Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Ungewöhnliche Karriere des Pinguins-Goalies Franzreb: Der lange Weg nach Hause

Als Jugendlicher träumte er von der großen Karriere, doch dann musste Eishockey-Torhüter Maximilian Franzreb einen Schritt zurück machen, um es wieder in die DEL zu schaffen. Eine ungewöhnliche Geschichte.
28.10.2021, 18:40 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Franzreb: Der lange Weg nach Hause
Von Jean-Julien Beer

Der entscheidende Anruf kam im Dezember – und er sollte die Karriere von Maximilian Franzreb so verändern, wie er sich das erhofft hatte. Der Eishockey-Torhüter war daheim im bayerischen Bad Tölz, auf dem Display seines Telefons sah er die Nummer eines alten Bekannten: Alfred Prey, Manager der Fischtown Pinguins. Beide kennen sich seit Jahren, in der Saison 2014/15 gehörte der damals 18-jährige Torhüter kurz zum Aufgebot der Bremerhavener in der zweiten Liga. „Ich sagte ihm, dass wir ihn nach Hause holen wollen“, erzählt Prey von dem Anruf im Winter, wobei man dieses „nach Hause“ bei Franzreb erst einmal richtig verstehen muss.

Denn der Torhüter wurde zwar in Bad Tölz geboren und spielte zuletzt auch dort, dazwischen aber war er gefühlt überall, nur nicht im tiefsten Bayern. Viele Jahre lebte er in Norddeutschland. Mit sieben Jahren zog er mit seinem Vater, der auch Eishockeytorwart war, nach Hamburg – weshalb er stets mit einem freundlichen „Moin“ grüßt und nicht mit einem „Servus“.

Beim damaligen DEL-Klub Hamburg Freezers galt Franzreb als Top-Talent, er nahm auch an einem Nachwuchscamp der Los Angeles Kings teil. Nach der Auflösung der Freezers, für die er in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) noch debütierte, griffen die Eisbären Berlin zu. Doch in der Hauptstadt wurde Franzreb in vier Jahren weder heimisch noch glücklich. Immer wieder wurde er an den kleineren Kooperationspartner Lausitzer Füchse verliehen. Seine großen Träume von einer richtigen Profi-Karriere gerieten in immer weitere Ferne.

„Wir haben ihn aber immer im Auge behalten“, sagt Pinguins-Manager Prey, der auch den ungewöhnlichen nächsten Schritt des Torhüters verstehen konnte. Im Januar 2020 packte er in Berlin seine Sachen und zog in seinen Geburtsort Bad Tölz, um bei den dortigen Löwen im Tor zu stehen: Raus aus der großen DEL-Blase, in der er nur noch einer von vielen Spielern im XXL-Kader der Eisbären war, dafür runter in die zweite Liga (DEL2). Ein Schritt zurück, um konstant zu spielen und sich zu entwickeln. Nur 25 DEL-Einsätze für die Eisbären, das war zu wenig. Und tatsächlich: In Bad Tölz blühte Franzreb auf, wurde zum besten Torhüter der DEL2 und auch wieder zu einem Top-Athleten. Zu Beginn der Pandemie bestellte er sich Fitnessgeräte und arbeitete hart daran, es zurück in die DEL zu schaffen. Als Prey anrief, versprach Franzreb: „Ich rede mit keinem anderen, wenn ihr mich holen wollt.“ Denn Bremerhaven bezeichnet er selbst als „zu Hause“. Dort sei er nun endlich wieder, nur eineinhalb Autostunden von Hamburg entfernt. Es war ein langer Weg nach Hause.

