Die gute Nachricht nach diesem Ironman-Wochenende auf Hawaii könnte lauten: Deutschland bleibt eine Ironman-Macht, auch wenn der beste deutsche Profi diesmal "nur" Sechster geworden ist und die beste Deutsche "nur" Dritte. Zweite, aufs Jahr gesehene gute Nachricht: Triathlon gehört weiterhin zu den Sportarten, die in Deutschland immer beliebter werden und wachsen. Aus Sicht der ambitionierten Bremer Amateure lässt sich festhalten: Zwar sind die Triathlöwen als Mannschaft aus der 2. Bundesliga abgestiegen. Dafür stiegen die Frauen des Triathlon Clubs erstmals in Liga drei auf. Und als Einzelsportler errangen die Bremer beachtliche Erfolge. Gleich vier Athleten, mindestens, dürfen dieses oder nächstes Jahr bei einer WM starten. Der WESER-KURIER stellt das Quartett vor.
Niklas Dellke
Bremens erfolgreichster Triathlet des Vorjahres, 26 Jahre alt, hatte einen misslungenen Start in diese Saison zu verkraften. Schuld war nicht er selbst, sondern ein Zusammenstoß beim Training mit einem Radfahrer. Erst im August konnte Niklas Dellke die Schiene an der Hand wieder ablegen und beim Schwimmen wieder beide Arme benutzen. Er spüre immer noch Schmerzen in der operierten Hand, "aber für drei Stunden den Lenker eines Rennrads festhalten, das geht schon", sagt er. Er sei noch nicht auf dem alten Leistungsniveau, aber es werde besser. Rund zweieinhalb Wochen verbleiben noch bis zur sogenannten 70.3-WM in St. George/Utah. Damit ist die Mitteldistanz gemeint, bei der knapp zwei Kilometer geschwommen, 90 Kilometer Rad gefahren und gut 21 Kilometer gelaufen werden muss Als es im August 2021 in Zell am See über diese Strecken durch Berg und Tag, gegen den inneren Schweinhund, die Kälte und den Regen ging, war Dellke der drittbeste Amateur und qualifizierte sich damit für die WM 2022. Aktuell sei sein größtes Problem nicht die Hand, sondern der Fuß, sagt er. Achillessehne und Wade zwickten zuletzt empfindlich. "Das Laufen wird eine Wundertüte", sagt er mit Blick auf den Wettkampf in St. George, zu dem er am Sonntag kommender Woche anreisen will.
Daniel Klosa
Begleitet wird Niklas Dellke auf der WM-Reise in den Westen der USA nicht nur von seiner Freundin, sondern auch von Daniel Klosa, ebenfalls 26 Jahre alt. Der Bremer Triathlöwe hatte sich ebenfalls im vergangenen Jahr in Zell am See für die diesjährige 70.3-WM in St. George qualifiziert, er war in Österreich der zehnbeste Amateur. Auch er hatte in dieser Saison mit Verletzungsproblemen zu kämpfen, konnte rund drei Monate lang überhaupt nicht trainieren, schaut aber dennoch zuversichtlich der WM entgegen. So langsam käme die Fitness wieder, sagt er, nachdem er Ende August, zurück aus dem Urlaub, auch noch für fünf Tage wegen Corona nicht trainieren konnte. Klosa hofft, dass er in St. George seine Stärke im Schwimmen ausspielen und als einer der Ersten aus dem Wasser steigen und aufs Rad wechseln kann. Er ist immerhin der Weltmeister 2022 im Aquabike, der Kombination aus Schwimmen und Radrennen. Anfang August hatte er im tschechischen Samorin den Titel geholt. Wie bei Niklas Dellke wird es in Utah, wo ordentliche Hitze erwartet wird, auf die Leistung im Laufen ankommen. "Ich will da leiden, weil es so anstrengt und nicht aus irgendwelchen medizinischen Gründen", sagt Daniel Klosa.
Oliver Reinicke
Eigentlich war das ganz schön verrückt. Innerhalb von nur drei Wochen bestritt der 33-jährige Oliver Reinicke zuletzt zwei heftige Triathlon-Weltkämpfe. Erst das 70.3-Rennen in Erkner bei Berlin, dann den Ironman von Barcelona. Doch jetzt kann Reinicke stolz wie nur irgendwas sein. In Erkner wurde er unter rund 1600 Startern Neunter und kam in seiner Altersklasse als Vierter ins Ziel. Lohn: Er erhielt einen WM-Slot für die 70.3-WM im kommenden Jahr im finnischen Lahti. Und in Barcelona setzte der Bremer sozusagen noch eins drauf. Er wurde dort in seiner Altersklasse Dritter und holte sich einen WM-Platz 2023 für das Ironman-Mekka in Hawaii. "Das Rennen von Erkner hat mir in Barcelona eher geholfen statt geschadet", sagt Oliver Reinicke. Weil es eine Art "Durchbruchrennen" gewesen sei, er gespürt habe, wie das umfangreiche Training gewirkt und er die Belastung gut weggesteckt habe. In Barcelona sei er dann auch damit klargekommen, dass die Versorgung der Athleten mit Wasser und Eis bei den heißen Temperaturen miserabel gewesen sei. Nach 130 Kilometern habe er auf dem Rad "zu kochen" angefangen und aus Vorsicht das Tempo gedrosselt. Statt ausreichend Wasser habe es an den Ständen nur komplett verschlossene (!) Wasserflaschen aus Plastik gegeben, die sich nur mühsam öffnen ließen und dann auch noch nicht mal in die Halterungen am Rad gepasst hätten. Dennoch war Oliver Reinicke bei seinem zweiten Ironman mit 9:08 Stunden etwas schneller als beim Debüt im Vorjahr in Almere.
Rainer Koschke
Der frühere Langstreckenläufer (Marathon-Bestzeit 2:29 Stunden) ist, wenn man so will, ein alter Ironman-Hase. Inzwischen 55 Jahre alt, kam er vor 18 Jahren aus Stuttgart nach Bremen, wurde Professor der Informatik – und ein Triathlöwe. 2017 qualifizierte er sich beim Frankfurter Ironman fürs Non-plus-Ultra-Rennen auf Hawaii. "Wenn ich im Fernsehen Bilder von Hawaii sehe, kommen immer wieder diese Erinnerungen hoch", sagt er. Die sind stark genug, dass er es ein zweites Mal versuchen will, sich für das Hawaii-Rennen im kommenden Jahr zu qualifizieren. Am 25. November will er das bei einem Ironman in Israel angehen. Klappt das, hat auch Rainer Koschke 2023 gleich zwei WM-Starts. Wie Oliver Reinicke ist er im September beim 70.3-Rennen in Erkner gestartet. Er siegte in seiner Altersklasse und holte sich damit einen WM-Platz für Lahti. Der Triathlon von Erkner stand übrigens voll im Zeichen der Starter aus Bremen. Gesamtsieger wurde der ambitionierte Ironman und Hawaii-Starter Simon Müller, der 2022 für ein Jahr zum Studium nach Bremen gekommen ist und aushilfsweise auch für die Triathlöwen startete.