Herr Franzreb, als die Pinguins Sie verpflichteten, war damit die Hoffnung verbunden, dass Sie als deutscher Torwart über Jahre ein Gesicht der Mannschaft werden könnten. Geht der Plan gerade auf?
Maximilian Franzreb: Zurzeit geht er ganz gut auf. Im ersten Jahr hab ich anfangs warten müssen, um auf meine Spielzeiten zu kommen. Aber mittlerweile kann ich hochzufrieden sein – und habe mit meinen Leistungen auch bestätigt, dass ich das werden kann, was sich die Leute in der Vereinsführung vorstellen. Deshalb habe ich vor der Saison auch um drei Jahre verlängert.
Deutsche Torhüter sind in der DEL eine Rarität, Ihre Leistungen machen Sie automatisch für Spitzenklubs interessant. Muss man das als Profi im Hinterkopf haben – oder ist Ihnen der familiäre Klub in Bremerhaven lieber?
Man muss Gedanken an die Topklubs als Eishockeyprofi immer im Hinterkopf haben, andererseits bin ich bei den Pinguins sehr gut angekommen. Die Mannschaft ist toll, das Finanzielle stimmt, und wir fühlen uns hier als Familie wohl. Nach der Saison läuft mein Vertrag noch zwei Jahre, den werde ich erfüllen. Es sei denn, es ruft ein Klub aus dem Ausland an – dann muss man die Situation überdenken, denn eine solche Chance bekommt man nicht oft im Leben.
Welche Länder fänden Sie interessant?
Schweden und die Schweiz auf jeden Fall, Russland jetzt sicher nicht mehr. Klar würde ich auch nach Amerika gehen, aber dazu muss man in der Nationalmannschaft spielen und Einsätze bei der Weltmeisterschaft haben. Das fehlt mir, trotz der guten Leistungen in Bremerhaven. Mal sehen, was noch kommt.
Sie spielen seit frühester Kindheit, auch ihr Vater war ein professioneller Eishockeytorwart. Wann ist es gut, wann ist es nervend, wenn der Vater auch gut im Tor war?
Doof ist es, wenn man noch klein ist und der Vater dein Trainer ist. Und natürlich glaubt, er müsse sein eigenes Kind härter rannehmen als die anderen, damit keiner denkt, der Sohnemann dürfe sich alles erlauben. Heute sprechen wir gar nicht mehr so viel über Eishockey, sondern lieber über seine Enkeltochter. Aber wenn man Fragen hat, ist es gut: Er hat in vielen Dingen die gleiche Sichtweise, weil er halt auch ein Torwart war. Wenn ich als Kind Spiele hatte und er auf der Tribüne saß, gab er mir anschließend viele Tipps. Da kannst du als Kind gar nicht weghören. Schlechte Erfahrungen habe ich damit aber nie gemacht. Seine Tipps waren immer hilfreich.
Im ersten Saisondrittel waren die Pinguins viele Wochen an der Tabellenspitze. Hat Sie dieser Höhenflug überrascht?
Die Saisonvorbereitung lief zwar durchwachsen, trotzdem hat es mich nicht überrascht. Wir wussten, dass wir gutes Eishockey spielen können. Es war schön an der Tabellenspitze. Zu Saisonbeginn war auch mal das nötige Glück dabei, wenn wir 0:3 zurücklagen und trotzdem gewannen. Wenn wir im Herbst nicht so viele Verletzte gehabt hätten, wären wir noch länger ganz oben dabei gewesen.
Unter den Top sechs sind Sie weiterhin. Ist das Erreichen der Play-offs erneut realistisch?
Seit unser Kader wieder komplett ist, haben wir konstant gutes Eishockey gespielt, trotz unglücklicher Niederlagen. Wenn wir so weitermachen, werden wir den Großteil unserer Spiele gewinnen und die Play-offs erreichen. Das muss auch unser Ziel sein.
Sie erlebten zuletzt Niederlagen mit skandalösen Schiedsrichterentscheidungen. Wie geht man als Profisportler und als Mannschaft damit um?
Bei dem umstrittenen Gegentor in Nürnberg war es so, dass ich den Puck gegen die Maske bekommen hatte. Die Schiedsrichter sagen immer, man solle dann rufen oder anzeigen, dass etwas ist. Das habe ich gemacht. Der Schiri meinte zu mir, er hätte mich nicht gesehen. Ich sagte: Jungs, ihr müsst auch hinsehen, das ist euer Job. Aber Fehlentscheidungen passieren im Sport, das gehört dazu. Wir hätten das Gegentor trotzdem noch verteidigen können. Vielleicht muss man mental als Mannschaft besser reagieren, wenn so etwas passiert.