Bei den Pinguins ist Franzreb nicht nur der Backup, sondern auch der jüngere Herausforderer des amerikanischen Torhüters Brandon Maxwell. Der Mann aus Florida ist 30 Jahre alt, der Hamburger Junge aus Bayern ist 25. Bei den Pinguins kam er in Rekordzeit gut an. „Ein sehr verbindlicher, zuverlässiger und freundlicher Kerl – und darüber hinaus ein guter Eishockeyspieler“, lobt Prey, „er ist in der Mannschaft unheimlich beliebt und menschlich total in Ordnung.“ In der Champions League machte er für die Pinguins überragende Spiele, auch bei seinem ersten DEL-Spiel für Bremerhaven wurde er gleich zum Matchwinner und sicherte den 3:2-Sieg in Nürnberg. „Unser Plan ist aufgegangen“, freut sich Prey, „Maximilian hat zwar noch nicht so viele Spiele gemacht, aber seine Zeit wird kommen.“

Auch Maxwell hat erkannt, dass Franzreb den Ehrgeiz hat, selbst Stammtorhüter in der DEL zu sein. Laut Prey geht der Amerikaner „kollegial“ damit um, aus gutem Grund: „Auch ein Maxwell steht in einer gewissen Abhängigkeit zu Franzreb. Denn ein Torhüter kann nicht die komplette Saison durchspielen. Er weiß, dass es für ihn wichtig ist, einen guten Backup zu haben, der ihn ab und zu mal entlasten kann.“

An diesem Wochenende, wenn die Pinguins bei den Eisbären Berlin (Freitag, 19.30 Uhr) und daheim gegen die Bietigheim Steelers (Sonntag, 14 Uhr) spielen, ist es möglich, dass beide Goalies zum Einsatz kommen. „Irgendwann wird es auf eine 3:1-Sequenz hinauslaufen“, meint Prey, das heißt: Franzreb würde dann jedes vierte Spiel machen. Das wäre für ihn der nächste logische Schritt auf dem Weg zum DEL-Stammtorhüter. Auch wenn er dafür viele Umwege gehen musste.

Lesen Sie auch

Zur Sache

"Die zweite Liga hat ihn nach vorne gebracht"

Thomas Popiesch (56) ist seit 2016 Cheftrainer der Fischtown Pinguins und wurde 2018 und 2021 zum Trainer des Jahres in der DEL gewählt. Hier spricht er über das Torhüter-Duell.

Herr Popiesch, ist es ideal, wenn hinter dem Stammtorhüter ein ehrgeiziger junger Mann lauert?

Thomas Popiesch: Wir hatten über die Jahre immer junge Torhüter, von denen wir uns mehr erhofft hatten. Jetzt bin ich optimistischer, weil Maximilian Franzreb einen anderen Weg gegangen ist. Er hat auch als junger Torhüter schon viele Spiele in der DEL2 gemacht, er hat also schon Spielerfahrung. Bei einem Torhüter geht es nicht nur um die technischen Voraussetzungen, sondern auch darum, wie er in einer Saison mit guten und schlechten Phasen umgeht. Jeder Torhüter wächst, wenn er irgendwo erster Torhüter ist.

Also war es richtig, dass er zurück nach Bad Tölz in die zweite Liga ging?

Dass er dort eine ganze Saison als Nummer eins verletzungsfrei spielen konnte, hat ihn weit nach vorne gebracht. Es ist besser, wenn junge Torhüter in der DEL2 spielen, wo sie auch wirklich im Tor stehen – und erst später den nächsten Schritt machen. Viele setzen sich mit 21 Jahren in der DEL auf die Bank und haben mit 24 noch keine hundert Spiele gemacht.

Wie sehen Sie das Torhüter-Duell in Ihrem Kader?

Maximilian bietet sich an im Training, ist fleißig und ein guter Junge. Jetzt müssen wir schauen, dass er genug Spiele hat. Trotzdem ist Brandon Maxwell im Moment unsere Nummer eins, den wollen wir in genügend Spielen im Tor haben. Aber bei unseren vielen Spielen brauchst du zwei gute Torhüter. Es wird aber kein Selbstläufer: Maximilian spielt nun neben einem starken Torhüter, der auch halten will. Damit muss er umgehen können.

Das Gespräch führte Jean-Julien Beer.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)