisch zu besseren Leistungen treibt. Ende Oktober, berichtet Dellke, habe er bei der sogenannten Ironman-WM 70.3 (1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren, 21 Kilometer Laufen) in St. George/Utah gesehen, dass er mit seinem Tempo im Elitefeld natürlich nicht vorneweg rennen, aber eben auch nicht hoffnungslos hinterherhecheln würde. Der Bremer war nach etwas mehr als vier Stunden in seiner Altersklasse unter 353 Startern auf Rang 15 ins Ziel gekommen. Und das, obwohl er in diesem Sommer viele Wochen lang gar nicht beziehungsweise nur eingeschränkt trainieren konnte. Ein Trainingsunfall, bei dem ihm ein Radfahrer die Vorfahrt nahm, hatte ihm Ende Mai einen Kahnbeinbruch eingetragen und damit die Wettkampf-Optionen für 2022 auf ein Minimum beschränkt. "St. George", sagt Niklas Dellke, "hat mir gezeigt, dass da noch deutlich Potenzial ist." Fast schon verschämt schlussfolgert er, dass er offenbar ein gewisses Talent für den Triathlonsport hat und dass "da noch viel Luft nach oben" vorhanden ist.
Lange habe er mit seinem Trainer Christian Weimer, der ihn aus der Ferne betreut, über das Für und Wider der Elite-Lizenz gesprochen. Die kann im Prinzip bei der Deutschen Triathlon Union (DTU) jeder bekommen, nur ein Medizin-Check ist vorgeschrieben. In anderen Ländern sei das anders, sagt Niklas Dellke. In Großbritannien zum Beispiel erhalte man die Lizenz nur, wenn man ein Wettkampf-Ergenbis vorlege, das höchstens zehn Prozent schlechter ist als das des Siegers eines Elite-Rennens.
Am Ende der Gespräche mit dem Trainer gab es jedenfalls deutlich mehr Für als Wider. Ein besonders großes Für ist dabei Niklas Dellkes sportliche Wiege. Er ist als Schwimmer groß geworden. Es gilt als eine Art Faustregel im Triathlon: Laufen und Radeln kannst du gut trainieren, Schwimmen musst du gut können. Da die Rennen für gewöhnlich mit dem Schwimmen beginnen, auf der Mittel- und Langdistanz mit sehr langem Schwimmen, geraten langsame Schwimmer zu sehr ins Hintertreffen. Für gewöhnlich holen sie das nicht mehr auf, erst recht nicht, wenn auf der Radstrecke im Windschatten gefahren werden darf. Niklas Dellke sagt: "Wenn ich kein gelernter Schwimmer wäre, würde ich das mit der Elite-Lizenz nicht machen."