Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Experte über die Pinguins "Mischung aus gallischem Dorf, guter Teamchemie und familiärem Umfeld"

Vor dem Play-off-Finale gegen die Eisbären Berlin zeigt sich Eishockey-Experte Patrick Ehelechner geradezu begeistert von den Fischtown Pinguins. Er zieht eine erstaunliche Parallele zu zum Fußball.
17.04.2024, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Olaf Dorow

Herr Ehelechner, vom Finaleinzug der Pinguins sind die meisten entweder total überrascht – oder gar nicht. Zu welcher Fraktion gehören Sie?

Patrick Ehelechner: Eher zur zweiten. Wenn man sich die Entwicklung der Mannschaft anschaut, dann sieht man doch, dass sie sich Jahr für Jahr gesteigert hat. Sie hat immer wieder die Play-offs erreicht. Also, wer da jetzt riesig überrascht ist, der tut sich ein bisserl schwer.

Immer wieder wird der ganz spezielle Teamgeist in Bremerhaven gelobt. Mit Verlaub: Mit Teamgeist gewinnt man mal Spiele, aber legt doch nicht solch einen souveränen Durchmarsch durch die Saison hin!

Das sicher nicht, aber das ist ja auch nicht alles, was das Team ausmacht.

Sondern?

Alfred Prey (der Manager, d. Red.) und Thomas Popiesch (der Trainer, d. Red.) haben da eine große Kontinuität reingebracht. Spieler wie Verlic oder Urbas spielen gefühlt schon seit 15 Jahren da. Einen großen Umbruch, wie letztens in Mannheim, gab es eigentlich nie. Es ist diese Mischung aus gallischem Dorf, guter Teamchemie und familiärem Umfeld, was Fischtown so stark macht.

Lesen Sie auch

Reicht das, um auf dem Eis die besten Quoten zu haben, sowohl bei Über- als auch bei Unterzahl? Wie schafft man das?

Mit Leidenschaft! Damit, dass man wirklich jeden Schuss parieren will. Entweder du gibst für dein Team alles oder eben nicht. Wer in der DEL spielt, der ist taktisch so geschult, dass er Unterzahlspiel kann. Aber Leidenschaft, die kann man schlecht schulen. Gegen München haben 13 verschiedener Pinguins-Spieler einen Schuss abgewehrt. Das ist eine unglaubliche Quote. Das pusht eine Mannschaft.

Und wenn doch ein Schuss durchkommt, steht ja dieser Kristers Guldlevskis im Tor...

...was der aufs Eis bringt, ist fantastisch. Er zeigt super Reaktionen, ist mit 31 im besten Goalie-Alter und seine Körpergröße von 1,90 Metern ist schon mal exzellent. In Amerika, in der NHL, werden mittlerweile auch nur noch Torhüter genommen, die mindestens 1,87 Meter groß sind. Es kommt nicht von ungefähr, dass Gudlevskis auch in Amerika schon mal gedraftet worden ist. Aber natürlich schwimmt er in Bremerhaven jetzt auch auf dieser Welle, das gibt noch mal besseres Selbstbewusstsein und Körpersprache.

Als Klub mit vergleichsweise bescheidenem Etat findet Bremerhaven oft Profis, die finanzkräftigere Klubs nicht finden. Wie geht das?

Eine Mannschaft nach Scorerpunkten zusammenstellen, kann jeder. Da braucht man nur zu googeln. Einen Topscorer aus der Schweiz bekommt Bremerhaven eher nicht, weil der normalerweise fünf deutlich höher dotierte Angebote hat. Fischtown findet oft Spieler, die irgendein Problem haben in ihrem Klub – und bringt sie in der Wohlfühloase Bremerhaven wieder dahin, wo sie spielerisch schon mal waren. Und weiter. Für die Spieler stellt sich die Frage: Bleibe ich hier, bekomme ich zwar 30 Prozent weniger Geld oder so. Dafür werde ich aber wertgeschätzt.

Lesen Sie auch

Klingt gut. Ist es nicht fast ein bisschen ungerecht, dass die Pinguins so eine überragende Saison hingelegt haben, am Ende aber doch traurig sein müssen, wenn sie das Finale verlieren?

Sie sind verdient Hauptrunden-Meister geworden. Sie sind deswegen gegen Berlin jetzt eigentlich der Favorit. Ihr Vorteil: Sie haben ja quasi schon gewonnen. Es kann gar keine schlechte Saison mehr werden. In Berlin besteht dagegen immer der Anspruch, Meister zu werden. Das ist wie bei Bayern im Fußball. Übertragen auf den Fußball ist Bremerhaven jetzt Leverkusen und Berlin ist Bayern. Ein aktuell unglaublich heißes Team triff auf das Topteam der Liga.

Und wie kann das ausgehen?

Bisher war es dieses Jahr ja noch nicht besonders spannend in den Play-off-Vergleichen, nur in einzelnen Spielen. Als Eishockeyfan wünsche ich mir jetzt sieben Spiele. Und in Spiel sieben, das in Bremerhaven stattfinden würde, stehen die Siegchancen der Pinguins bei 50,1 Prozent. Berlin kommt zwar als bestes Auswärtsteam. Aber Bremerhaven war in dieser Saison die bessere Heimmannschaft.

Das Interview führte Olaf Dorow.

Lesen Sie auch

Zur Person

Patrick Ehelechner (53)

ist ein ehemaliger Eishockey-Profi. Unter anderem stand der Rosenheimer lange im Tor der Nürnberg Ice Tigers. Der Eishockey-Influencer arbeitet als Experte für MagentaSport, Sky und Eurosport

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)