Zweieinhalb Stunden haben die Mitglieder von OT Bremen diskutiert, sie haben am Freitagabend echte und vermeintliche Probleme gewälzt, das Für und das Wider einer Fusion mit den Vereinen SG Arbergen-Mahndorf, OT Bremen und TuS Vahr abgewägt und am Ende eine Antwort gefunden – in der Ablehnung des geplanten Groß-Sportklubs Sportgemeinschaft Bremen-Ost (SGBO). Bereits am Vorabend hatte es den ersten Rückschlag für das ambitionierte Projekt gegeben, denn auch die Mitglieder des ATSV Sebaldsbrück hatten die Zustimmung für eine Fusion verweigert.
Das Sebaldsbrücker Votum war noch ein Rückschlag gewesen, das Votum in Osterholz-Tenever dagegen sollte der Todesstoß für den SGBO sein. Denn nachdem die Entscheidung um kurz vor halb zehn am Abend gefallen war, dauerte es nicht lang, bis sich der Vierte im Bunde meldete, der TuS Vahr: Der kleinste Klub sagte nach WESER-KURIER-Informationen seine für Montagabend geplante Fusionsversammlung ab.
Am Montag noch hatte die Fusion die erste Hürde genommen. Bei der SG Arbergen-Mahndorf hatten etwa 78 Prozent der Mitglieder für den Zusammenschluss gestimmt, die notwendige Dreiviertel-Mehrheit war damit – wenn auch knapp – erreicht. Die Hoffnung, dass es klappen würde mit dem Großverein, dem dann ab dem 1. Januar 2020 knapp 6000 Mitglieder angehört hätten, lebte. Wenn auch die Arberger Verantwortlichen zurückhaltend waren mit Prognosen für die bevorstehenden Versammlungen der drei anderen Vereine. „Ich hoffe sehr, dass alle zusammenkommen“, hatte Handball-Abteilungsleiter Kai Homann die Stimmung zusammengefasst und gleich die Konsequenzen aufgezeichnet: „Wenn das jetzt nicht zustande kommt, wird es auch in 15 Jahren nicht zustande kommen.“
Es ist nicht zustande gekommen. Im Fall von OT lag es am Freitagabend nicht an der Fußballabteilung – die Stimmung kippte im Laufe des Abends, der skeptischen Judo-Abteilung schlossen sich nach Informationen des WESER-KURIER Badminton und Tischtennis und am Ende auch die Turnabteilung an. So gab es zwar am Ende unter den knapp 300 anwesenden Mitgliedern zwar eine Mehrheit für eine Fusion, die aber deutlich unter der benötigten Dreiviertel-Mehrheit lag. Damit waren die Fusionspläne vom Tisch – OT bleibt OT, so wie der ATSV Sebaldsbrück weiter ATSV Sebaldsbrück heißen wird.
Es ändert sich also nichts: An der Sporthalle Beim Sattelhof prangt der Schriftzug „ATSV Sebaldsbrück von 1905 e. V.“ seit Jahren in großen Lettern am Gebäude – und wird dort auch zukünftig bleiben. Das notariell beglaubigte Ergebnis verzeichnet beim ATSV 131 Stimmen für und 101 Stimmen gegen eine Fusion. Bei vier Enthaltungen, die nicht in das Resultat einfließen, entspricht das einer Zustimmung von ungefähr 56 Prozent. Damit wurde die erforderliche Mehrheit von 75 Prozent deutlich verfehlt. Trotzdem betont der ATSV-Vorsitzende Jens Bunger, dass mehr als die Hälfte der anwesenden Mitglieder für eine Fusion gestimmt habe. „Ich nehme das Positive mit“, sagt Bunger. „Wir respektieren das Ergebnis und müssen jetzt erst mal die anderen Abstimmungen abwarten.“
Gegenüber dem WESER-KURIER bestätigt Bunger, dass der aktuelle ATSV-Vorstand bei der nächsten Wahl im März nicht wieder antreten werde. Es liege nun an den Gegnern der Fusion, „vom Sofa hochzukommen und neue Ideen zu entwickeln“.
Bunger selbst war am Montag im Rahmen der Versammlung von Arbergen-Mahndorf als stellvertretender Vorsitzender der SGBO gewählt worden. Doch auch dieses Thema ist nun erledigt.
Fußballer stimmten gegen Fusion
Am Tag nach der Abstimmung zeigt sich Matthias Reich, Leiter der Fußballabteilung, konsterniert. Überraschend viele der Fußballer hätten gegen die Fusion gestimmt. „Ich hatte mir erhofft, dass wir in der Abteilung zusammenhalten“, sagt Reich. In den letzten Wochen habe sich die Haltung bei den Fußballern eigentlich in Richtung einer Zustimmung verändert, so Reich. „Spieler und Trainer vertrauen dem Vorstand“, hatte Reich noch am vergangenen Mittwoch gesagt. Er selbst habe zuletzt viel Arbeit investiert, Gespräche mit den Fußballabteilungen der anderen Vereine geführt und eine Versammlung der Fußballer vom ATSV organisiert.
Auch der Vorstand sei bei dieser Versammlung dabeigewesen. „Da gab es auch das eine oder andere lautere Gespräch – wie auf dem Fußballplatz“, sagt Reich. Um mit allen Teams zu sprechen und alle Fragen zu klären, sei natürlich noch keine Zeit gewesen. Reich hatte sich von einem Zusammenschluss auch sportliche Ambitionen erhofft. „Das Ziel muss sein, mit einer SGBO-Mannschaft in die Bremen-Liga zu kommen“, sagte Reich kürzlich. Das Scheitern der Fusion habe ihn auch persönlich sehr enttäuscht. „Das Vertrauen ist weg“, sagt Reich nun, der auch persönliche Konsequenzen erwägt. Es sei fraglich, ob er selbst noch eine Zukunft beim ATSV habe oder den Verein verlassen werde.
Auch Jens Bunger kann nicht verstehen, warum es so viele Gegenstimmen gab. „Natürlich wussten wir, dass die Tischtennisabteilung dagegen war“, sagt Bunger. „Wir haben uns in den vergangenen Wochen bemüht, die Emotionen einzufangen.“ Dass letztendlich auch so viele Fußballer gegen die Fusion stimmten, habe ihn irritiert. „Irgendwo gab es Strömungen, die wir nicht mitbekommen haben“, so Bunger. Auch konkrete Angebote, vor allem an die Tischtennisspieler, habe es gegeben. „Wir hätten ihnen bei Austritt und Vereinsneugründung Hallenzeiten und Platten zur Verfügung gestellt“, sagt Bunger.
Unmittelbar vor Beginn der ATSV-Mitgliederversammlung hatten die Gegner der Verschmelzung noch mal für ihre Sache mobilisiert. Helge Uhing, Leiter der Tischtennisabteilung, verteilte vor der Sporthalle zusammen mit einigen Spielern ein von ihm verfasstes Flugblatt. Dort heißt es zum Beispiel, eine Fusion bedeute für die Tischtennisspieler „de facto eine Verdrängung aus dem Verein“. Auch in der Versammlung habe es noch inhaltliche Gespräche gegeben, sagt Helge Uhing. „Es ist nicht zu begründen, warum das passieren muss. Vor allem, warum das jetzt passieren muss“ – das sei der Tenor bei vielen Wortmeldungen gewesen, so Helge Uhing.