Sie geht mal wieder einen anderen Weg, diese BTS Neustadt. Derzeit ist ja gerade viel Bewegung in ihrer Spielklasse: Die allermeisten Bremen-Ligisten haben mindestens ein Dutzend an Zu- und Abgängen, der ein oder andere Verein hat sogar nahezu den gesamten Kader ausgetauscht. Die Mannschaften, in denen sich nur sehr wenig tut, sind eine Ausnahme. Wie eben die BTS Neustadt. Sie verzeichnet in Leyson Cortes (TuRa Harksheide) bislang gerade einen Zugang, während Hassan Sleiman (TV Eiche Horn) den Verein verlassen wird. „Sonst bleiben alle“, sagt Volker Fahlbusch.
Der Trainer verkündet die personelle Konstanz relativ nüchtern, ganz ohne Überraschung oder gar Stolz. In der Neustadt ist es nämlich durchaus üblich, dass sich im Sommer nicht allzu viel tut. Rund die Hälfte des Kaders trägt seit dem vergangenen Jahrzehnt das Trikot der BTS, gehört also mindestens fünf Jahre dem Neustädter Kader an. „Wir sind sportlich ambitioniert, aber es stehen andere Werte im Vordergrund“, beschreibt Volker Fahlbusch seine Arbeit. Er hatte sich vor ein paar Jahren mal festgelegt, in Absprache mit seinem Kader: Nie wieder wollte der BTS-Trainer im Sommer hinter Spielern herlaufen, sie von einem Wechsel überzeugen und dann doch – trotz mehr oder weniger ernst gemeinten Zusagen – den Kürzeren ziehen.
Wer das BTS-Trikot trägt, soll dies aus freien Stücken tun und muss selbst die Initiative ergreifen. Geboten wird: kein Geld, dafür aber eine recht klare Haltung. „Menschlich“, geht es in der Neustadt zu, das betont Volker Fahlbusch. Eine Überraschung ist das natürlich nicht. Die meisten Trainer würden wohl von sich behaupten, dass sie einen guten Umgang pflegen, und als „unmenschlich“ würde sich sowieso keiner bezeichnen. Aber es kommt eben immer darauf an, wie solche Behauptungen mit Leben gefüllt werden. Für die BTS stellt Fahlbusch jedenfalls fest: „Wir helfen uns untereinander und sind auch privat füreinander da.“ Der Trainer selbst ist zudem jederzeit erreichbar für seine Spieler und begleitet den ein oder anderen schon mal in eine Behörde. Daneben wird gesammelt, wenn sich ein BTS-Kicker in einer Notlage befindet. „Es ist familiär“, sagt Volker Fahlbusch.
So weit, so gut, ließe sich formulieren. Es herrscht Harmonie, umfassend und nachhaltig. Die BTS steht ja auch seit Jahren für eine vergleichsweise enge Verbindung ihrer Spieler zum Verein. Das lässt sich den langjährigen Kader-Mitgliedern ebenso entnehmen wie den ehemaligen Spielern, die das aktuelle Team noch heute begleiten. Und doch: Rosarot ist der Himmel über der Neustadt nicht. Denn die starke Gemeinschaft hat auch ihre Schattenseiten. Sie lassen sich festmachen am letzten Testspiel. Mit 1:6 (0:3) verlor die BTS am Donnerstag beim TSV Etelsen. Der Gegner verfügt zwar über ein starkes Team, das zuletzt den zehnten Platz in der Landesliga Lüneburg belegte. Aber allein damit lässt sich die deutliche Niederlage des letztjährigen Neunten der Bremen-Liga natürlich nicht erklären. Die Gründe für die Pleite liegen vielmehr in der aktuellen Verfassung der BTS. Denn während der niedersächsische Gegner in der Halbzeit komplett gewechselt hatte und elf neue Kicker ins Spiel brachte, war die BTS mit nur drei Reservespielern angereist. Daneben wirkte der Gastgeber insgesamt fitter, obwohl er wie die Neustädter erst zu Beginn des Monats die Vorbereitung aufgenommen hatte.
„Sie waren uns deutlich voraus“, so Fahlbusch. In Etelsen arbeitet man offenbar seit rund zwei Wochen intensiv und mit allen Spielern an der Vorbereitung auf die kommende Saison. Dagegen hatte Volker Fahlbusch das für den Sonntag angesetzte Testspiel in Pennigbüttel abgesagt. Derzeit stehen einfach zu wenig Spieler zur Verfügung. „Wir betreiben leistungsorientierten Freizeitsport“, sagt der Trainer. Er verbindet mit dieser Feststellung die „Kehrseite“ der harmonischen Stimmung. Die sorgt nämlich offenbar auch für eine gewisse Unverbindlichkeit. Bereits sechs Spieler befanden sich seit dem Start der Testphase im Urlaub, der ein oder andere Besuch eines Musikfestivals stand der Teilnahme an Mannschaftstraining oder Testspiel ebenfalls im Weg. Rechnet man die üblichen Verletzten hinzu, fehlt aktuell ein Großteil der Spieler.
„Es ist ein Hobby, aber kein bezahltes“, sagt Volker Fahlbusch. In gewisser Weise hat er Verständnis für die Fehlzeiten eines Teils seiner Kicker. Er kann auch damit leben, dass nicht alle Spieler die Vorbereitung auf ein Pflichtspiel immer allzu gewissenhaft betreiben. Jedenfalls sieht er sich manchmal an, wann seine Jungs am Wochenende online sind. Manche Apps zeigen das ja an. „Und dann steht da 4.45 Uhr“, sagt Fahlbusch. Der Trainer findet, dass man unter den gegebenen Umständen nichts anderes erwarten kann. Wer kein Geld erhält, sondern noch den Vereinsbeitrag bezahlen muss und in einem lockeren, menschlich geprägten Umfeld zu Hause ist, nimmt es eben nicht immer so genau.
Allerdings gibt sich der Trainer auch ein wenig nachdenklich. Da ist zum einen die „natürliche Grenze“, die den sportlichen Ambitionen seines Teams angesichts der nicht immer leistungsorientierten Haltung einiger Spieler gezogen wird. Und dann sind da noch die Kicker, die ihre Aufgabe im BTS-Kader sehr ernst nehmen und deshalb insgesamt auch mehr investieren. „Ihnen könnte man sich hier und da anpassen“, findet Volker Fahlbusch.
So wirklich homogen ist sein Team hinsichtlich der sehr guten Stimmung und des starken Wir-Gefühls. In Bezug auf den eigenen Beitrag zum Mannschaftserfolg gibt es dagegen ein paar Unterschiede. „Das beschäftigt mich durchgehend“, sagt der Trainer. Aus seiner Sicht hat sich diesbezüglich allerdings schon eine Menge getan: „Früher war es schlimmer, und deshalb muss ich es wohl hinnehmen.“