Es wird wieder getanzt: An diesem Sonnabend ermitteln die Lateinformationen in Wien den Weltmeister 2024. Zwölf Teams bewerben sich in Vor-, Zwischen- und Endrunde um den Sieg. Mit dabei ist auch der Grün-Gold-Club Bremen, der in allen drei Durchgängen seine beste Leistung auf die Fläche bringen und den Weltmeistertitel verteidigen will. Für die Bremer Formationstänzer wäre das der 14. dieser Art.
An diesem Freitag hat sich das Grün-Gold-Team bereits auf den Weg nach Österreich gemacht: Boarding um 5.30 Uhr, Abflug eine Stunde später. Ähnlich früh müssen die Bremer am Sonnabend im Multiversum in Schwechat, einige Autominuten außerhalb von Wien, bei der Stellprobe sein. Anschließend erwartet den GGC ein langer Turniertag, an dessen Ende die Mannschaft von Chef-Trainer Alberto Albanese bestenfalls als Sieger dasteht. Ein Selbstläufer wird die Mission Titelverteidigung jedoch keinesfalls.
"Wir müssen vieles noch stabilisieren und an den Fehlern, die auf der DM passiert sind, arbeiten, damit wir bei der WM tadellos auftreten können", hatte Roberto Albanese direkt nach dem Sieg bei der deutschen Meisterschaft Anfang November zu Protokoll gegeben und machte dabei direkt einen entscheidenden Vorteil zur Vorjahres-WM aus: "Wir sind ausgearbeiteter als im vergangenen Jahr", so Albanese, der damit die Choreografie "Freedom and Peace" (also Freiheit und Frieden) meinte. War die Choreografie bei der Weltmeisterschaft 2023 in Hongkong noch relativ neu, ist sie inzwischen zum Erfolgsrezept geworden: Mit ihr holte der GGC den DM-Titel 2023, den WM-Titel 2023, den Bundesliga-Sieg 2024 und eben den diesjährigen DM-Titel.
Auch bei der WM in Wien wird der Grün-Gold-Club mit "Freedom and Peace" an den Start gehen, in einer überarbeiteten Version, allerdings mit demselben Grundkonzept und derselben Musik: Getanzt wird zu den Titeln „Stand up“ von Cynthia Erivo, „Freedom! '90“ von George Michael, „Man in the Mirror“ von Michael Jackson, „Think“ von Aretha Franklin und zur Ballade „Baraye“ des iranischen Musikers Shervin Hajipour aus dem Jahr 2022, die zur Hymne der Proteste im Iran wurde.

Das von Designerin Olga Vasilkova kreierte Outfit ist ebenfalls ein klares Statement für Freiheit und Frieden: Auf den Röcken der Damen steht der Schriftzug Freedom im Graffiti-Stil.
In den Titeln der von Albanese entwickelten Choreografie geht es um Toleranz, Mitgefühl, Widerstand, Gleichberechtigung, um Stärke und Entschlossenheit – und genau diese Stärke und Entschlossenheit wollen die Lateintänzer auch am Sonnabend bei der WM zeigen. "Wir müssen mit einem Selbstverständnis und hundertprozentiger Leidenschaft auf die Fläche gehen", gibt Team-Kapitän Raban Bottke die Marschroute für das Wochenende vor.
Aus Bottkes Erzählungen ist deutlich rauszuhören: Die Mannschaft brennt dafür, diese WM zu tanzen – und natürlich auch zu gewinnen. Die Titelverteidigung, "das klare Ziel", sagt Bottke. Dafür sei man nach der deutschen Meisterschaft noch mal in die Analyse gegangen und habe bestimmte Lehren aus dem Turnier gezogen, bei dem der GGC in der Vorrunde überraschend patzte.
"Wir haben nach der DM vor allem an der Gesamtsynchronität, an unserer Kondition und Ausdauer vertieft gearbeitet, um jeden Durchgang besser ansteuern zu können", erklärt Raban Bottke. Hauptaugenmerk lag für die Tänzerinnen und Tänzer allerdings auf der mentalen Komponente: "Wir haben versucht, uns bereits im Training Druck zu machen und die Alles-oder-nichts-Gedanken, die vor einem engen Finale entstehen können, schon in das Training zu holen." Doch das war keine leichte Aufgabe, denn die Vorbereitungen auf die WM liefen nicht so optimal wie erhofft.
Viele Krankheitsfälle erschweren Vorbereitung
"Wir hatten mit extrem vielen Krankheitsfällen zu kämpfen", erzählt Raban Bottke. "Meine Partnerin beispielsweise hatte eine Lungenentzündung." Dadurch waren nur wenige Trainingseinheiten möglich, an denen die komplette Mannschaft tanzen konnte. "Das war sowohl für das Team als auch für die Trainer eine Herausforderung." Dementsprechend erwarte Bottke eine schwierige Weltmeisterschaft, "alle müssen sehr konzentriert sein", sagt er. Mittlerweile sind die betroffenen Tänzerinnen und Tänzer wieder fit genug, um in Wien ihr Bestes zu geben – und das Beste wird auch nötig sein, um den Titel erneut nach Bremen zu holen.

Chef-Trainer Roberto Albanese (rechts) betreut gemeinsam mit seiner Frau Uta (links) und Co-Trainer Sven Emmrich das GGC-A-Team.
"Es wird nicht einfach, in Wien zu gewinnen, denn die Österreicher haben eine Heim-WM", sagt Trainer Roberto Albanese. Mit "die Österreicher" meint er die Lateinformation des HSV Zwölfaxing, die sich im Vorjahr in Hongkong den zweiten Platz hinter dem GGC sicherte und sich seit Jahren mit Grün-Gold ein ambitioniertes Duell liefert. "Zwölfaxing ist uns auf jeden Fall eng auf den Fersen. Die haben Bock, die haben Biss und sind richtig heiß darauf, uns zu entthronen. Das merkt man, wenn man das Team auf der Fläche sieht", sagt Raban Bottke.
Auch auf die beiden Teams aus der Mongolei, Star und Moon Dance, werfen die Bremer Titelfavoriten einen Blick. Mit Blau-Weiss Buchholz tritt zudem noch eine zweite deutschen Mannschaft bei der WM an, die nach einem überzeugenden zweiten Rang bei der deutschen Meisterschaft auf einen Platz im Finale hoffen darf. "Am Ende kochen aber alle nur mit Wasser, es bleibt abzuwarten, wie die Teams ihre Leistungen am Turniertag abrufen können", sagt Bottke. "Wir können definitiv wieder die beste Mannschaft werden", gibt er sich selbstbewusst.