Es war kurz vor 23 Uhr, als in einer der hinteren Ecken des Multiversums in Schwechat bei Wien frenetischer Jubel ausbrach. Der HSV Zwölfaxing aus Österreich, der als letzter der sechs Finalteams aufs Parkett gegangen war, hatte soeben die Wertung für den Finalauftritt ihrer Choreografie "Momentum" bekommen: glatte 36,00 Punkte. Damit war gleichzeitig klar: Die Lateinformation des Bremer Grün-Gold-Clubs ist zum 14. Mal Weltmeister. Die Mission Titelverteidigung ist dank der 36,48 Punkte, die der GGC zuvor für die Präsentation von "Freedom and Peace" erhalten hatte, geglückt. Entsprechend groß fiel die Freude im Team aus, das sich in den Armen lag und triumphierend im Kreis herumsprang. Es ist das Ergebnis eines (fast) perfekten und bis zuletzt spannenden Wettkampftages.
"Wir sind schon sehr gut ins Turnier gestartet", resümierte Raban Bottke. Bereits die Stellprobe am Mittag lief für die Bremer "überraschend gut", wie der Team-Kapitän berichtete, und auch in der darauffolgenden Vorrunde zeigte der GGC eine souveräne Leistung. "Das hat uns natürlich noch mal zusätzlich Selbstvertrauen gegeben, obwohl wir bereits nach den letzten Trainingseinheiten ein gutes Gefühl hatten." Das war keinesfalls selbstverständlich, hatte die Mannschaft von Chef-Trainer Roberto Albanese in den Woche vor der Weltmeisterschaft doch mit vielen krankheitsbedingten Ausfällen im Training zu kämpfen. Umso erfreulicher war es für Bremer, dass es lediglich in der Zwischenrunde am frühen Abend kleine Wackler gab. "Da haben wir uns ein paar Fehler in den Highlights geleistet, das war unnötig, aber vielleicht gar nicht schlecht, weil es ein Weckruf für uns war", so Bottke.
Dieser Weckruf zeigte Wirkung, denn nachdem am Ende der Zwischenrunde aus den zwölf Teams sechs Finalteilnehmer ermittelt wurden, waren die Titelfavoriten hellwach. Die Bremer, die als Viertes im Finale die Tanzfläche betraten, waren auf den Punkt da und boten eine fehlerfreie Darbietung ihrer Hochgeschwindigkeitschoreografie "Freedom and Peace", die schwierigste des gesamten Wettkampfs. Den starken Auftritt benötigte der GGC auch, denn der Gastgeber HSV Zwölfaxing hatte sich, lautstark angefeuert von den Fans in der Halle, ebenfalls seinen besten Durchgang für die Endrunde aufgehoben. Hatten die Konkurrenten aus Österreich in der Zwischenrunde noch etwas zu hektisch gewirkt, stellten sie im Finale unter Beweis, dass sie ihre Kampfansage in Richtung Grün-Gold in die Tat umsetzen wollten. Auch die Mannschaften aus der Mongolei, Star und Moon Dance, erwischten sehr gute Durchgänge und sorgten gleichzeitig für die wohl ungewöhnlichsten Auftritte.

Die Choregrafie ”Freedom and Peace” verhalf dem Bremer Grün-Gold-Club erneut zum Erfolg.
Insbesondere die Choreografie "Latin Roots" von Moon Dance war in ihren Bildern und Klängen am wenigsten am klassischen Lateintanz orientiert und sollte die Herkunft und Entwicklung der fünf Latein-Tänze Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba, Paso Doble und Jive darstellen. Die Performance erinnerte fast an eine Art Tanz-Theater und wurde von der Jury für ihre Innovation mit 34,46 Punkten goutiert. Damit landeten die mongolischen Tänzerinnen und Tänzer auf Rang drei hinter Zwölfaxing, die es trotz der starken Final-Leistung nicht schafften, die dominierende Bremer Lateinformation hinter sich zu lassen. Spannend blieb es dennoch bis zum Schluss, der Nervenkitzel war den Tänzern in der Kiss-and-Cry-Area anzumerken.
"Das war die absolute Hölle. Man versucht irgendwie, nicht durchzudrehen", beschrieb Bottke die Stimmung kurz vor Bekanntgabe der Wertung. Umso größer war die Erleichterung beim gesamten Team, als feststand: Die besten Lateintänzer der Welt kommen erneut aus Bremen. "Es standen nicht alle Zeichen auf Sieg. Wir haben ein junges Team mit fünf WM-Neulingen, die mental sehr stark sein mussten. Es ist uns aber gelungen, uns auf dem Heimturnier unseres größten Konkurrenten, durchzusetzen, und das ist ein tolles Gefühl", so Bottke.
Blau-Weiß Buchholz auf Rang fünf
Die von Franziska Becker trainierten Tänzer vom Blau-Weiß Buchholz, dem zweiten deutschen Team im Starterfeld, landeten bei ihrer zweiten WM-Teilnahme nach Platz vier im Vorjahr in diesem Jahr mit der neuen Choreografie "On the Floor" mit 33,73 Punkten auf Platz fünf. Das zweite mongolische Team (Star) hatte sich mit ihrer ebenso unkonventionellen und folkloristisch anmutenden Performance "Spirit of Mongolia" vor die Mannschaft aus der Nordheide geschoben.
Bei Grün-Gold wurde am Sonnabend jedenfalls der WM-Titel noch gebührend gefeiert, ehe es am Sonntag zurück in die Hansestadt ging – mit einem Erfolg mehr im Gepäck.
Der Endstand im Finale:
1. Grün-Gold-Club Bremen (Deutschland): 36,48
2. HSV Zwölfaxing (Österreich): 36,00
3. Moon Dance (Mongolei): 34,46
4. Star (Mongolei): 33,88
5. Blau-Weiß Buchholz (Deutschland): 33,73
6. UFTSC Perchtoldsdorf (Österreich): 33,28