War das auch danach in Iserlohn das Problem, als per Videobeweis ein Treffer gegeben wurde, obwohl der Puck nicht im Tor war? Danach verlor Ihr Team den Faden und das Spiel.
Bei so einem Gegentor fühlen sich manche Spieler ungerecht behandelt und sind nicht mehr richtig bei der Sache. Dadurch konnte der Gegner das Spiel drehen. Wir haben als Mannschaft nicht gut reagiert, wir lagen immer noch mit einem Tor vorne, als das Tor gegeben wurde. Da musst du im Kopf schlau sein und das Spiel nach Hause bringen. Jetzt erst recht, so ein Denken brauchst du dann. Wir werden dafür bezahlt, auch solche Spiele zu gewinnen. Manche Spieler ziehen Energie aus so einer Ungerechtigkeit, andere denken zu viel nach. Daraus müssen wir lernen, auch mit Blick auf die Play-offs.
Könnte dieses Jahr mehr möglich sein als das Viertelfinale?
Ich glaube, schon die vergangenen beiden Jahre war mehr drin. In den entscheidenden Momenten muss man wissen, dass es Play-off-Eishockey ist. Nehmen wir zum Beispiel Wolfsburg: In den Play-offs legen die körperlich eine Schippe drauf, bei München sieht man das auch. Auch wir müssen dahin kommen, dann noch besser zu sein und noch einen Schuss mehr aufs Tor zu bringen. In den Play-offs reicht es nicht, gut mitzuspielen. Da muss man schlau und präsent sein, um sich durchzusetzen. Topteams zeigen genau das.
Ihr Konkurrent im Tor, Brandon Maxwell, hat den Verein in Richtung Schweden verlassen. Wie fanden Sie seinen Abgang?
Es war seine Entscheidung. Er war ein guter Torwart, auch wenn wir immer mal wieder angeeckt sind. Das passiert aber unter Konkurrenten manchmal. Ein bisschen schade finde ich, dass es ein unwürdiger Abgang war: Er hat sich bei uns Spielern nie mehr gemeldet und sich nicht verabschiedet. Ich meine: Er war zweieinhalb Jahre da, diese Mannschaft war wie seine Familie. Da könnte man wenigstens eine Textnachricht schicken. Aber Eishockey ist halt manchmal schnelllebig.
Ist es Ihnen lieber, einen harten Konkurrenten zu haben, der Sie anstachelt? Oder lieber einen Teamplayer?
Mit unserem neuen Torwart Niklas Svedberg habe ich nun seit sehr langer Zeit mal wieder einen Partner, mit dem man sich auch über andere Dinge als Eishockey unterhalten kann, ohne dass man jedes Wort abwägen muss. Man muss in unserem Sport nicht beste Freunde sein, aber es ist schön, wenn man sich versteht und auch mal ein Bier miteinander trinken kann. Am Ende entscheidet eh die Leistung. Man kann als Torwart nicht 56 Spiele am Stück machen. Also braucht man zwei Torhüter.
Ihr Ex-Klub Eisbären Berlin steht als Meister im Tabellenkeller. Wie denken Sie darüber?
Es ist schade für so einen Verein, weil er da unten nicht hingehört. Aber man sieht, wie schnell das gehen kann, selbst für so einen Kader. Problematisch ist, dass diese Mannschaft nicht für eine Krise im Tabellenkeller gemacht ist. Das arbeitet in den Köpfen. Erst denkt man, dass es bald bestimmt wieder nach oben geht. Aber wenn man in so einem Negativstrudel steckt, ist es brutal schwer, wieder herauszukommen. Auch für Topspieler. Zumal der Druck von außen immer größer wird. Das macht was mit dem Selbstvertrauen einer Mannschaft.
Am Sonntag spielen Sie gegen die Augsburger Panther, die auch nicht gedacht hätten, im Keller zu landen. Wird es dadurch doppelt schwer?
Die kämpfen wirklich ums Überleben und werden alles aufs Eis bringen, egal, was es kostet. Aber solche Kämpfe müssen wir annehmen. Auch das ist eine gute Vorbereitung auf die Play-offs.