Sechs Tage lang rasen die Radprofis durch die ÖVB-Arena, oder besser: sechs Nächte. Tausende Menschen sehen ihnen dabei zu, aber kaum einer weiß: Wie geht es den Fahrern in dieser Zeit? Wie leben sie, abseits der Bahn? Was treibt sie an, was bedrückt sie? Die WESER-KURIER-Volontärinnen Katharina Elsner (ELS) und Kristin Hermann (HEK) begleiten Christian Grasmann abwechselnd durch die Sixdays; der Münchner ist mit seinen 34 Jahren einer der erfahrensten Profis des Bremer Fahrerfeldes.
Sonntag - Tag 4
12.00 Uhr: Christian "Grasi" Grasmann führt ein Leben auf dem Rad. Mehr als 250 Tage im Jahr ist er dafür unterwegs. Was den Sport eigentlich ausmacht, erklärt er hier:
Das Besondere am Bahnrad:
Die Herausforderungen beim Bahnradfahren:
Was ist besser: Bahnradfahren oder Straße:
Voraussetzungen für Bahnradfahrer:
13:45 Uhr: Christian Grasmann hat gute Laune. Vielleicht, weil er mit seinem Kollegen Kenny de Ketele Dritter bei der Großen Jagd am Sonntag geworden ist. Wahrscheinlicher aber: Er kann heute Abend früh ins Bett und morgen ausschlafen. "Alle sind müde, das halbe Feld ist tot", sagt er. Gut, dass Sonntagabend frei ist. Um 18 Uhr ist Schluss. Dann bleibt Grasmann Zeit, Freizeit, zum Beispiel, um mit seiner Freundin zu telefonieren. Dafür wäre es in der Fahrerbox an der Bahn sowieso zu laut.
Seit sieben Jahren lebt er mit seiner Freundin zusammen in Holzkirchen, zwischen Tegern- und Starnberger See, das Alpenpanorama vor der Haustür. Sie hat gerade ihre Dissertation fertig gestellt, ist Doktorin der Philosophie. Auch wenn er momentan mehr Stunden, Tage, Wochen mit seinen Radsport-Kollegen verbringt, Familie, Freunde und Freundin könnten die nicht ersetzen. Zumindest nicht ganz.
Grasmann unterteilt in "Kollegen" und "Ersatzfamilie". Mit manchen verstehe er sich gut, manche Leute interessierten ihn nicht - "die, die Mickie Krause hören", sagt er. "Sportfreundschaft ist eine Zweckgemeinschaft. Am Ende des Sports hört die auf." Wenn es um die richtigen, die ernsthaften Probleme geht, die nichts damit zu tun haben, ob der Sattel um zwei Zentimeter verrutscht ist oder die Nacht zu kurz war, dann sei die Familie unersetzlich. "Sobald du mit dem Sport aufhörst, bist du ersetzbar wie eine Telefonnummer im Handy", sagt er und meint es nicht frustriert oder gar enttäuscht, sondern einfach rational. (ELS)
Marcel Kalz mischt sich ein. Kalz muss auf Toilette. Ein Eimer steht in der Fahrerbox, mit Pril und Wasser gefüllt. Ein Deckel obendrauf. Riechen tut es nicht. "Zeit, um zwischendurch auf Toilette zu gehen, haben wir Fahrer nicht", sagt Kalz. So zieht er den weißen Vorhang in der Fahrerbox zu. Es dauert nicht mehr als 15 Sekunden.
18:00 Uhr: Der letzte Sprint. Feierabend. Gut, dass Sonntag ist. Dann läuft meist Tatort, und Grasman ist Fan. Aber die vom Til Schweiger, die mag er nicht. (ELS)
20:15 Uhr: Polizeiruf.